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Feuer der Rache

Titel: Feuer der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Fähre nach Wittenbergen -mit dem Fahrrad. Ich wollte einen Freund besuchen und dann an der Elbe entlang zurück nach Hamburg radeln. Ich hab mein Rad abgeschlossen und bin ganz nach hinten gegangen. Da stand ein Mädchen und starrte ins Wasser. Ich dachte, sie sei viel jünger. Sie sah so schmal aus und so einsam, da bin ich zu ihr rüber und hab sie angesprochen. Sie ist richtig zusammengezuckt, obwohl ich nichts Blödes zu ihr gesagt habe -ehrlich!"
    Sabine nickte. Sie schob die Vergrößerung des Fotos über den Tisch, das die Vermisstenstelle auch für die Plakate verwendet hatte. „Sind Sie sich ganz sicher, dass Sie auf der Fähre mit dieser Frau gesprochen haben?"
    Martin nickte. „Ja, sie trug sogar die gleichen Ohrringe." Fr räusperte sich und setzte dann seinen Bericht fort.
    „Als ich sie ansprach, fuhr sie herum und sah sich um, so richtig gehetzt, als ob sie jemand verfolgen würde. Außerdem merkte ich, dass sie geweint hatte. Ihre Augen und die Nase waren rot und geschwollen. Ich hab sie gefragt, ob ich ihr helfen kann, aber sie hat nur den Kopf geschüttelt. Da hab ich dann versucht, sie zu beruhigen -zu trösten. Ich weiß nicht mehr genau, was für ein Zeug ich gelabert habe, irgendwas wie: Es wird mit der Zeit alles besser oder so, und da hat sie was Seltsames gesagt. Ich muss überlegen, damit ich das richtig zusammenkriege." Er sah zu der Kommissarin hinüber, wie um sich zu vergewissern, dass sie ihm noch zuhörte, ehe er fortfuhr.
    .„Manches nicht', sagte sie. ,Es gibt Dinge, die werden mit der Zeit immer schlimmer. Ich weiß nicht, ob er es nicht wusste oder ob er mich angelogen hat. Ich habe mich jedenfalls daran gehalten. Zehn Jahre sind eine verdammt lange Zeit!"' Er hob die Hände. „Das war's eigendlich. Ich bin zu meinem Rad zurück und habe sie nicht mehr gesehen. Ist doch seltsam, nicht? Wissen Sie, was sie damit gemeint hat?"
    Die Kommissarin schüttelte den Kopf. „Nein, das kann ich Ihnen auch nicht sagen, aber es kommt mir so vor, als wäre sie in einer sehr depressiven Stimmung gewesen. Könnten Sie sich vorstellen, dass Iris -kurz nachdem Sie mit ihr gesprochen haben -ins Wasser gesprungen ist, um sich zu ertränken?"
    Der Student wich erschrocken in seinem Sessel zurück. „Wollen Sie damit sagen, dass ich...?"
    „Nein! Ich will Ihnen keine Schuld geben. Wenn, dann hat sie sich umgebracht, obwohl und nicht weil Sie mit ihr gesprochen haben! Bitte sagen Sie mir, wie Sie ihre Stimmung einschätzen. Halten Sie es für möglich?"
    Er senkte den Kopf. „Ja, das kann ich mir vorstellen. Der Gedanke kam mir ab und zu, und ich habe mir Vorwürfe gemacht, dass ich so schnell aufgegeben habe, dass ich nicht bei ihr geblieben bin und sie weiter in ein Gespräch verwickelt habe. Vielleicht wäre sie dann noch am Leben."
    Die Kommissarin erhob sich. „Hat Iris Ihnen erzählt, wohin sie fuhr?"
    Martin schüttelte den Kopf. „Ich habe sie nicht danach gefragt. Ich bin in Wittenbergen ausgestiegen, habe eine Stunde mit meinem Freund ein Bier getrunken und geredet und bin dann mit dem Rad zurückgefahren. An sie habe ich nicht mehr gedacht -bis ich auf die Plakate stieß."
     
    Selten hatte Sabine so wenig von einem Kinofilm mitbekommen wie an diesem Abend. Die überlebensgroßen Figuren huschten über die Leinwand, sie liebten und sie stritten sich, aber Sabine nahm nichts davon wahr. Ihre Gedanken waren bei der Toten und ihrer Familie. Warum logen sie? Was wollten sie vertuschen? Irene Jacobsons Überraschung schien echt gewesen zu sein.
    „Ein Kind? Iris soll ein Kind haben? Aber wie kommen Sie auf diese verrückte Idee? Davon müsste ich doch wissen." Maike mimte die Unschuldige, doch die Kommissarin hatte den Blick wohl bemerkt, den sie Carmen zugeworfen hatte.
    „Warum gibt es keinen Abschiedsbrief? Haben Sie ihn verschwinden lassen? Maike, nun reden Sie endlich! Was wird hier gespielt? Ihre Schwester ist tot! Reicht das nicht? Ist es nicht endlich an der Zeit, dass die Wahrheit offen ausgesprochen wird?"
    Maike baute ihren massigen Körper vor ihr auf. „Ja, für Iris ist es vorbei. Ende. Aus. Daran lässt sich nichts mehr ändern. Sie hat ihre Ruhe gefunden. Verschwinden Sie und jagen Sie hier nicht weiter Ihren Hirngespinsten nach. Mag sein, dass Iris so unglücklich war, dass sie von diesem verdammten Schiff gesprungen ist, aber auch das lässt sich nicht mehr rückgängig machen -ob Sie uns nun weiter auf die Nerven lallen oder nicht! Sehen Sie meine Großmutter an."

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