Feuer der Leidenschaft
herfallen würde. Doch hinter dieser ihm in diesem Moment ganz offenkundig in das Gesicht geschriebenen Angst entdeckte sie auch das verzweifelte Verlangen eines frisch geschlüpften Malers nach einem Wort der Anerkennung.
Sie mußte erst schlucken, bevor sie etwas sagen konnte.
»Es ist ein … sehr gutes Bild. Es ist Euch auf hervorragende Weise gelungen, verdünnte und unverdünnte Farbschichten miteinander zu kombinieren. Ich nehme an, daß diese Frau Eva darstellt?«
»Lilith«, erwiderte eine Stimme, und seine Stimme war fast nur ein Krächzen. »Die erste Frau, die Gott noch vor Eva erschaffen hat.«
»Ach, ja, natürlich. Ihr habt ja gesagt, daß Lilith rote Haare gehabt hatte. Aber ich sehe in ihr keine Dämonin, sondern die erste unabhängige Frau, die als ebenbürtiger Gegenpol des Mannes erschaffen wurde und nicht als seine Sklavin. Kein Wunder, daß Adam damit nicht einverstanden war.«
Sie blickte wieder das Gemälde an und bemühte sich, ihrer Stimme einen gleichmütigen Ton zu geben. »Als idealisierte, mythische Gestalt macht sich diese Frau recht gut, aber als Porträt würde ich sie nicht gelten lassen. Eure Lilith ist viel schöner als ich.«
»Nein«, erwiderte er mit eindringlicher Stimme. »Sie sieht genauso aus wie Ihr. Schön. Sinnlich. Furchtge- , bietend.«
In seinen Augen loderte die gleiche Leidenschaft, die dieses Bild erschaffen hatte. Sie wußte mit absoluter Gewißheit, daß er sie haben wollte - nicht beiläufig, l sondern aus einem wilden, ihn verzehrenden Verlangen |
heraus.
Sein Verlangen entzündete nun diese unbändige Sehn- ;: sucht in ihr, die sie die ganze Zeit zu unterdrücken versucht hatte. Zum Henker mit der Schicklichkeit. In seinen Augen war sie schön, und die Zeit war gekommen, j sich von diesem Feuerstrom der Leidenschaft mitreißen zu lassen in einen ekstatischen Taumel und ein brennendes Entzücken.
Rebecca warf ihren Schal auf den einzigen Stuhl, den es in diesem Zimmer gab. Ihr Gewand wurde vorne von einer Reihe halbkugelförmiger Elfenbeinknöpfe oben am Leibchen zusammengehalten. Erstaunt über ihren eigenen Wagemut, begann sie nun den ersten Knopf aus 1 seiner Schlaufe zu lösen, während sie sagte: »Ihr werdet doch sicherlich sehen wollen, ob Eure Vorstellungen und die Wirklichkeit auch übereinstimmen.«
Er erstarrte, als sie den nächsten Knopf aus der Schlaufe löste. »Meine Phantasie ist recht gut, Rebecca«, sagte er mit gepreßter Stimme. »Ich brauche Euch nicht als Modell für dieses Bild.«
»Nein?« Sie lächelte und befreite den nächsten Knopf aus der Schlaufe. »Ich glaube, daß da einige Proportionen auf Eurem Bild nicht so ganz stimmen.« Wieder öffnete sie einen Knopf. Sein Blick schien sich nun an ih- -J ren Fingern festzusaugen.
Als sie den letzten Knopf von seiner Schlaufe befreit hatte, teilte sie oben das Kleid und streifte es mit einer provozierenden Langsamkeit von den Armen herunter, ehe es mit einem flüsternden Laut zu Boden sank und sich dort um ihre Füße bauschte. Sie hatte schon immer komplizierte Kleider gehaßt, und so trug sie auch unter diesem nur Strümpfe und einen Unterrock aus einem feinen, transparenten Batist, der auf die darunter verborgenen Dinge auf verlockende Weise hindeutete.
Nachdem sie nun aus dem am Boden sich um ihre Füße ausbreitenden Wollkleid gestiegen war, schleuderte sie die Pantoffeln von sich und löste die Nadeln, mit denen sie ihre Haare aufgesteckt hatte. »Ein guter Künstler arbeitet stets nach der Natur, wann immer das möglich ist, Kenneth.«
Seine Narbe war ein knochenbleicher schräger Strich auf seiner Wange, als er sagte: »Wenn ihr Euch nicht sofort wieder anzieht, werde ich die Reitpeitsche und wir die Reise zum Altar wohl nicht mehr vermeiden können.«
Sie lachte und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, daß sich die Flechten auflösten und in einer reizenden lockigen Flut um ihre Hüften legten. »Wer hat hier denn etwas vom Auspeitschen und Heiraten gesagt? Für Lilith und den Korsaren ist es doch nur das Verlangen, das zählt.« .
»Das sind alles Hirngespinste«, sagte er heiser, während sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. »Es ist falsch, was wir da machen, Rebecca - auf eine Weise, die Ihr nicht versteht.«
»Ihr habt recht, ich verstehe sie nicht.« Sie setzte sich auf den Rand des Stuhls, um die Strumpfbänder zu lösen —
ein Vorgang, bei dem sie ihren Unterrock bis über ihre Knie hinaufschieben mußte. Sie hatte immer geglaubt, daß
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