Feuer der Leidenschaft
geredet - und sie geküßt hatte.
Er hatte zunächst die Figur und die Gegenstände des Bildes skizziert und sich dann an die farbige Ausgestal-tung der Figur und des Hintergrunds gemacht. Doch die eigentliche Herausforderung kam erst noch. Er wollte sich keine übertriebenen Hoffnungen machen, doch er begann einen vorsichtigen Optimismus zu spüren, was seine Fähigkeit zu einem echten Maler betraf.
An diesem Morgen fiel es ihm schwer, sich auf seine Büroarbeit zu konzentrieren, weil ihm ständig neue Ideen und Vorstellungen von Bildern durch den Kopf schwirrten. Während er am frühen Nachmittag an seinem Schreibtisch gerade mit der Buchführung beschäftigt war, kam Sir Anthonys Freund, Lord Frazier, ins Zimmer hereingeschlendert.
»Guten Tag«, sagte er mit affektierter Stimme, »wie ich heute den Zeitungen entnehmen konnte, sind jetzt wohl Glückwünsche angebracht.« Er hob sein Lorgnon ans Auge und betrachtete Kenneth mit übertriebener Sorgfalt. »Ihr seid also ein Vicomte. Ich bitte um Vergebung, falls ich Euch jemals den Vortritt genommen haben sollte. Ich hatte ja keine Ahnung, daß Ihr einen Titel besitzt, der höher ist als meiner.«
Obwohl diese Bemerkung offensichtlich scherzhaft gemeint war, konnte man doch so etwas wie gekränkte Eitelkeit und Mißgunst aus Fraziers Stimme heraushören.
Kenneth unterdrückte einen Seufzer: Er hatte gewußt, daß die Erwähnung seines Titels solche Reaktionen zur Folge haben mußte. Es war das erstemal, daß Frazier ihn wie einen Ebenbürtigen und nicht wie einen Dienstboten behandelte. Kenneth wäre es lieber gewesen, wenn er in den Augen des älteren Mannes eine Unperson geblieben wäre. »Der Titel gehört mir noch nicht lange«, sagte er friedfertig. »Wie bei einem neuen Paar Stiefel dauert es eine Weile, bis man sich an ihn gewöhnt hat.«
Frazier pochte mit dem Lorgnon an sein linkes Handgelenk. »Aus unserer kleinen Rebecca wird jetzt also eine Lady Kimbai werden. Habt Ihr sie bereits ihrer zukünftigen Schwiegermutter vorgestellt?«
Kenneth zuckte innerlich ein wenig zusammen. »Wir sind Hermione vorgestern abend zufällig auf dem Ball der Candovers begegnet. Ihr kennt meine Stiefmutter?«
»Oh, ja.« Fraziers wissendes Lächeln schien anzudeuten, daß er sie sogar außergewöhnlich gut kannte. »Sie hat einen herrlich boshaften Humor. Aber damit sage ich Euch wohl nichts Neues.«
»Nein«, erwiderte Kenneth trocken. »Jedesmal, wenn ich an Hermione denke, fällt mir ihr wunderbarer boshafter Humor ein.«
Frazier lehnte sich gemütlich an den Türpfosten. »Ihr vertragt Euch wohl nicht so recht mit Eurer Stiefmutter, wie?«
Kenneth zuckte mit den Achseln. »Nach so vielen Jahren in der Armee kenne ich sie eigentlich kaum. Sie sah mir recht gut aus auf dem Ball.«
»Die Witwenschaft bekommt ihr.« Fraziers Augen verengten sich. »Ihr seid gut beraten gewesen, daß Ihr Rebecca für Euch gewonnen habt. Sie ist ein beachtlicher Gewinn für einen Mann, der nicht gerade auf Rosen gebettet ist. Was für ein glücklicher Zufall, daß gerade eine Stelle hier im Haus frei wurde, um die Ihr Euch beworben habt. Oder war das gar kein Zufall? Ihr habt mir nie verraten, wer Euch hierhergeschickt hat.«
Kenneth erwiderte kühl: »Wenn mir noch einmal jemand mit der Andeutung kommen sollte, daß ich Rebecca ihres Geldes wegen heiraten würde, werde ich ihm alle Knochen im Leib brechen.«
Frazier blinzelte, als sei er überrascht darüber, zu entdecken, daß der getigerte Kater, den er am Schwanz gezupft hatte, ein echter Tiger war. »Pardon. Ich wollte Euch nicht beleidigen. Rebecca lebte bisher so still und zurückgezogen, daß ich sie eigentlich gar nicht wirklich kenne, obwohl sie mir schon als Wickelkind vorgestellt wurde. Könnt Ihr mir deshalb vielleicht verraten, wie sie ist?«
Etwas unschlüssig, wie er diese Frage beantworten sollte, sagte Kenneth: »Scheu, aber entschlossen. Intelligent und talentiert.« Weil Frazier möglicherweise gar nicht wußte, daß Rebecca malte, wollte er diesen auch nicht mit der Nase darauf stoßen. »Eine ausgezeichnete Studioassistentin und Kunstkritikerin. Ihre Fertigkeiten und Kommentare scheinen Sir Anthony sehr viel zu bedeuten, glaube ich.«
»Ich hatte gar keine Ahnung, daß sie einen so großen Anteil an seiner Arbeit nimmt«, sagte Frazier nun ehrlich überrascht.
»Wie Ihr ja vorhin bereits sagtet, ist sie ein stiller und zurückgezogen lebender Mensch.« Kenneth lächelte unwillkürlich. »Und so reizend wie
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