Feuer der Götter: Roman (German Edition)
unterlag. Und dann wäre es um ihre Fassung geschehen. Tique mochte ihr beistehen – sie würde um einen Feuerdämon weinen. Immer wieder redete sie sich ein, dass er nichts anderes als das war.
Ein Krachen aus dem Himmel übertönte das Trommeln. Keiner der Männer hob den Blick; alle starrten auf die Kämpfenden. Ihr Jäger besaß eindeutig die Oberhand. Er ließ einen wahren Hagel dieser schrecklichen Geschosse auf Royia niedergehen, und dieser hatte damit zu tun, sie sich von der Haut zu reißen. Die kleinen, wie Almaraspeck glänzenden Kugeln öffneten sich zu vielfüßigen Larven, die mit ekelerregender Geschwindigkeit über ihr Opfer huschten, zielsicher die Körperöffnungen anstrebend. Royia musste sich zwischen die Beine greifen, während er seinen Gegner ebenfalls beschoss. Sein Menschentöter jedoch wirkte behäbiger. Mühelos wich der schlaksige Tihaunaco den Geschossen aus. Seine Bewegungen erinnerten an biegsame Flussgräser im Wind.
»Sie tanzen beide gut«, lachte Pemzic. Seine Finger glitten über Naaves Arm. »Dein Gefährte allerdings, was das Kämpfen betrifft … Nanu, was tut er jetzt?«
Royia schwang den rechten Arm hin und her, während er sich Tihaunaco näherte. Einmal, zweimal zerteilten die messerartigen Oberkiefer seines Insekts die Geschosse des Jägers. Ein Raunen ging durch die Zuschauer; die Trommel geriet kurz aus dem Takt. Mit einem Mal war er dicht vor Tihaunaco, drehte sich, schwang den Arm in einer blitzartigen Bewegung herum. Die Spitzen der Mandibeln hinterließen eine blutige Spur auf dem Bauch des Gegners.
Der machte einen Satz nach hinten, strauchelte über die Unebenheiten des Baumes und fiel auf die Knie. Sofort war Royia über ihm, zielte mit den Mandibeln auf sein Gesicht. Tihaunaco riss den Arm hoch; die Kiefer der Menschentöter verhakten sich ineinander. Mit der Linken tastete er nach einem seiner Messer. Bevor er es ziehen konnte, schlug ihm Royias freie Hand, zur Faust geballt, ins Gesicht. Das Messer fiel ins Wasser.
»Verfluchter Hund!« Tihaunaco spuckte Blut. »Das wirst du bereuen!«
»Mach schon«, knurrte Pemzic in sich hinein. Seine Fingerspitzen bohrten sich in Naaves Schulter. Beinahe war sie ihm dankbar dafür, dass seine ekelhafte Berührung und der Gestank seines Mundes von dem Kampf ablenkten. Wenn auch viel zu kurz.
Die Mandibeln trennten sich. Tihaunacos flinker Menschentöter verschoss eine Kugel auf Royias Schulter. In Lidschlagschnelle entfaltete sie sich zu einer Larve und glitt seinen Hals hinauf. Naave schrie in ihren Knebel. Das glitschige Ding war schon an seinem Ohr, als er es herunterwischte. Die Nächste landete auf seiner anderen Schulter und wählte sein Gesicht als Ziel. Vor der Nase bekam er sie zu fassen. Zugleich spannte er die Muskeln seines gestreckten Arms an. Sein Menschentöter reagierte darauf; die aus dem Maul schießende Kugel erwischte Tihaunaco am Bauch. Konnten diese Larven sich durch einen Bauchnabel bohren? Naave hoffte, es wäre so. Doch der Stammesjäger riss sie sich rechtzeitig von der Haut. Der nächste Schuss traf wieder Royia. Die Larve verfing sich in seinen Haaren; er hatte Mühe, sie herauszufischen, und warf den Kopf wild hin und her. Bitte, Tique, Xipe To, alle Götter, bitte, flehte Naave innerlich. Sie hätte es so viel lieber geschrien, damit die Götter sie auch wirklich hörten. Ihre Handflächen schmerzten, da sie die Fingernägel mit aller Kraft hineinbohrte. Die nächste Kugel landete auf Royias Fußknöchel. Als er in die Knie ging, um danach zu greifen, glitt er auf dem nassen Holz aus. Er fiel auf die Knie und atmete schwer.
Tihaunaco lachte. »War es das schon?« Mit halberhobenem Arm, beinahe lässig, näherte er sich und zielte auf Royias Gesicht.
Nein, nein, nein …
»Kannst du dir vorstellen, wie es ist, wenn die Larve in ein Auge …«
Royia ließ sich seitwärts vom Stamm gleiten, schwang sich an einem Ast an dem Krieger vorbei und sprang hinter ihm wieder hinauf. Verblüfft wirbelte Tihaunaco herum. Die nächste Larve verfehlte Royia. Er machte einen Satz auf Tihaunaco zu und hackte mit seinem Insekt wie mit einem Messer auf ihn ein. Die scharfen Kiefer schlitzten Tihaunacos Arm auf.
Ja!
Naave stöhnte. Sie glaubte, Pemzics Finger müssten ihre Schulterknochen brechen.
Plötzlich war etwas anders. Sie wusste nicht, warum. Es schien, als habe Royia erst seine Schwäche wie eine lästige Schlingpflanze von sich reißen müssen. Er wirbelte auf dem Krüppelmanoq, so dass
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