Feuer der Leidenschaft
Gesellschaft einzuschleichen?«
»Offenbar wissen unser guter Herzog und die teure Herzogin gar nichts von ihrer Vergangenheit«, erwiderte Beatrice und rümpfte dabei die Nase, als würde sie einen verdorbenen Fisch riechen. »Es ist unsere Pflicht, ihn sogleich davon zu unterrichten.«
Damit kehrten ihr die beiden den Rücken zu - eine auffällige Geste der Verachtung, die man als »cut direct«
bezeichnete -, während Rebecca, am ganzen Körper zitternd, dastand. Obwohl sie wußte, daß sie nun den Ballsaal so rasch wie möglich verlassen sollte, war sie unfä-
hig, sich von der Stelle zu rühren. Dieser Affront wirkte sich nun besonders schlimm auf sie aus, weil sie inzwischen geglaubt hatte, auf solche Bosheiten nicht mehr gefaßt sein zu müssen.
Da hörte sie eine tiefe Stimme sagen: »Da seid Ihr ja, Miss Seaton! Ich habe hier jemand, der Euch gern kennenlernen möchte.«
Es war der Herzog von Candover selbst, der sie ange-sprochen hatte und sich nun an Charlotte und Beatrice vorbeischob, als wären sie Luft für ihn. Dann nahm er Rebeccas Hand und schob sie unter seinen Ellenbogen.
»Margot und ich haben uns sehr darüber gefreut, daß Ihr Euch endlich dazu bereitgefunden habt, einen von unseren Bällen zu besuchen. Ich hoffe doch, daß es Euch hier bei uns gefällt!«
Rebecca nickte, da auch ihre Stimmbänder gelähmt zu sein schienen. Ihre ehemaligen Schulkameradinnen blickten den Herzog mit vor Schock geweiteten Augen an, während Candover nun auf eine offensichtlich be-rechnete kühle Weise den beiden den Kopf zudrehte und sie von oben bis unten musterte. Und obwohl Rebecca das Gesicht ihres Gastgebers in diesem Augenblick nicht sehen konnte, mußte etwas darin zu lesen sein, das die beiden Schwestern erbleichen ließ. Dann führte er Rebecca von den beiden fort, während Rebecca sich dankbar für diese Stütze an seinen Arm klammerte.
Als sie außer Hörweite ihrer beiden Plagegeister waren, fragte Rebecca mit einer etwas unsicheren Stimme: »Was habt Ihr denn da soeben gemacht, Euer Gnaden - sie zu Stein verwandelt?«
Er lachte leise. »Meine Frau nennt das meinen Medusa-Blick. Es ist ein bescheidenes, aber recht wirkungsvolles Talent.«
»Ich bin Euch sehr dankbar, daß Ihr mich gerettet habt.
Aber warum macht Ihr das für eine Frau, die Ihr eben erst kennengelernt habt?«
Er betrachtete sie nun mit nachdenklichen grauen Augen.
»Zunächst aus dem allgemeinen Grund, daß ich Intoleranz nicht leiden kann. Vielleicht deswegen, weil sie bisher zu meinen schlimmsten Fehlern gehörte. Und dann aus dem besonderen Grund, weil Kimball möchte, daß man Euch in der Gesellschaft akzeptiert. Da er das Leben meines Freundes Michael gerettet hat, werde ich mich stets bemühen, ihm jeden seiner Wünsche zu erfüllen.«
»Das wußte ich nicht«, sagte sie überrascht. »Ist das auch der Grund, weshalb Ihr Euch auch so viel Zeit dafür genommen habt, Kenneth und mich zu begrüßen?«
»Zunächst ja.« Er lächelte und betrachtete sie nun mit dem Blick eines Mannes, der ihrer Erscheinung Anerkennung zollte. »Aber das war ja nun wirklich keine Bürde für mich, solltet Ihr wissen.«
Als sie wieder die Ecke des Ballsaals erreichten, wo ihre neuen Freunde versammelt waren, sagte Cando-ver: »Ich hoffe doch, daß dieser Affront Euch nicht den Abend verdorben hat.«
»Er macht mir klar, wie glücklich ich mich schätzen darf, Eurer Einladung Folge geleistet zu haben«, erwiderte sie lächelnd. »Und noch einmal vielen Dank, Euer Gnaden.«
Kenneth hatte sich soeben mit einer Gruppe von anderen Männern unterhalten, von der er sich nun trennte, um sich zu ihr zu gesellen. »Ihr seht ein bißchen blaß aus um die Nase.«
Er schob ihre Hand unter seinen Arm und führte sie dann in eine Wandelhalle am Rande des Ballsaals. »Ist etwas passiert?«
Sie beschrieb ihm-nun mit kurzen, raschen Worten das Zusammentreffen mit ihren Verwandten und diesen peinlichen Zwischenfall mit ihren ehemaligen Schulkameradinnen. »Wie gut, daß Candover sich in diesem Moment in Eurer Nähe befunden hat«, sagte Kenneth. »Da er Euch auf eine für alle Gäste überzeugende Weise unter seine Fittiche genommen hat, sollte es in dieser Hinsicht keine Probleme mehr für Euch geben.«
Sie benützte nun ihre freie Hand dazu, um sich mit Hilfe ihres Fächers das erhitzte Gesicht zu kühlen.
»Der Herzog erzählte mir, daß Ihr Michael das Leben gerettet habt.«
»Vielleicht habe ich das.« Seine Miene verdüsterte sich ein wenig.
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