Feuer der Leidenschaft
als ich.« Sie betrachtete ihn nun mit einem Blick, der seine Knochen zu durchbohren schien. »Vater hatte recht, Ihr würdet einen wunderbaren Sergeanten für sein Gemälde vom Beginn der Schlacht abgeben.«
»Das sollte ich wohl auch. Ich bin schließlich viele Jahre lang Sergeant gewesen.«
»Ein Sergeant? Ihr?« Sie starrte ihn an.
»Ich nahm den Schilling des Königs an und trat mit achtzehn in seine Armee ein«, erklärte er. »Erst später wurde ich dann aus dem Mannschaftsstand zum Offizier befördert.«
»Für herausragende Tapferkeit«, sagte sie leise. »Das ist doch stets der Grund, wenn ein Angehöriger des Mannschaftsstandes ein Offizierspatent bekommt, nicht wahr?«
»Das ist zwar richtig, aber es gehört auch eine tüchtige Portion Glück dazu, um als Unteroffizier das Offizierspatent zu erwerben.« Er lächelte ein bißchen. »Man muß schon vor den Augen eines Offiziers eine besondere Tapferkeit zeigen, der einen dann für das Offizierspatent empfiehlt.«
»Ihr seid ein Mann der Überraschungen, Captain. Eurer Ausdrucksweise nach hätte ich Euch für einen …«, sie stockte verwirrt.
»… einen Gentleman gehalten?« sagte er, ihr zu Hilfe kommend.
Sie schlug die Augen nieder. »Entschuldigung. Offenbar seid Ihr ja ein Gentleman, dem es zu noch größerer Ehre gereicht, daß er sich verdient hat, was anderen kraft ihres Geburtsrechts zusteht.«
Er zuckte mit den Achseln. »Tatsächlich bin ich von respektabler Geburt, hatte mich jedoch mit meinem Vater überwerfen und nicht das Geld dafür, mir ein Offizierspatent kaufen zu können. Und das bedeutete, daß ich nur als einfacher Rekrut in die Armee eintreten konnte.«
»Und was war der Grund dieser Entfremdung?«
Die Frage machte ihn verlegen, und so begann er nun, im Speicher auf- und abzugehen, sich immer in dessen Mitte haltend, damit er nicht mit dem Kopf gegen die schrägen Wände stieß. Eigentlich verlangte sein Auftrag von ihm, Rebecca nach ihrem Verhältnis zu ihren Eltern zu befragen. War es nun so, daß ihre Rollen vertauscht wurden? »Ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter heiratete mein Vater ein siebzehn Jahre altes Mädchen. Wir … wir beide haben uns nicht vertragen.«
»Es wäre wohl für jeden Sohn schwer gewesen, eine Stiefmutter schon so bald nach dem Tod der leiblichen Mutter zu akzeptieren«, sagte Rebecca mit teilnahmsvoller Stimme. »Wenn aber noch dazu ein Mädchen, das nicht älter war als Ihr, an deren Stelle trat, müßt Ihr das sogar für unschicklich gehalten haben.«
Für weitaus schlimmer als unschicklich, überlegte er, und einen Moment lang erhoben Wut und Abscheu wieder ihr häßliches Haupt, als er an diese Zeit zurückdachte. Doch er kämpfte rasch gegen diese unguten Gefühle an, als er sich daran erinnerte, daß auch er an diesem Zerwürfnis nicht ganz unschuldig gewesen war.
»Es war auch nicht besonders hilfreich, daß meine Stiefmutter sich nicht gerade von einer sympathischen Seite zeigte. Aber mein Vater war in sie verliebt. Oder genauer gesagt, geradezu scharf auf sie. Ich konnte nicht länger unter seinem Dach weilen.«
Um ihrem Gespräch eine neue Richtung zu geben, fragte er jetzt: »Glaubt Ihr, daß Euer Vater auch wieder heiraten wird? Und falls ja, was würdet Ihr dabei empfinden?«
Sie sah betroffen aus, als hätte sie über diese Möglichkeit noch gar nicht nachgedacht. »Das würde davon abhängen, wen er heiraten würde«, sagte sie ohne eine Spur von Begeisterung. »Das ist eine Frage, die ich Euch also erst beantworten könnte, wenn sie akut würde.«
»Hofft Lavinia vielleicht, die nächste Lady Seaton zu werden?«
Rebecca bückte sich nun, um einem kleinen Schränk-chen eine Teedose aus Porzellan zu entnehmen. »Das bezweifle ich. Hinter ihrem doch recht burschikosen oder sogar dreisten Benehmen versteckt sich ein recht liebenswerter Charakter. Aber ich glaube, daß sie die Freiheiten ihres Witwenstandes viel zu sehr schätzt, um diesen wieder aufzugeben. Mein Vater wird sich jedoch zweifellos eines Tages wieder verheiraten. Er liebt es, von einer Frau verwöhnt zu werden.« Der Kessel über dem Feuer begann zu summen, und sie nahm ihn nun vom Haken und goß etwas heißes Wasser in die Teekanne, um diese anzuwärmen. »Ein Bild von Lavinia befindet sich hinter Euch an der Wand.«
Er drehte sich um und fand Lavinias Bild rasch unter einem halben Dutzend ungerahmter Gemälde heraus, die dort an der Schmalseite des Raumes gegen die Wand gelehnt standen. Bekleidet in ein ihre
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