Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
Nasenrücken hinunterrutscht. Wirft einen prüfenden Blick auf ihr Handy. Kein Lebenszeichen von Erik. Und der Schülerstrom auf dem Weg aus dem Gebäude wird immer dünner.
»Du musst nicht mit mir warten«, sagt Ida.
»Schon okay«, sagt Felicia und zupft ihren BH -Träger zurecht.
Natürlich ist es okay, denkt Ida. Felicia würde endlos warten, solange nur die leiseste Hoffnung bestünde, für ein paar Sekunden dieselbe Luft zu atmen wie Robin.
»Also, entweder du vergisst Robin«, sagt Ida, »oder du unternimmst endlich was. So wie ich mit Erik.«
Das ist nicht ganz richtig. Es war Erik, der sie auf einer Party bei Hanna H. im letzten Frühjahr geküsst hat, Ida hat es nur geschehen lassen. Genau wie sie es geschehen ließ, dass er am Tag danach in der Schule ihre Hand nahm, wie sie geschehen ließ, dass er eine Woche später allen erzählte, sie wären zusammen. Nur weil sie das Warten nicht mehr ertrug. Nur weil sie hoffte, dass Erik sie davon abhalten würde, an den zu denken, den sie eigentlich wollte.
»Aber ich bin nicht so mutig wie du«, sagt Felicia.
Die Schultür geht auf. Und Ida spürt den vertrauten kleinen Stich, als sie
ihn
in die Sonne treten sieht.
G.
Eine gewaltige Müdigkeit übermannt sie. Warum hört es nie auf? Warum hört ihr Körper nie auf, jedes Mal so zu reagieren, wenn sie Gustaf sieht?
Ein paar Schritte hinter ihm taucht Minoo auf. Die schwarzen Locken hüpfen um ihren Kopf, als sie die Eingangstreppe hinuntergeht.
»Denkst du, es stimmt, was Julia gesagt hat? Dass die beiden unten an der Schleuse rumgeknutscht haben?«, flüstert Felicia.
»Kaum«, faucht Ida. »Warum sollte G mit einer wie Minoo knutschen?«
Wenn sie doch nur so überzeugt davon wäre, wie sie tut.
Ida versucht, Minoos und Gustafs Körpersprache zu deuten. Laufen sie nicht unnötig dicht nebeneinanderher?
Sie hatte schon Angst, es nicht zu überleben, als Gustaf letzten Sommer mit Rebecka zusammenkam. Und jetzt das? Ernsthaft?
Ihr einziger Trost ist, dass sie außer Troja nie jemandem erzählt hat, was sie seit der vierten Klasse für Gustaf empfindet. Nicht Julia und Felicia. Nicht mal ihrer Mutter. Man sollte nie zugeben, dass man etwas will, ehe man nicht hundert Prozent sicher ist, es auch zu bekommen.
»Ich gehe jetzt«, sagt sie.
»Willst du nicht noch einen Moment warten?«
Ida schnaubt zur Antwort und beugt sich vor, um ihre Tasche aufzuheben. Die Sonnenbrille rutscht ihr von der Nase und landet klappernd auf dem Asphalt. Sie würde sie am liebsten zertreten.
»Da kommt Erik«, sagt Felicia.
Die Enttäuschung in ihrer Stimme ist nicht zu überhören. Erik ist also alleine. Ida dreht sich nicht um. Sie greift nach ihrer Brille und setzt sie auf. Tut so, als würde sie in ihrer Tasche etwas suchen. Als Erik zu ihr kommt und versucht, sie auf die Wange zu küssen, dreht sie den Kopf weg.
»Du bist zu spät«, sagt sie.
»Tut mir leid.«
»Sag nicht, es tut dir leid, sondern hör einfach auf, zu spät zu kommen.«
»Kevin hat so eine abgefahrene Sache gemacht, wir …«
»Interessiert mich nicht«, schneidet sie ihm das Wort ab.
Ida dreht sich zu Felicia, deren Blick flackert.
»Wir telefonieren heute Abend«, sagt Ida.
Felicia bleibt eine Sekunde zu lange stehen und zögert.
»Es hat keinen Sinn zu warten, Robin kommt nicht mehr«, sagt Ida.
Felicia ringt sich ein fragendes Lächeln ab, als wollte sie leugnen, dass sie auch nur im Geringsten an Robin gedacht hat. Aber sie wagt es nicht, Ida herauszufordern, sondern gibt sich schließlich mit einem kurzen Lachen und einer schnellen Umarmung geschlagen. Dann rennt sie förmlich über den Schulhof davon.
»Was sollte das denn heißen?«, fragt Erik.
»Was sollte was heißen?«
»Das mit Robin.«
Schließlich schaut Ida ihn doch an.
»Du hast also nicht bemerkt, dass sie vollkommen von Robin besessen ist? Herrje, sie ist so peinlich!«
»Ist sie
verknallt
in ihn?«
»Können wir über was anderes reden? Ich will ein Eis, bevor ich in den Stall gehe.«
»Oh, nee«, stöhnt Erik. »Kannst du diesen Scheißstall nicht ein Mal vergessen? Du bist zu alt, um mit Pferden zu kuscheln.«
Ida hat es aufgegeben, Erik zu erklären, dass es im Stall ganz sicher nicht nur »kuschelig« ist. Es ist oft genug hart, schwierig und anstrengend. Sogar gefährlich. Mindestens so gefährlich wie Eishockey. Und sie liebt es.
»Es ist ja nicht mal dein Pferd«, sagt Erik.
»Nein, aber meine Reitbeteiligung. Ich bin für
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