Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
schwarzes Notizbuch gezückt und schreibt etwas mit Bleistift auf. Vermutlich notiert er alles, was sie sagt.
Oder denkt.
Wenn sie doch nur so gut wie die anderen die Gegenwart von Magie erspüren könnte. Sie wagt es nicht einmal zu versuchen, einen magischen Schutz aufzubauen. Denn was würde passieren, wenn sie aus Versehen den schwarzen Rauch freiließe? Die anderen Auserwählten können ihn nicht sehen, aber Viktor und Alexander vielleicht schon. Am Ende
wissen
sie davon und warten nur darauf, dass es so weit kommt?
»Ich möchte, dass du dir vor Augen führst, dass wir jeden bestrafen, der uns untreu wird«, sagt Alexander. »Aber wir belohnen auch alle, die mit uns zusammenarbeiten. Ist das klar?«
Minoo nickt.
»Antworte Ja oder Nein«, sagt Alexander.
»Ja.«
»Weißt du, wo Nicolaus Elingius sich befindet?«
»Nein«, antwortet Minoo, erleichtert darüber, die Wahrheit sagen zu können.
»Weißt du etwas über seinen Hintergrund?«
»Ich weiß nicht mehr als Sie«, sagt sie und konzentriert sich auf Alexanders Nasenwurzel, hofft, er würde glauben, dass sie ihm direkt in die Augen sieht.
»Habt ihr euch in seiner Wohnung getroffen?«
Minoo bleibt für einen Moment still. Sie muss mit ihrer Antwort vorsichtig sein, sich erinnern, was sie abgesprochen haben. Dass sie, so oft es geht, bei der Wahrheit bleiben, es sei denn, sie sind gezwungen zu lügen.
»Ich war dort und habe nach dem Rechten gesehen. Blumen gegossen und so was.«
Minoos Herz schlägt schneller.
»Also habt ihr euch nicht dort versammelt, um gemeinschaftlich Magie auszuüben?«
»Nein.«
Es schabt, als Viktor etwas notiert.
»Künftig dürft ihr euch nicht mehr in Nicolaus’ Wohnung aufhalten«, sagt Alexander. »Und ich lege Wert darauf, noch einmal zu betonen, dass ihr unter keinen Umständen auf eigene Faust mit Magie experimentieren dürft.«
Minoo versucht, alle Gedanken an die Séance, die sie morgen abhalten wollen, zu blockieren. Das Verhör dauert erst ein paar Minuten und sie ist schon erschöpft.
»Erzähl mir von der Nacht des Blutmonds«, sagt Alexander. »Davon, wie die anderen ihre Kräfte entdeckt haben. Und von Elias’ und Rebeckas Ableben.«
Minoo holt tief Luft. Langsam und sorgfältig versucht sie, Alexander eine Version der Ereignisse zu geben, die so wahr wie möglich ist. Ohne den Hauch einer Andeutung, dass sie gegen Adrianas Anweisungen verstoßen haben oder dass Adriana davon gewusst hat und sie gewähren ließ. Ohne einen Hinweis darauf, dass sie Max enttarnt und unschädlich gemacht haben.
Es wird eine Geschichte voller klaffender Lücken.
Als Minoo fertig ist, schweigt Alexander einen Moment.
»Wann wurde Anna-Karin darüber informiert, dass sie gegen die Gesetze des Rats verstößt?«, fragt er dann.
»Als wir von der Existenz des Rats erfahren haben und Adriana uns darüber aufgeklärt hat, dass wir Hexen sind.«
»Hat Anna-Karin danach ihre Magie weiter auf eine Weise ausgeübt, die gegen die Gesetze des Rats verstößt?«
»Nein.«
»Gemäß meiner Quellen behielt Anna-Karin ihre … herausragende Position in der Schule das ganze Winterhalbjahr hindurch. Auch nachdem Adriana Lopez sie informiert hatte, dass es nicht zulässig ist, seine Umgebung auf diese Weise zu manipulieren.«
Minoos Mund ist so trocken, dass ihre Zunge sich wie mumifiziert anfühlt. Sehnsüchtig schaut sie zu dem Wasser in der Karaffe.
»So läuft es eben«, sagt sie. »Anna-Karin hat ihre Kräfte ja nicht bei allen eingesetzt, aber viele sind trotzdem darauf angesprungen. Als sie gemerkt haben, dass Anna-Karin bei anderen beliebt war, mochten sie sie auch. Vermutlich hat das noch eine Weile nachgewirkt, obwohl sie längst keine Magie mehr angewandt hat.«
»Interessant. Und wie lange hielt es an?«
»Ungefähr bis nach den Weihnachtsferien vielleicht.«
»Und da war ihre Popularität vorbei? Einfach so?«
»Ja.«
»Klingt es nicht einleuchtender, dass der Spuk ein Ende hatte, weil sie in der Schule keine Magie mehr ausübte?«
»Kann schon sein«, sagt Minoo, »aber so war es nicht.«
Minoo merkt, wie ihre Wangen glühen. Außer dem Kratzen von Viktors Stift ist nichts zu hören.
»Ich habe eine Frage«, sagt Minoo und versucht, ruhig und besonnen zu wirken. »Wie wird der Prozess ablaufen? Wir wurden darüber noch nicht informiert.«
»Ihr werdet die Informationen erhalten, die ihr braucht«, sagt Alexander.
Minoo traut sich eigentlich nicht, noch weiter zu fragen. Aber sie muss es tun, wenn sie
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