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Feuer (German Edition)

Feuer (German Edition)

Titel: Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele d'Annunzio
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bleichen Lippen trocknete, waren ihre Augen süß und traurig wie zwei Veilchen.«
    Wieder hielt sie inne, angsterfüllt, mit dem Ausdruck eines, der träumt und träumend leidet. Ihr Mund schien vertrocknet. Ihre Schläfen waren schweißbedeckt.
    »So mußten sie sein, bevor sie sich für immer schlossen.« – – –
    Nun riß ihn der lyrische Wirbelsturm völlig mit sich fort. Er atmete nur noch in dem flammenden Äther seiner Poesie. Die musikalische Empfindung, die Erzeugerin des Dramas, offenbarte sich in der Ausgestaltung des Präludiums, das er komponierte. Die Tragödie fand auf diesem klingenden Untergrund ihr vollkommenes Gleichgewicht zwischen den beiden Kräften, die sie beleben sollten, die Macht der Bühne und die Macht des Orchesters. Ein Motiv von seltener Gewalt bezeichnete in dem symphonischen Meer das Erscheinen des antiken Schicksals.
    »Du wirst auf dem neuen Theater den Agamemnon , die Antigone und zum Schluß den Sieg des Menschen zur Aufführung bringen. Meine Tragödie ist ein Kampf: sie feiert die Wiedergeburt des Dramas mit der Vernichtung des ungeheuerlichen Willens, der die Geschlechter des Labdakos und des Atreus stürzte. Sie beginnt mit der Klage eines antiken Opfers und schließt mit dem Schrei des Lichts.«
    Durch die Melodie neuerweckt, lebte für ihn die Moira wieder in sichtbarer Gestalt, wie sie den wilden Augen der Erynnien erscheinen mußte bei dem Grabe des gemordeten Königs.
    »Entsinnst du dich« – sagte er zu der Schauspielerin, um ihr diese gewaltsame Erscheinung nahe zu bringen – »entsinnst du dich des abgeschlagenen Hauptes von Marcus Crassus in der Erzählung des Plutarch? Ich hatte mir eines Tages vorgenommen, ihr eine dramatische Episode zu entnehmen. Unter dem königlichen Zelt feiert der Armenier Artavasdes den König der Parther Hyrodes mit einem großen Gastmahl; und die Heerführer sitzen in der Runde und trinken. Und der Geist des Dionysos kam über die gegen die Macht des Rhythmus nicht unempfänglichen Barbaren; vor den noch nicht aufgehobenen Tafeln singt ein Trallianer, der tragische Schauspieler Jason die Begebenheiten der Agaue in den Bacchantinnen des Euripides, als Sillakus mit dem Kopf des Crassus in den Saal tritt, sich vor dem König niederwirft und dann den blutigen Kopf dort in die Mitte wirft. Darüber erheben die Parther ein lautes Freudengeschrei. Da übergibt Jason die Maske des Pentheus einem Chortänzer, ergreift den Kopf des Crassus und singt voller Begeisterung mit bacchischem Feuer diese Verse:
Da bringen wir vom Berge
Eln frischblutendes Rind ins Haus!
O der herrlichen Beute!
     
    Und der Chor jubelt vor Freude. Und als Agaue sagt, daß sie den jungen Löwen ohne Netz gefangen, und der Chor fragt:
Wer gab den ersten Streich?
     
    antwortet Agaue:
Mein, mein ist diese Ehre.

 
    Da springt Pomaxäthres, der mit bei der Tafel war, auf, reißt dem rasenden Schauspieler den Kopf aus den Händen und ruft, daß ihm mehr zukomme, diese Worte zu sprechen, denn Jason, da er den Römer getötet habe. Fühlst du die wunderbare Schönheit dieser Szene? Das grimme Antlitz des Lebens leuchtet plötzlich neben der Maske aus Metall und Wachs auf. Der Geruch des Menschenblutes erregt die rhythmische Raserei des Chores; die gebietende Gewalt des Todes zerreißt die Schleier der tragischen Dichtung. Dieser unerhörte Ausgang von des Crassus Feldzug erfüllt mich mit Begeisterung. Nun wohl, dieses gewaltsame Erscheinen der antiken Parze in meiner modernen Tragödie gleicht dem unerwarteten Eintreffen des Sillakus bei dem Gastmahl des armenischen Herrschers. Auf der Loggia, von der aus man die cyklopischen Mauern und das Löwentor sieht, hält die Jungfrau, zu Beginn des Dramas, das Tragödienbuch in den Händen und liest die Klage der Antigone. Die Schicksalsgottheit ist eingeschlossen in dieses Buch, Herrscherin über alle Bilder des Schmerzes und des Verbrechens. Aber diese Bilder werden heraufbeschworen durch lebendige Worte, und neben dem weißen Peplon der thebanischen Märtyrerin schimmert rot der hinterlistig von Klytämnestra ausgebreitete Purpur, und die Helden der Orestie scheinen zu neuem Leben zu erwachen, während ein Mann ihre Gräber in Argolis erforscht. Sie scheinen sich wie dunkle Schatten im Hintergrund des Schauplatzes zu bewegen, sich vorzuneigen, um die Zwiegespräche zu belauschen, die Luft mit ihrem Atem zu vergiften. Plötzlich vernimmt man die Freudenschreie, die das große Ereignis ankünden. Hier ist er, der die Gräber

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