Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
geraten, und da habt ihr beschlossen, ein paar netten Kerlen, die ihr nicht ausstehen könnt, das Leben schwer zu machen.«
Sie hört Eriks Stimme wie ein Echo in Nickes Kopf.
Die ist total labil. In der Zehnten hat sie Robin und mich in der Schule angegriffen, völlig grundlos. Die ist psychisch krank. Sie versucht, uns fertigzumachen
.
»Das klingt natürlich plausibel«, sagt Linnéa. »Aber wieso sollte ich rumerzählen, jemand hätte mich in den Kanal geschubst? So was lässt sich doch superleicht überprüfen. Was hätte ich damit gewonnen? Und hier hat auch keine Party stattgefunden. Ich bin vollkommen nüchtern, Sie dürfen auch das gerne überprüfen.«
»Das werde ich tun. Das Alkoholmessgerät ist unten im Auto«, sagt Nicke, und Linnéa braucht seine Gedanken nicht zu lesen, um seine steigende Frustration zu bemerken.
»Entschuldigung«, sagt Minoo. »Wird Linnéa irgendetwas vorgeworfen?«
Nicke verzieht genervt das Gesicht.
»Was habt ihr hier überhaupt zu suchen?«
»Ich konnte nicht schlafen«, sagt Anna-Karin, »also bin ich spazieren gegangen. Als ich runter an den Kanal kam, hab ich gehört, wie jemand sagte, Linnéa Wallin wäre ins Wasser gestoßen worden. Da habe ich Vanessa und Minoo angerufen und sie sind auch dorthin gekommen. Wir wollten suchen helfen.«
»Wir haben versucht, Linnéa zu erreichen, aber sie ist nicht ans Handy gegangen«, sagt Minoo.
»Ich hatte es zu Hause vergessen und jetzt ist es verschwunden«, fügt Linnéa hinzu.
Das ist fast die Wahrheit. Ihre Tasche lag zumindest nicht mehr auf der Treppe, als sie nach Hause kam.
»Später hat Linnéa uns von Viktors Handy aus angerufen«, sagt Vanessa. »Die beiden hatten gerade den Einbruch entdeckt.«
»Und wieso habt ihr nicht sofort die Polizei informiert, wenn ihr immer noch unten am Kanal wart?«, fragt Nicke.
Er schaut Vanessa an, und sie begegnet seinem Blick, ohne zu blinzeln.
Ich weiß, dass du lügst,
denkt er.
Und ich werde dafür sorgen, dass es ans Licht kommt.
»Linnéa stand ziemlich unter Schock, das kannst du dir bestimmt vorstellen. Ihre komplette Wohnung ist ja zu Kleinholz verarbeitet worden«, sagt Vanessa. »Wir wollten nur sichergehen, dass sie wirklich okay ist, bevor wir anrufen.«
»Ihr hättet trotzdem umgehend die Polizei kontaktieren sollen, statt uns noch mehr Ressourcen verschwenden zu lassen, um …«
»Das wollten wir gerade tun«, sagt Minoo.
»Obwohl Linnéa nicht gerade tolle Erfahrungen mit der Polizei in dieser Stadt gemacht hat«, sagt Vanessa.
Nicke schaut von einer zur anderen. Er steckt in einer Sackgasse.
Sie haben ihn. Es ist, als hätten sie noch nie etwas anderes getan, als gemeinsam zu lügen.
Linnéa lächelt ihn an, ein vollkommen echtes Lächeln, das sie nicht unterdrücken kann, weil es so herrlich ist, wenigstens dieses eine Mal einen kleinen Sieg davonzutragen.
»Ich möchte einen Einbruch melden«, sagt sie. »Das geht doch, oder?«
54. Kapitel
I
da wacht davon auf, dass ihre Mutter die Tür zu ihrem Zim mer aufreißt.
»Ida!«, ruft sie, schon auf dem Weg aus dem Haus. »Ich fahre jetzt mit den Kleinen los! Beeil dich, sonst kommst du zu spät!«
Ida tastet nach ihrem Handy und schaltet es ein. Es fängt an, ausdauernd zu piepen, aber Ida kann sich nicht überwinden, die Mailbox abzuhören oder auch nur ihre Nachrichten zu öffnen.
Sie wankt aus dem Bett. Im Bad begegnet sie ihrem Blick im Spiegel, sieht ihr verschlafen-verquollenes Gesicht. Angeekelt schaut sie weg.
Weil du du bist
.
Ida duckt sich fast, als ihr Gustafs Worte wieder einfallen. Sie tun noch genauso weh wie gestern.
Nach dem Duschen cremt sie sich ein, schminkt sich und frisiert sich die Haare. Dann geht sie zurück in ihr Zimmer. Sie zieht die Sachen an, die sie sich gestern Abend schon rausgelegt hat, lässt das Frühstück ausfallen und geht.
Der Himmel über Engelsfors ist hoch und klar. Sie hat fast vergessen, dass es das gibt. Aber sie kann den Morgen nicht genießen. Kann nicht aufhören, daran zu denken, was gestern passiert ist. Die Magie, die ihr im Zentrum entgegengeschlagen ist. Eriks Blick. Und G.
Weil du du bist.
Als Ida auf den Schulhof kommt, bemerkt sie sofort die angespannte Stimmung. Eine Stimmung, wie sie immer dann entsteht, wenn alle über dasselbe reden.
Normalerweise wäre sie neugierig. Oder sogar erwartungsvoll. Aber jetzt empfindet sie das glatte Gegenteil.
Julia kommt auf sie zugerannt.
»Shit, Ida«, sagt sie, als sie bei ihr ist.
»Was ist denn
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