Feuer fuer den Grossen Drachen
(Einsatzgebiet Kreuzberg. Jagd auf Tuğrul.)
Kochales Denken konzentrierte sich jetzt voll und ganz auf die Mallwitzsche Villa. Daß sich Hock und der Klanführer dort trafen, stand für ihn fest. Also: Observation der Villa. Grunewald, Taubertstraße. Da konnte er schlecht mit der firmeneigenen Taxe hinfahren, mit dem Motorrad genausowenig, und auch als herumstreunender Fußgänger wäre er wohl aufgefallen; also leistete er sich einen Leihwagen.
Am frühen Abend war dann alles arrangiert. Gut getarnt hinter anderen Wagen hatte Kochale freien Blick auf das Mallwitzsche Landhaus: Souterrain, Erdgeschoß, erste Etage und ausgebauter Dachboden mit vielen Erkern, Mansarden und Türmchen, ionische Säulen am Eingang – nicht unähnlich dem ehemals Kochaleschen Besitz und keinen halben Kilometer von diesem entfernt.
Endloses Warten.
Kochale wurde müde, döste vor sich hin, zweifelte zuweilen an seiner eigenen Identität wie an der Realität dieser Szene. Wo war er eigentlich, wer war er eigentlich, warum war er überhaupt hier? Der Ku-Klux-Klan im Berlin der achtziger Jahre – was für ‘n Unsinn! Mallwitz der Grand Dragon – so ‘n Quatsch. Du hast ja ‘ne Meise, du bist ja total ausgeflippt.
Und es war ja auch alles viel zu glatt gegangen, um wahr zu sein. Djangos Todessturz – ausgerechnet er findet die KKK-Kapuze in dessen Packtaschen. Hocks Notizbuch – keiner, der alle Tassen im Schrank hat, schreibt so was auf.
Also eine Falle! Da hatten sie also gemerkt, daß er ein Schnüffler war und wollten ihn zur Strecke bringen.
Das hieß dann aber, daß der Ku-Klux-Klan of Germany real war. Sicher war er das. Die vielen Brände in Kreuzberg, die Kapuzenmänner auf ihren Motorrädern, die aufflammenden Kreuze. Er hatte es doch selber gesehen.
So irrational, daß es nicht wahr sein konnte; aber es gab genügend Beweise, daß es eben doch…
Kochale schreckte auf. Der Schauplatz begann sich zu beleben. Eine ziemlich aufgedonnerte Dame, offenbar Frau Mallwitz, kam vom Hundespaziergang heim, kettete eine kälbergroße Dogge an eine der Säulen und verschwand im Haus.
Verdammt – hab ich gepennt? Die hab ich doch gar nicht weggehen sehen? Aber den Hund hätte er unbedingt sehen müssen, wenn er bei seiner Ankunft dagewesen wäre. Waren wohl ein bißchen länger Gassi, die beiden.
Aber der Köter…
Der Hund war ein Problem. Wie sollte er an das Haus rankommen, wenn das Vieh da hockenblieb?
Da kam Mallwitz nach Hause und fuhr seinen Mercedes in die Garage, einem weißgekalkten Anbau mit direktem Zugang zum Souterrain.
Im Souterrain hinter vergitterten Fenstern ging das Licht an. Offenbar war dies eine Art Büro, und es sprach einiges dafür, daß Mallwitz und Hock morgen abend, 21 Uhr, an dieser Stelle konferieren würden. Wenn… Nun ja.
Kochale, an wissenschaftliches Arbeiten gewöhnt und in vielen Planspielen auf Problemlösung gedrillt, ging alle Möglichkeiten durch, unbemerkt ins Haus zu gelangen und dritter Konferenzteilnehmer zu werden.
a) Methode Kleopatra: einen Schrank oder einen großen Teppich anliefern lassen und sich darin versteckt halten. – Ohne Komplicen und in der Kürze der Zeit nicht mach bar.
b) Sich im Büro irgendwie Mallwitz’ Schlüssel beschaffen und sich einen Nachschlüssel fertigen. – Aber wie dann den Hund ausschalten? Unmöglich.
c) Hock oder Mallwitz einen kleinen Sender in die Tasche bzw. ins Arbeitszimmer schmuggeln und dann in sicherer Entfernung mithören. – Sicherlich der Königsweg, aber wie sollte er so schnell zu einer Wanze kommen?
Kelm vielleicht? Der würde ganz bestimmt nichts davon wissen wollen, und wenn doch, erst Rückendeckung suchen und damit ewig brauchen.
Immer ratloser werdend sah er, wie Mallwitz mehrere Gepäckstücke zum Porsche seiner Frau schleppte. Dann küßchenreicher Abschied: Die gnädige Frau war offenbar dabei, für die nächsten Tage zu verreisen.
Das wär nicht schlecht für ihn, doch seine Chancen waren weiterhin bescheiden.
Er verließ seinen Posten und brachte den Wagen zurück, nicht ohne zuvor an jenem Grundstück vorbeizurollen, das ihnen, den Kochales, seit Bestehen der Villenkolonie hier gehört hatte, fast achtzig Jahre lang. Jetzt war ein Konsulat im Hauptgebäude untergebracht… Schon wieder Ausländer.
Er kam nach Hause. Seine Bude war leer. Wie auch anders? Hanna? Ach, du lieber Gott… Scheißtürke. Dann lag er auf dem Bett, kraftlos, mutlos, ausgebrannt. Wozu denn noch? Ein Griff zur Whiskyflasche.
Und wie
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