Feuer fuer den Grossen Drachen
der Leiter der Wirtschaftsverwaltung, ein großer Schwadroneur mit Namen Dubisch, suchte den Kontakt zu ihm. Nicht allein aus Sympathie, sondern vor allem der Aussicht wegen, über Kochales Firma auch Farben billiger zu kriegen, denn so ‘n Ein-Familien-Haus im Grünen, wenn auch vom Beamtenheimstättenwerk tüchtig gefördert, war nicht gerade billig.
«Na, Signor Michelangelo, mal Appetit auf ‘n Schluck Cola?» Wieder Dubisch, der Unvermeidliche. «Mein Küchenchef hat heute Geburtstag.»
Kochale ging mit und sah in den drei großen Aluminiumkesseln die grünen Bohnen kochen, gerade von einem dazu berechtigten Hilfskoch mit der gesetzlich vorgeschriebenen Menge an Fleisch angereichert. Hammelfleisch, wie Dubisch sagte, aber Kochale hielt es für Corned beef.
«Das ist vielleicht ‘ne Sauerei!» Dubisch tat so, als spuckte er in einen der Kessel. «Viele von unsern Rentnern, die können sich so was nur einmal die Woche leisten, sonntags, und den Kanaken hier, den werfen wir das tagtäglich hinterher… Aber Gesetz ist Gesetz. Alles in der Verpflegungsordnung festgelegt. Durchschnittskaloriensatz muß über 3200 kcal beziehungsweise 12800 KJ betragen. – Als nächstes müssen wir noch ‘ne Maschine anschaffen, damit wir den Kanaken Puderzucker innen Arsch blasen können.»
Während Dubisch weiterschimpfte, entnahm er allen drei Kesseln entsprechende Kostproben und erklärte die grünen Bohnen für vorzüglich. Mußte er auch, denn sie stammten aus der Konservenfabrik eines alten Sportfreundes, der wußte, daß Eigenheime nicht billig sind.
Der Küchenchef nahte mit seinen Cognacgläsern und ließ sich beglückwünschen. Es war, wie Kochale bald bemerkte, ‹Cola mit›, was nichts weiter machte, da die Dienstanweisung über das Verbot von Alkoholgenuß während des Dienstes, DIN-A 4-seitengroß, direkt über dem kleinen Tischchen hing, an dem sie jetzt saßen.
«Das hier hältste doch nur besoffen aus», sagte Dubisch, «hier auf der Müllkippe der Nation. Mörder, Räuber, Totschläger, Sittlichkeitsverbrecher – wir schützen die Gesellschaft vor denen und lassen uns dann von den Herren Linken auch noch beschimpfen, daß wir die nicht so lieb haben wie unsere eigenen Kinder!»
Seine Laune besserte sich erst, als der Küchenchef ihm sagte, daß es für die Bediensteten heute, sozusagen als Geburtstagsessen, Eisbein mit Sauerkraut und/oder Erbsenpüree gebe. Eine, wie sich später herausstellen sollte, für andere höchst verhängnisvolle Idee.
Kochale kehrte auf seine Leiter zurück, seinen Status als Akkordarbeiter vorschützend.
Zwei Stunden noch.
Für eine Art Torbogen war neue Farbe zu mischen. Auch wer in Farbgestaltung keine besondere Übung hat, kann mit Alpinacolor gelungene Farbharmonien erzielen… Für Innenanstriche geben Sie einfach ganze Packungsgrößen Alpinacolor mit ganzen Packungsgrößen Alpinaweiß zusammen … Er entschied sich für Taiga 4.
Die Blicke der Knackis, die an ihm vorüber mußten, waren finster und feindselig. Sicher nicht deswegen, weil sie ahnten oder instinktiv fühlten, was er mit einigen von ihnen vorhatte; sie waren nur wütend darüber, daß ein Externer für viel Geld hier malern durfte, während man ihnen solche Betätigungen verwehrte. Was für sie drin war, das waren bestenfalls schlecht bezahlte Jobs, die noch für Debile zu einfach gewesen wären.
Niyazi, Theos Mörder, sah er nicht, wußte aber, daß er noch im Flügel DII/T untergebracht war; Hock hatte dafür Sorge tragen müssen.
Immer noch anderthalb Stunden. Sechzig Minuten wurden länger als ein halber Tag: jeder Knast war ein Planet, wo Schnecken den Lebensrhythmus bestimmten, trotz aller oberflächlichen Hektik, und dieses gänzlich andere Zeitgefühl, das hier vorherrschte, stand in einem schmerzlichen Kontrast zu seiner fiebrigen Ungeduld.
Um weitere fünf Minuten totzuschlagen, ging er mal pinkeln. Zwar befand sich die Bedienstetentoilette unmittelbar neben seinem Arbeitsplatz, aber er mußte vorher noch zu Dubisch gehen, der den Schlüssel verwaltete.
«Eigentlich müßte ich ja noch – aus Sicherheitsgründen – mit Ihnen mitgehen…» sagte er, ließ es aber.
Kochale stand am Becken und konnte zunächst nicht. Vor ihm eine Kugelschreiberzeichnung. Ein Mann baumelte an einem Galgen, und darunter stand: heb binn resoßialisiert! Kochale, nun doch sein Wasser abschlagend, grinste nur.
Dieses Grinsen verging ihm schlagartig, als er wieder an seiner Leiter vorbeikam. Folgte einer
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