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Feuer der Rache

Titel: Feuer der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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sahen."
    Frau Reichmann nahm einen tiefen Zug und schnippte die Asche auf eine Untertasse. „Ja, wo fange ich an. Die Mädchen haben sich in der Grundschule kennengelernt. Schon nach wenigen Tagen waren sie dicke Freundinnen, und das hat sich über die Jahre nicht geändert. Es gab kaum einen Tag, an dem die vier nicht zusammenhingen zumindest solange sie noch in eine Klasse gingen. Jeden Tag trafen sie sich reihum bei ihren Familien, um die Hausaufgaben zu machen und anschließend in einem der Parks zusammen zu spielen." Sie schüttelte den Kopf und sah in die Ferne, anscheinend in Erinnerungen vertieft.
    „Nun ja, und selbst heute hängen sie ja noch ständig zusammen -ich meine, die drei, nach Iris' tragischem Tod."
    „Das scheint Ihnen nicht recht zu sein", hakte die Kommissarin nach.
    Die Apothekerin zögerte. „Carmen ist ja ganz in Ordnung sie war immer die schlaueste der vier und hat im Gymnasium nur Einsen geschrieben -aber Maike ist mir unangenehm." Sie schüttelte sich. „Ich weiß ja, dass man nicht so auf Äußerlichkeiten achten soll, aber das fällt mir bei diesem Anblick schwer! Es ist nicht nur, dass sie so dick ist -fett muss man ja eigentlich sagen, ich glaube, sie hat die einhundert Kilogramm schon Vorjahren überschritten -, sie ist auch immer so schlampig und riecht streng, und dann diese kreuz und quer abgeschnittenen Haare... heute blau, gestern karottenrot."
    „Ich habe gehört, sie war ein sehr hübsches Kind."
    Frau Reichmann nickte. „Oh ja. Ich habe selten eines gesehen, das so attraktiv, ja schön war. Aber dann... Ich verstehe das nicht. Als sie in die Pubertät kam, fing sie an zu essen und hörte nicht mehr auf. Man konnte zusehen, wie aus dem Schwan ein hässliches Entlein wurde. Man könnte denken, sie macht sich absichtlich so abstoßend wie möglich. So jedenfalls wird sie nie einen Mann abbekommen!"
    Sabine trank einen Schluck Kaffee. „Hatte sie schon mal einen Freund?"
    „Was glauben Sie denn?", schnaubte die Frau.
    „Vielleicht will sie ja keinen. Könnte es sein, dass sie lesbisch ist?"
    Frau Reichmann schwieg einen Moment und starrte in ihre Tasse. „Ja, der Verdacht kam mir auch schon."
    „Und Aletta?"
    „Was ist mit Aletta?", erwiderte Frau Reichmann in scharfem Ton.
    „Hat sie schon einmal einen Freund gehabt?"
    Die Mutter richtete sich kerzengerade auf. „Was wollen Sie damit andeuten?"
    „Sagen Sie es mir!"
    „Meine Tochter ist nicht lesbisch! So wie Sie habe auch ich mir meine Gedanken gemacht, denn obwohl es nie an Verehrern gemangelt hat, kam doch keiner -sagen wir – bis über die Türschwelle. Aber Aletta hat nur gelacht, als ich sie fragte. Sie sagte, ich solle froh sein, dass sie nicht jeden Tag einen anderen üblen Kerl mit in ihr Zimmer schleppe. Und damit hat sie ja nicht unrecht, oder?"
    Dennoch ist es in diesem Alter nicht normal, dachte die Kommissarin.
    „Was können Sie mir über den Hexenglauben Ihrer Tochter sagen?"
    Die Miene der Mutter zeigte deutlich, dass dies das zweite heikle Thema in der Familie war. Sie winkte ab. „Ach, so ernst würde ich das nicht nehmen. Sie ist christlich erzogen, und ich denke, sie hat die richtigen Werte verinnerlicht. Das andere ist so etwas wie eine Mode. Sie findet es chic, in diesen schwarzen Kleidern herumzulaufen und sich die Lippen schwarz zu schminken. Da müssen Eltern eben tolerant sein." Ihr Lächeln wirkte ein wenig künstlich. „Haben wir nicht auch mit unseren Kleidern gegen die Eltern rebelliert?"
    „Ja, das stimmt, doch ich habe den Eindruck, bei Aletta ist es mehr. Eine eigene Religion, eine Überzeugung. Geht sie nicht zu irgendwelchen Versammlungen, oder wie nennt man das bei den Hexen?"
    Frau Reichmann sah aus, als habe sie auf eine Zitrone gebissen. „Wer hat Ihnen das erzählt? Ja, es gibt ein paar Gleichgesinnte -sie nennen es einen Coven -, und sie feiern alte Feste wie Walpurgis oder die Sonnwenden, mit Lagerfeuer draußen im Wald, aber das darf man nicht so ernst nehmen. Es ist so, wie viele Fasching feiern und sich gern verkleiden. Wollten Sie nicht etwas über Iris hören? Und nun sprechen wir nur über die anderen."
    Die Kommissarin nahm den abrupten Themenwechsel ohne Widerspruch zur Kenntnis. „Gut, dann erzählen Sie von Iris."
    Die Apothekerin zündete sich eine zweite Zigarette an und zog eine Grimasse. „Das Seltsame ist, wenn ich an die vier Mädchen denke, dann sehe ich immer nur Aletta, Carmen und Maike. Iris ist -war -so unscheinbar. Nun gut, ein paar Jahre

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