Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
sie, worum es geht. Wie soll man sich in Gefahr begeben, ohne dem Menschen, den man liebt, den vielleicht letzten Kuss zu geben? Was könnte wichtiger sein?
Vanessa sieht sie fragend an, und Linnéa wird bewusst, dass Anna-Karin und Ida direkt hinter ihnen stehen. Der Augenblick ist vorbei.
»Bist du so weit?«, flüstert Vanessa.
Linnéa nickt.
Mag sein, dass sie zu feige ist zu zeigen, was sie für Vanessa empfindet.
Aber sie ist definitiv bereit, Positives Engelsfors zu stoppen.
Vanessa wünschte, ihre Kraft wäre stark genug, sie alle mit in die Unsichtbarkeit zu nehmen.
Jetzt geht sie voraus und prüft, ob die Luft rein ist, bevor die anderen nachkommen. Wenn jemand mit Amulett sie entdeckt, dann wissen auch alle anderen augenblicklich, wo sie sich befinden. Dann ist es vorbei.
Tief unten im Innersten der Schule verklingen die letzten Töne des Liedes.
Anna-Karin sagt, Helena und Krister betreten jetzt die Bühne. Sie tragen keine Ketten. Jedenfalls kann der Fuchs keine sehen,
hört sie Linnéas Stimme in ihrem Kopf
.
Wie absurd ist unser Leben, wenn wir das hier für eine normale Konversation halten?
, denkt Vanessa.
Du meinst, abgesehen davon, dass die Unterhaltung in unseren Köpfen stattfindet?
, antwortet Linnéa.
Vanessa muss lächeln. Sie geht zur Haupttreppe, beugt sich über das Geländer und schaut nach unten. Niemand zu sehen.
Ich gehe runter und checke den dritten Stock
, denkt sie.
Okay
, hört sie Linnéa.
Sei vorsichtig.
Versprochen.
Langsam geht Vanessa nach unten. Sie schaut über die Schulter zurück und sieht, wie Linnéa versucht, die Füße so lautlos wie möglich auf die Stufen zu setzen. Hinter Linnéa leuchten Idas blonde Haare in dem schwachen Licht, das durch die Fenster fällt.
Vanessa könnte rufen, steppen, heulen – was auch immer. Aber die anderen sind schutzlos. Und jedes noch so kleine Geräusch hallt durch das ganze Schulhaus.
Sie erreicht den dritten Stock und späht in die langen Korridore, die in scheinbar unendlicher Dunkelheit verschwinden. Niemand da. Zumindest niemand, den sie sehen kann. Sie will gerade nach unten weiter, als Linnéas Gedanke sie zurückhält.
Warte!
Vanessa stoppt mitten in der Bewegung.
Ich höre jemanden
, denkt Linnéa.
Sie sind zu zweit. Vielleicht zu dritt. Sie sind direkt unter uns. Wir müssen die Wendeltreppe am Ende des Flurs nehmen
.
Okay
, denkt Vanessa.
Wartet kurz
.
Sie geht in den Korridor, bewegt sich zwischen Spindreihen voller PE -Aufkleber vorwärts. Ein paar gelbe Papierfähnchen rascheln im Windhauch, als sie vorbeigeht.
Sie erreicht die Wendeltreppe und öffnet die Tür.
Ist alles ruhig?
, fragt Linnéa.
Ja. Ich gehe vor
.
Vorsichtig schließt sie die Tür hinter sich und geht langsam die Treppe hinunter.
Aus dem Erdgeschoss dringt Licht nach oben, aber Vanessa wirft keinen Schatten.
Linnéa öffnet die Tür zur Wendeltreppe. Sie schließt die Augen und schleicht langsam nach unten, dicht gefolgt von Ida und Anna-Karin. Sie versucht, sich im Surren der Gedanken, das die Schule erfüllt, zu orientieren, herauszufinden, ob jemand in ihrer Nähe ist.
Gott sei Dank haben wir Alicja.
Ein Gedanke, der ein kleines Stück über den anderen schwebt.
Jetzt müssen Helena und Krister doch zufrieden mit mir sein!
Linnéa schickt sofort einen Gedanken an Vanessa.
Im Erdgeschoss ist jemand.
Es ist Kerstin Stålnacke,
antwortet Vanessa schnell.
Kommt runter. Sie steht in der Eingangshalle, sie kann euch nicht sehen.
Linnéa schickt die Information an Anna-Karin und Ida weiter und zusammen tasten sie sich so weit wie möglich ins Erdgeschoss vor.
Sie erreichen den Flur, der zur Eingangshalle führt.
Ist sie alleine?,
denkt Linnéa.
Ja
, antwortet Vanessa.
Scheint so, als würde sie Wache halten. Ich habe beobachtet, wie sie Lollo, diese Sportlehrerin, abgelöst hat.
Donnernder Applaus bricht unten in der Turnhalle aus und hallt durch die Flure. Linnéa glaubt, Helenas Lachen zu hören.
»Gleich wird das junge PE -Mitglied des Jahres gewählt«, flüstert Anna-Karin.
»Will die etwa die ganze Nacht da rumstehen?«, sagt Ida leise.
Linnéa schaut zur Eingangshalle. Dort irgendwo ist Kerstin Stålnacke. Sie denkt intensiv an die Musik- und Schauspiellehrerin, schließt die Augen und begibt sich zurück in die Kakophonie der Gedanken. Beinahe sofort bekommt sie Kerstins Gedanken zu fassen. Es ist dasselbe Gefühl, wie an einem Stück Stoff einen losen Faden zu entdecken und daran zu ziehen.
Vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher