Feuer der Leidenschaft
»Aber Michael hat meinen Verstand gerettet, was eine weitaus schwierigere Aufgabe war.«
Sie machte sich im Geist eine Notiz, ihn zu einem späteren Zeitpunkt danach zu fragen, was er damit meinte.
»Ich hätte Euch eigentlich schon viel früher danach fragen sollen«, fuhr Kenneth fort. »Besteht vielleicht die Möglichkeit, hier diesem verabscheuungswürdigen Poeten zu begegnen, der damals Euren Ruf ruiniert hat?«
»Keinesfalls. Ein Jahr oder so nach unserer unglückseligen Affäre brannte er mit einer verheirateten Frau nach Italien durch. Dort ist er dann auf eine überaus poetische Weise an einem Fieber gestorben«, sagte sie trocken.
»Was wieder einmal beweist, daß es eine poetische Gerechtigkeit auf der Welt gibt.«
Sie lächelte. Sie hatte keine Träne Fredericks wegen vergossen, dessen Eigenliebe sein Talent bei weitem überstiegen hatte.
Sich ein wenig müde fühlend, fragte sie nun: »Wie lange werden wir hier auf dem Ball bleiben?«
»Michael hat angeordnet, daß die Kutsche nach dem Souper zur Abfahrt bereitstehen soll. Catherine muß zu ihrem Baby zurück, und ich könnte mir vorstellen, daß dann auch für Euch der Zeitpunkt gekommen ist, wo Ihr meint, das Gesellschaftsleben fürs erste mehr als reichlich genossen zu haben.«
»Ihr seid ein Genie. Das wäre genau der richtige Moment, den Ball wieder zu verlassen.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, unj sich im Ballsaal umzuschauen. »Habt Ihr Lavinia gesehen? Sie muß längst hier sein, aber bisher habe ich sie noch nicht in der Menge gefunden.«
»Ich habe sie vorhin aus der Ferne in einer Ecke des Saals eine Reihe von Kabinettsministern mit ihrem Charme betören sehen.« Er blickte Rebecca schelmisch an. »Euer Problem ist, daß Ihr eine Elle zu kurz geraten seid.«
Er suchte nun die Menge immer wieder mit den Augen ab, als sie langsam am Rand des Saals durch die Wandelhalle promenierten. Rebecca hängte sich wieder in seinem Arm ein und überließ es ihm, Ausschau nach Lavinia zu halten, während sie sich im Geist damit beschäftigte, eine Pastellskizze von ihrer Umgebung anzufertigen. Dann wurden sie von einem Strudel von Leuten erfaßt, der sie in die unmittelbare Nachbarschaft einer Frau brachte, deren blonde Schönheit und üppiger Schmuck Kenneth vertraut vorkamen.
Die Frau blieb stehen, während sich langsam ein boshaftes Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete. »Kenneth, Darling.
Wie schön, dich nach so vielen Jahren wiederzusehen.«
Sein Kopf ruckte herum, und dann starrte er sie an, während ihm das Blut aus den Wangen wich. »Ich kann nicht behaupten, daß dieses Wiedersehen ein unerwartetes Vergnügen für mich wäre«, sagte er mit einer Stimme, die so brüchig war wie Glas, »also werde ich mich damit begnügen, zu sagen, daß es unerwartet ist.«
Ihre Augen wurden schmal. »Du bist schlagfertiger geworden, Darling. Das steht dir.« Sie legte eine Hand auf ihr prächtiges Diamanthalsband. »Fast so gut, wie mir das da steht.«
Mit einem jähen, tiefen Gefühl des Unbehagens wurde sich Rebecca bewußt, daß diese Frau Hermione sein mußte —
Lady Kimball.
Kapitel 17
lN achdem sie ihren ersten Schock überwunden hatte, begann Rebecca Kenneths Stiefmutter mit einem leidenschaftslosen, fast klinischen Interesse zu studieren.
Wenngleich die meisten Menschen diese Frau als eine Schönheit bezeichnet hätten, entdeckte sie doch eine unmißverständliche Härte in ihren Zügen, die diesem Urteil abträglich war.
»Ich hatte nicht erwartet, Euch heute abend hier an-zutreffen«, sagte Kenneth kühl, während sich seine Hand beschützend um Rebeccas Arm spannte. »Wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, ist es immer noch Sitte, das Andenken eines toten Ehepartners mit einem Trauer] ahr zu ehren.«
»Wie du siehst, trage ich Schwarz, Darling, und auch keine bunten Steine, sondern nur Diamanten«, erwiderte Hermione, während sie mit der Hand über den tiefen Ausschnitt ihres hautengen Kleides hinfuhr und diese funkelnde Pracht kostbarer Steine, der den Blick eines jeden Mannes auf die reizvollen Kurven ihres Körpers lenken mußte. »Und ich tanze natürlich auch nicht. Doch ich weiß, daß dein Vater es nicht gewünscht hätte, wenn ich ein ganzes Jahr in totaler Isolation verbracht hätte. Er war der großzügigste und nachsichtigste Ehemann, den man sich nur wünschen konnte.«
Kenneth musterte verächtlich ihren Aufzug. »Mag sein, doch sein Traditionsbewußtsein war mindestens so groß wie seine
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