Feuer der Unschuld
hielt und niemandem etwas sagte?
Könnte sie es schaffen, dass er sich in sie verliebte?
Sie steckte das Handy zurück in die Hosentasche, schloss die Augen und wünschte sich eine Minute lang, noch einmal von vorne anfangen zu können. Sie wünschte sich, ihm mehr Fragen gestellt zu haben. Bemerkt zu haben, dass er niemals von Liebe gesprochen hatte, während sie nie müde geworden war, ihm immer wieder zu sagen, dass sie ihn liebe.
Sie hatte sich nichts dabei gedacht. Devon war ein bisschen reserviert und zurückhaltend. Aber genau das hatte sie ja so anziehend gefunden. Sie hatte geglaubt, diese Eigenschaften würden seinen Sexappeal ausmachen. Sie war überzeugt davon gewesen, dass er sie begehrte und dass seine Taten wichtiger waren als Worte.
Nicht ein einziges Mal war ihr der Gedanke gekommen, dass sich dahinter manipulatives Verhalten und eiskaltes Kalkül verbergen könnten.
Frustriert biss sie die Zähne zusammen.
„Genug“, sagte sie.
Die letzten vierundzwanzig Stunden hatte sie damit verbracht, sich selbst die Schuld zu geben. Dabei war Devon der Übeltäter, nicht sie. Sie hatte nichts Unrechtes getan. Ganz bestimmt würde sie sich nicht dafür entschuldigen müssen, einem Mann, der es nicht verdiente, Liebe und Vertrauen geschenkt zu haben.
Er war der Schuldige. Nicht sie.
Jetzt war es an der Zeit, dass sie aufhörte, an diesen egoistischen Mistkerl zu denken, und sich auf ihre Wünsche konzentrierte.
Ein bitteres Lachen entfuhr ihr. Denn eigentlich wünschte sie sich ja nichts sehnlicher, als von diesem egoistischen Mistkerl geliebt zu werden. Lächerlich.
Nein, sie würde Sylvia, Carly oder Tabitha keine SMS schicken. Und Pippa schon gar nicht. Die würde sie binnen weniger Stunden vor einen Anwalt zerren und Devon in tausend Stücke zerreißen.
Außerdem würden ihre Freundinnen ihr in den Ohren liegen, sie solle sich sofort scheiden lassen. Sie mochte naiv sein, aber das musste sie sich nicht auch noch von anderen Leuten bestätigen lassen. Sie hatte bereits einen Fehler gemacht, und das war ganz bestimmt nicht der Letzte gewesen. Na ja, und wenn es nicht funktionieren sollte, dann konnte sie immer noch sagen, dass die Ehe gescheitert wäre. Sie musste ja nicht jedem Menschen auf die Nase binden, dass die Beziehung von vornherein ein schlechter Witz gewesen war.
So klein waren ihr Ego und ihre Selbstachtung nun auch wieder nicht.
Jetzt, da sie das Gefühl hatte, zumindest ein Quäntchen Kontrolle wiedererlangt zu haben, drehte sie sich um und ging zurück. Sie war zwar hungrig, doch allein beim bloßen Gedanken an Essen wurde ihr übel. Außerdem hatte sie immer noch grauenhafte Kopfschmerzen.
Sie war einige Schritte von der Veranda ihrer Suite entfernt, als sie sah, dass Devon auf sie zukam.
Obwohl sie sich viel Zeit zum Nachdenken genommen und entschieden hatte, wie sie weitermachen würde, war sie noch nicht bereit für ein Gespräch. Wie sollte sie sich nur verhalten, jetzt wo sie wusste, dass er nicht der Mann war, für den sie ihn gehalten hatte? Plötzlich hatte sie das Gefühl, einem vertrauten Fremden zu begegnen, mit dem sie von nun an zusammenleben und nach außen hin ein intaktes Eheleben vortäuschen würde.
„Wo warst du denn?“, rief Devon ihr schon von Weitem zu. „Ich habe mir Sorgen gemacht.“
Noch bevor sie antworten konnte, nahm er sie am Ellbogen und zog sie zu einem Teil des Strandes, der durch kleine Lämpchen hell erleuchtet war.
Als sie den Kopf zur Seite drehte, weil sie von einem Lichtstrahl geblendet worden war, sah er sie besorgt an.
„Du hast immer noch Kopfschmerzen, oder?“
Langsam schüttelte sie den Kopf.
„Verdammt noch mal, Ash. Wieso bist du nicht zu mir gekommen oder hast nicht noch eine Tablette genommen? Du solltest im Bett liegen. Sieh dich doch mal an. Du hast seit vierundzwanzig Stunden nichts gegessen und bist leichenblass.“
Sie schlang sich die Arme um den Oberkörper, als er wieder die Hand nach ihr ausstreckte. Doch seine Berührung war nicht so rau wie seine Stimme. Als er sie an sich heranzog und zur Suite zurückführte, tat er es sehr sanft.
Gegen ihren Willen legte sie ihm den Kopf an die Schulter und schloss die Augen. Als sie die Treppenstufen erreichten, hob er sie zu ihrer Überraschung auf die Arme und trug sie hinauf.
„Leg den Kopf an meine Schulter“, sagte er.
Entspannt tat sie, was er ihr sagte, und genoss die Zärtlichkeit, mit der er sie hielt.
So zu tun, als ob war eigentlich gar nicht so
Weitere Kostenlose Bücher