Feuer der Nacht
Freitagnacht nichts wissen. Unmög-
lich.
Oder doch? Wie war das möglich? Sie war doch so vorsichtig gewesen. Aber zum ersten Mal regte sich Unsicherheit, die sie an sich und ihren Plänen zweifeln ließ. Dieser verdammte Douglas mit seiner Scheißspendensammlerin, seinem bombensicheren Alibi. Sein Auftritt am Freitagabend war öffentlich gewesen, sodass er ihr kein Alibi verschaffen konnte, falls sie eines benötigen sollte. Sie hatte ihm eines gegeben, als er durchgedreht und total in Panik geraten war; aber wenn sie ihn brauchte, war er in der Lage, sich dafür erkenntlich zu zeigen? Natürlich nicht. Und das lag bloß an seiner Blödheit, an seinem Mangel an Kontrolle. Douglas hatte seine Schwächen – wie jeder Mann. Aber sie hatte keine Ahnung gehabt, dass er so gewalttätig werden konnte, wenn er sich in die Enge getrieben fühlte. Wenn er ihr nur gesagt hätte, was los war, dann hätte sie ihm geholfen. Sie hätten sich gemeinsam einen Plan einfallen lassen können – einen guten Plan. Stattdessen hatte sie spontan reagieren müssen, und das war immer gefährlich.
Taite war seit gestern Nachmittag nicht zu Hause gewesen, und vor Stunden hatte sie ihr Handy abgeschaltet, da sie es satthatte, andauernd das Geklingel zu hören und immer dieselbe Nummer auf dem Display zu sehen. Wenn die Bullen weiterhin ständig anriefen, würden sie sicherlich bald bei ihr vor der Tür stehen, und wenn das passierte, wollte sie lieber nicht da sein. Sie brauchte Zeit, um sich einen unerschütterlichen Zeitablauf außerhalb der Stadt zurechtzulegen, bevor sie irgendwelche offiziellen Anrufer zurückrief. Sie musste sich psychisch aufbauen, um ein absolut hieb- und stichfestes Alibi präsentieren zu können. Ein paar Telefonate, ein paar Gefälligkeiten, mit denen sich jemand revanchieren konnte … Das müsste klappen. Chicago vielleicht. Sie reiste mehrmals pro Jahr in diese Stadt, und ein paar Leute dort standen in ihrer Schuld. Das Blöde war nur, dass sie mit dem Auto gefahren sein musste, denn ihr Name würde in keiner Passagierliste auftauchen, und das bedeutete, dass sie sich einen guten Grund für die Fahrt einfallen lassen musste.
Oder Jaclyn Wilde musste sterben. Ohne sie wäre alles, was man Doug anlastete, schlichtweg hinfällig. Taite hatte sein Auto reinigen lassen, denn er war so dumm gewesen, es vor dem Empfangssaal zu parken; er war auch noch so dumm gewesen, sich sehen zu lassen; und er war so dumm gewesen, ohne nachzudenken zu handeln und alles aufs Spiel zu setzen, was sie sich so hart erarbeitet hatte. Ihr Dasein als seine Geliebte hatte viel besser funktioniert, als sie je angenommen hatte. Sie hatte seine Eier in der Hand, das wussten beide. Der Blödmann hatte sich tatsächlich in sie verliebt, hatte ihr alles gegeben, was sie sich gewünscht hatte, und jetzt lief sie Gefahr, alles wieder zu verlieren. Doch Taite glaubte, sie hätte seine Spuren recht gut verwischt. Wenn Jaclyn ihn nicht identifizierte, würde kein Richter das Risiko eingehen, sich einen künftigen US-Senator zum Feind zu machen, indem er ohne triftigen Grund einen Durchsuchungsbefehl erteilte.
Für Taite war die Lösung sehr simpel. Sie musste Jaclyn eliminieren, die einzige Person, die Doug am Empfangssaal gesehen hatte, als der Mord an Carrie passiert war. Dann würde ihr überaus angenehmes Leben ohne Störungen weitergehen.
Ach, wenn sie doch einfach jemanden für den Job anheuern könnte, um zwischen sich und die Tat eine Schicht des glaubhaften Leugnens zu legen, aber sie hatte nun mal keinen bezahlten Killer in ihrer Kurzwahl gespeichert. Davon abgesehen: Welche Sicherheit hätte sie, einem bezahlten Killer vertrauen zu können? Jeder, der so einen Job machte, war ganz automatisch nicht vertrauenswürdig. Immer wieder hörte man in den Nachrichten von gedungenen Mördern, und stets war es ein Bulle, den irgendein Vollidiot versucht hatte anzuheuern. Sie war wild entschlossen, kein solcher Vollidiot zu sein. Außerdem: Wenn sie diesen Weg wählte, müsste sie sich auch noch des Killers entledigen, sobald der Job getan war, und dann wäre sie wieder am Nullpunkt. Wer eine anständige Arbeit wollte, musste sie selbst tun.
Sie war total wütend auf Doug. Das alles war seine Schuld! Er hatte sich von Carrie so aus der Ruhe bringen lassen, dass einen Moment die Wut mit ihm durchgegangen war. Kebabspieße, heiliger Himmel! Wenn er Carrie hatte loswerden wollen, hätte er dies auf hunderterlei andere Arten tun können, die
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