Feuer der Leidenschaft
waren fast so kritisch und schwierig zu malen wie Gesichter. Die kräftigen, sein Handgelenk beherrschenden Knochen, gelangen ihr recht gut, und sie fing nun an, die Hand selbst zu malen.
Der Mittelfinger streichelte den Kopf der Katze, sacht und auf eine sinnlich erregende Weise. Sogleich mußte sie wieder daran denken, wie diese kräftige Hand sie selbst liebkost hatte. Rief ihr deren Wärme ins Gedächtnis zurück, das Gefühl seiner Handfläche, als sie sich über ihre Brust legte …
Hölle und Verdammnis, das war absurd! Aber sie vermochte nicht ihr Bewußtstein von ihm als Mann von ihrer professionellen Betrachtungsweise zu trennen.
Ihr Gesicht mußte ihr Dilemma verraten haben, weil Kenneth fragte: »Gibt es noch mehr Probleme?«
In der Hoffnung, daß sie jetzt nicht errötete, überlegte Rebecca rasch und sagte: »Bitte, bewegt Eure linke Hand auf der Lehne ungefähr einen Zoll weit nach unten! Ja, so ist es gut.«
Sich ihre spröden Lippen mit der Zunge anfeuchtend, begann sie nun an der anderen Hand zu arbeiten, die zu dem auf der Sofalehne ausgestreckten Arm gehörte. Die Hand, die sich um ihre Taille gelegt und sie so fest an ihn herangezogen hatte, daß bei dieser Bewegung ein flüssiges Feuer durch die intimsten und verborgensten Teile ihres Körpers zu rinnen …
Mit einem Fluch warf sie die Palette nun auf ihren Arbeitstisch. »Für heute ist es genug«, sagte sie rauh.
»Lassen Sie uns eine Teepause machen und dann mit Eurer Malstunde beginnen.«
»Fein. Ich bin sowieso schon steif geworden vom Stillsitzen«, erklärte Kenneth nun mit einer verdächtigen Munterkeit, erhob sich vom Sofa und streckte sich. Wie gebannt beobachte Rebecca nun dieses feine, sie an Raubkatzen erinnernde Spiel seiner Muskeln. Offiziell war sie mit diesem Mann verlobt. Morgen würde in allen Zeitungen eine Anzeige erscheinen, daß sie dazu bereit war, das Bett bis zum Ende ihres Lebens mit ihm zu teilen.
Sie riß ihren Blick wieder von ihm los und nahm einen Lumpen, um ihren Pinsel damit zu reinigen. Wie gut, daß dieses Porträt fast beendet war, dachte sie erbittert. Sonst würde sie ein neues Ausrüstungsstück für ihr Studio benötigen: einen Kübel mit eiskaltem Wasser, um den Künstler abzukühlen.
Kenneth war froh, daß er das Posieren endlich aufgeben konnte. Noch erfreuter war er darüber, daß Rebecca sich so lange am anderen Ende des Studios aufhielt, bis das Wasser gekocht und der Tee aufgebrüht war. Es war schon immer schwierig für ihn gewesen, stundenlang stillsitzen zu müssen und dabei nichts anderes machen zu können, als Rebecca zu bewundern. Heute wäre das für ihn fast ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Denn seine Gedanken waren zwischen der Erinnerung daran, wie reizend sie in ihrem bernsteinfarbenen Seidenkleid ausgesehen hatte, und der weitaus gefährlicheren Vorstellung davon, wie sie wohl ohne dieses ausgesehen haben mochte, hin- und hergependelt.
Nach dem Tee bereitete er sich nur widerwillig auf eine weitere Malstunde vor. Da er so gar keine Fortschritte in der Öltechnik machte, waren ihm diese Stunden inzwischen sogar verhaßt. Er malte in Öl noch immer so stümperhaft wie am ersten Tag, wenn nicht sogar schlechter.
Daran war nicht etwa Rebeccas Unterricht schuld. Ihre Bemerkungen waren ruhig, sachlich und trafen stets ins Schwarze. Sie äußerte sich auch niemals abfällig über seine Bemühungen, so schlimm diese auch ausfallen mochten. Nein, er mußte den Fehler ganz allein bei sich selbst suchen.
Der Blickfang seines Stillebens war der Abdruck vom Kopf einer griechischen Statue. Zeus mit einem Gesicht voller Weisheit und Reife. Er hatte sich dieses Stück ausgesucht, weil es ihn gereizt hatte, die Mimik und zugleich die leicht verwitterte Struktur des Marmors einzufangen. Inzwischen wünschte er das verdammte Ding zur Hölle.
Er mischte zuerst gewissenhaft die Farbtöne an, die er brauchen würde, und begann dann mit verkniffenem Gesicht zu malen.
Während er mit seiner Leinwand kämpfte, saß Rebecca still an ihrem Arbeitstisch und stellte Farbmischungen für ihre Pastellkreiden her. Nachdem sie die Pigmente im Mörser zerstampft, das Bindemittel hinzugefügt und das Ganze mit einem Palettenmesser gut vermischt hatte, stand sie von ihrem Tisch auf und kam zu ihm hinüber, um sich anzusehen, was er bisher gemacht hatte.
»Die Schatten auf der Schüssel sollten stärker betont werden, damit man erkennt, daß es sich um ein reflek-tierendes Material handelt«, sagte sie
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