Feuer der Leidenschaft
auf der Sofalehne bewundernd, sacht mit der Hand über dessen Seidenflor hin. »Aber ich hätte mir an Eurer Stelle wirklich einen geschützteren Ort dafür ausgesucht, Kenneth zu vernaschen.«
Mit hochrotem Gesicht deckte Rebecca nun das Gemälde mit einem Tuch zu, hob Gray Ghost von einem Stuhl herunter, um selbst darauf Platz zu nehmen, hob den Kater dann wieder auf ihren Schoß und begann ihm das Fell zu kraulen. »Da es nicht meine Absicht gewesen ist, Kenneth zu >vernaschen<, wie Ihr das nennt, konnte ich mir auch keinen dafür geeigneten Platz suchen. Was da passiert ist, geschah einfach. Auch habe ich Kenneth gar nicht vernascht.«
»Tatsächlich nicht?« erwiderte Lavinia skeptisch. »Was ich da gesehen habe, war aber kein höflicher kleiner Schmatz. Das war eine leidenschaftliche, jeden Augenblick zum sich gegenseitig die Kleider vom Leib zu reißen bereite Umarmung, Kindchen. Und ich spreche hier zu Euch als jemand, der in solchen Dingen Erfahrung hat.«
»Lavinia!« Rebecca neigte den Kopf und konzentrierte sich jetzt darauf, den Kater zu streicheln. »Ihr habt mich in eine arge Verlegenheit gebracht.«
Mitleidig fuhr Lavinia nun im etwas milderen Ton fort:
»Ihr könnt das Verlöbnis später natürlich wieder auflösen, aber ich würde mir das an Eurer Stelle erst gründlich überlegen. Wenn Ihr mich fragt, hättet Ihr eine weitaus schlimmere Wahl treffen können. Kenneth ist nicht nur ein wahnsinnig attraktiver Mann, sondern obendrein auch noch ein Vicomte, der eine Schwäche für Euch hat. Und ich muß Euch auch ein Kompliment machen. Nur wenige Frauen würden an einem einzigen Abend so viel erreicht haben wie Ihr.« Sie ließ ein gurgelndes Lachen hören.
»Wenn Ihr Kenneth heiraten würdet, wäre Hermione nur noch eine gräfliche Witwe. Das würde sie arg fuchsen.«
Rebecca blickte von ihrer Katze hoch. »Ihr kennt Lady Kimball?«
»Ja. Ich weiß, was für ein Biest sie sein kann. Ich habe auch bemerkt, wie ihr beiden fluchtartig den Ballsaal verlassen habt, nachdem sie ein paar Worte mit Ken-neth gewechselt hatte. Sie muß sich mal wieder schrecklich aufgeführt haben.«
»Schlimmer als schrecklich. Boshaft.« Und mit dem Gedanken, daß Kenneth das vielleicht gerne wissen wollte, fuhr Rebecca fort: »Wie ist sie denn als Ehefrau gewesen? Hat sie Lord Kimball unglücklich gemacht?«
Lavinia dachte kurz nach. »Ich glaube nicht. Hermio-ne hatte schon immer ein feines Gespür dafür, welche Seite ihres Brotes mit Butter beschmiert ist. Ich meine, sie wußte, daß sie ihren Ehemann bei Laune halten und sehr diskret vorgehen mußte, wenn sie ihn mit ihren Liebhabern betrog.« Lavinia legte den Kopf ein wenig auf die Seite. »Wie hat Euer Vater die Nachricht von Eurer Verlobung aufgenommen?«
»Nicht sonderlich gut«, gab Rebecca zu. »Er tobte und sagte, daß Kenneth mich heiraten müsse.«
»Wenn das so ist, möchte ich mich nicht weiter zu diesem Thema äußern.« Lavinia erhob sich graziös vom Sofa.
»Denn nichts kann einen Menschen nämlich mehr davon abhalten, das zu tun, was am besten für ihn wäre, als ihm zu befehlen, es zu tun«, sagte sie und verließ mit einem Lächeln und einem Flattern ihrer Finger das Studio.
Rebecca kehrte nun wieder an ihre Staffelei zurück, hatte jedoch Mühe, sich auf das Gemälde zu konzentrieren. Sie kaute statt dessen an dem Stiel ihres Pinsels und fragte sich, wie groß wohl die Schwäche sein mochte, die Kenneth angeblich für sie hatte.
Als Kenneth dann nachmittags zu der gewohnten Stunde in ihrem Studio erschien, um ihr Modell zu sitzen, hatte sie ihre aufrührerischen Gedanken wieder unter Kontrolle.
Auch war es hilfreich, daß er ihr gemeinsames Dilemma mit keinem Wort erwähnte. Er hob einfach Gray Ghost vom Boden hoch, nahm seine übliche Position mit dem Kater neben sich auf dem Sofa ein und fragte: »Wie kommt Ihr mit dem Bild voran?«
»Recht gut«, erwiderte sie. »Alle Figuren, Gegenstände, Lichter und Schatten sind in ihren Grundfarben ausgeführt. Ich kann jetzt daran gehen, die Details her-auszuarbeiten. In einer oder spätestens zwei Wochen werdet Ihr wieder ein freier Mann sein.«
Sie würde die Sitzungen vermissen, aber dann blieben ja immer noch die Stunden, in denen sie ihn im Malen unterrichten würde. Sie nahm die Palette in die linke Hand. »Setzt jetzt bitte Eure Piratenmiene auf!«
»Ich werde mich nie an so etwas gewöhnen können«, sagte er seufzend. Dann schloß er die Augen, öffnete sie wieder und blickte sie
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