Feuer der Leidenschaft
Leben geführt. Sie braucht einen guten, ehrlichen und tüchtigen Mann. Einen Mann, der ihre Kunst zu schätzen weiß und ihr Talent respektiert. Solche Männer sind nicht leicht zu finden. Ihr würdet gut zu ihr passen, falls Ihr das für sie empfindet, was ein Ehemann für sie empfinden sollte.«
Angesichts der Wertschätzung, welche dieser Mann ihm entgegenbrachte, den zu vernichten er hierhergekommen war, fühlte sich Kenneth so tief gedemütigt, daß ihm in diesem Moment nichts anderes einfiel, als zu sagen:
»Rebecca würde Eurer Meinung, daß sie einen Ehemann brauchte, nicht zustimmen, Sir. Ich denke, daß sie ihre eigene Wahl treffen wird.«
Sir Anthony betrachtete ihn daraufhin mit schmalen Augen. »Ihr seid nicht unerfahren mit Frauen. Wenn Ihr glaubt, Euch anstrengen zu müssen, könnt Ihr sehr …
überzeugend sein.«
»Überzeugend«, wiederholte Kenneth ungläubig. »Wollt Ihr damit andeuten, daß ich versuchen sollte, Eure Tochter zu einer Heirat zu verführen?«
»Eine recht harte Formulierung, aber im Grunde korrekt«, erwiderte der ältere Mann gelassen. »Ich würde es sehr bedauerlich finden, wenn eine gute Verbindung an Rebeccas Sturköpfigkeit und Eurem Ehrgefühl scheitern sollte.«
Kenneth holte tief Luft. »Sind denn alle Gespräche zwischen Brautvätern und potentiellen Schwiegersöhnen so heikel wie dieses?«
Sir Anthony kicherte. »Das vermag ich nicht zu be-urteilen. Schließlich bin ich ja mit der Braut eines anderen Mannes durchgebrannt. Als ich dann mit Heien aus Gretna Green zurückkam, setzte mich ihr Vater davon in Kenntnis, daß ihr Vermögen für ihre Kinder treuhänderisch verwaltet würde, damit ich es mir nicht unter den Nagel reißen könnte. Ich glaube, es muß für ihn damals eine arge Enttäuschung gewesen sein, als ich ihm erklärte, das würde mich nicht kratzen.« Und dann fuhr er wieder im nüchternen Ton fort: »Ein guter Soldat ist eine Mischung aus Ehrgefühl und Pragmatismus. Ein Mensch ist ohne Ehre nichts. Aber es ist oft besser, aus einem Gefühl für das Praktische heraus zu handeln. Rebecca ist keine siebzehnjährige Jungfrau mehr. Es besteht also keine Veranlassung dazu, Euch so zu verhalten, als ob sie das noch wäre.«
Nach dieser über alle Maßen erstaunlichen Erklärung erhob sich Sir Anthony von seinem Schreibtisch und ging zur Tür. »Ich bin so offen zu Euch, weil ich das Gefühl habe, daß Ihr meine Tochter mögt. Aber falls Ihr ihr wehtun solltet, dann könnt Ihr Euch darauf verlassen, daß ich Euch mit der Reitpeitsche das Fell gerben werde, auch wenn Ihr doppelt so groß und nur halb so alt seid wie ich.«
»Ich verstehe. Aber ich würde Euch empfehlen, nicht in so einem Ton mit Eurer Tochter zu reden«, erwiderte Kenneth trocken. »Sie würde darauf vermutlich mit ihrem Auszug reagieren und uns beide zur Hölle wünschen.«
»Wie ich höre, kennt Ihr sie schon recht gut«, erwiderte Sir Anthony mit einem schwachen Lächeln und verließ das Büro.
Kenneth atmete langsam die angehaltene Luft aus und massierte sich die Schläfen. Zwar litt er nicht an Kopfschmerzen, hatte jedoch das Gefühl, diese jetzt haben zu müssen. Künstler waren tatsächlich ein verrücktes Völkchen. Das war die einzige Erklärung für dieses Gespräch.
Doch im Grunde seines Herzens wußte er, daß er, wenn er nicht unter Vortäuschung falscher Tatsachen in dieses Haus gekommen wäre, Sir Anthonys Vorschlag, dessen Tochter zu verführen, überaus verlockend gefunden hätte.
Kapitel 19
I
m Verlauf des Vormittags kamen alle Augenblicke Boten mit Glückwünschen zu der bevorstehenden Vermählung ins Haus, was Rebecca überaus entnervend fand. Diese verdammte Verlobung begann bereits ein Eigenleben zu entwickeln.
Am Mittag kam dann auch Lavinia auf einen Sprung vorbei und lud sich selbst in Rebeccas Studio ein, die stirnrunzelnd von ihrem Gemälde der stürzenden Frau aufblickte und sagte: »Ich hoffe doch, daß Ihr mit Euch zufrieden seid. Wenn Ihr Euch nicht eingemischt hättet, wäre mein Ruf nun endgültig ruiniert, und wir könnten auf all diesen Blödsinn, ihn wiederzubeleben, verzichten.«
Lavinia lachte und ließ sich mit einem lauten Rascheln ihrer Röcke auf dem Sofa nieder. »Zieht Eure Krallen wieder ein, Darling. Denn Ihr seid gestern abend recht froh darüber gewesen, daß ich Euch noch rechtzeitig gerettet habe. Ich fürchtete schon, daß Ihr jeden Moment in Ohnmacht fallen würdet, als man Euch mit ihm ertappte.« Sie strich, die Perserbrücke
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