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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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als hätte es all die Jahre nicht gegeben.
    »Aber so erzähl doch, warum du hier bist. Und warum ich jetzt hier bin!« Naave hob den Kopf. »Wieso hat mich dieser Kerl in einen Sack gesteckt und …«
    »Schsch.« Nanxi lächelte. »Dieses störrische Funkeln in den Augen hattest du als kleines Kind schon. Die Entführung war nötig, denn zum einen hättest du dich auch mit guten Worten nicht herlocken lassen. Oder wärest du Puq gefolgt, hätte er gesagt, dass du zu Tante Nanxi sollst?«
    Das hätte Naave niemals geglaubt. Aber weshalb war Nanxi nicht einfach zu ihr gekommen?
    »Und zum anderen wegen der Tempelwächter.«
    »Was? Die verirren sich doch nicht in den Graben! «
    »Hast du eine Ahnung. Man kann sie neuerdings überall in der Stadt antreffen, auch hier unten. Du hast keinen von ihnen bemerkt?«
    Erstaunt schüttelte Naave den Kopf.
    Nanxi lachte. »Dabei suchen sie dich. Tlepau Aq hat gehört, dass du wieder in der Stadt bist, und will dich in den Tempel holen.«
    »Da gehe ich nie wieder hin«, sagte Naave inbrünstig.
    Tante Nanxi ließ nicht ab, ihr übers Haar zu streichen. »Hat er dir irgendetwas über mich erzählt?«
    »Nur, dass du und Mutter mit mir den Tempel verlassen habt. Und dass ihr einen Schwur geleistet habt, euch allein durchzuschlagen und niemandem zu erzählen, woher ihr kommt.«
    Hart lachte Nanxi auf. »So hat er es gesagt? Dieser Heuchler! Vertrieben hat er uns! Verbannt! Wir hatten ihn auf Knien angefleht, bleiben zu dürfen. Er sollte sich schämen. Erst recht seiner Tochter gegenüber. Ja, es stimmt, dass ich mit Xotli ging. Oder Matui, unter diesem Namen kennst du sie ja nur. Ich war auch eine Priesterin, weißt du? Die der Varuta, der Göttin des ersten Mondes, die für eine leichte Geburt und das gute Gedeihen der Kinder sorgt. Viele Varuta-Priesterinnen dienen im Tempel als Ammen. Ich war voller Milch, da ich kurz vorher die Säuglinge zweier anderer Priesterinnen genährt hatte. Als der Hohe Priester kam und mir erklärte, dass ich mit Xotli, die ich nicht einmal richtig kannte, gehen müsse, brach für mich eine Welt zusammen.«
    Unsere Welten brechen anscheinend ständig zusammen. Wie die Royias. Warum nur, warum?
    »Wir mieteten uns im Handwerkerviertel zwei billige Kammern, über einer Gerberei. Tlepau Aq hatte uns ein wenig Ringgeld zugestanden, und so kamen wir die anfängliche Zeit einigermaßen zurecht. Wir mussten uns ja erst an ein Leben außerhalb des Tempels gewöhnen. Aber das war irgendwann aufgebraucht, und dann standen wir da: zwei Priesterinnen, die keine Ahnung davon hatten, wie man sich seinen Lebensunterhalt verdient.«
    »Ich hätte an eurer Stelle den Schwur gebrochen und Hilfe geholt!«
    »Darüber hatten wir gesprochen. Aber es ernsthaft erwogen – nein. Der Schwur war uns heilig. Außerdem besaßen wir keine Familien, zu denen wir hätten zurückgehen können. Deine Mutter war die Tochter von Priestern, und meine Eltern waren Tagelöhner eines Manoqbauern; die hatten sich längst totgeschuftet. Nein, wir mussten es selbst schaffen, und wir hatten nur eine Möglichkeit. Matui bestand darauf, es allein zu tun. Ich sollte auf dich aufpassen; deshalb sei ich ja schließlich mitgekommen. Und außerdem kannte sie es ja schon vom Tempel.«
    Naave krallte voller Schmerz die Finger in den Stoff von Nanxis Kleid. Sie ahnte, wovon die Rede war.
    »Allerdings war ihr dann doch neu, was auf sie zukam. So ein Hurenhaus hat nichts mit der Erhabenheit der Lustkammern im Tempel gemein. Die Männer, die kommen, schon gar nicht. Im Tempel werden sie nämlich vorher gebadet und angewiesen, sich anständig zu verhalten … Ach, ich will gar nicht viel darüber erzählen.«
    Naave wusste auch so mehr, als ihr lieb war. Schließlich hatte sie oft als Kind in die Kammer der Mutter gespäht, aus Angst, weil die Geräusche so bedrohlich geklungen hatten.
    »Nach einem halben Jahr mussten wir die Gerberei verlassen und gingen in den Graben. Oben, am Rande, wo er nicht ganz so scheußlich ist, fanden wir ein Quartier. Ja, genau die Hütte, in der du aufgewachsen bist. Matui suchte im Fliegenden Axot nach Männern, und der Wirt gab mir Arbeit in der Küche. Ich schrubbte die verkrusteten Pfannen, putzte Fische und passte auf, dass du nicht zwischen den Tischen herumkrabbelst – Tzozic hat das nämlich gehasst. Es ging uns verhältnismäßig gut, eben so, wie es einem unter solchen Umständen gehen kann. Deine Mutter sprach oft davon, dass alles anders werden würde,

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