Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Titel: Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Calahan
Vom Netzwerk:
verschwinde, komme ich hier nicht mehr lebendig heraus. Ich packe eine Handvoll Elektroden und ziehe. Ein Haarbüschel kommt mit, aber ich registriere keinen Schmerz. Abwesend starre ich auf die unberührten Wurzeln meines blond gefärbten Haars und greife nach mehr.
    In dieser Nacht flitzte ich aus dem Krankenzimmer in den Flur, wo mich eine Gruppe von Krankenschwestern aufhielt und in das Zimmer der hochintensiven Überwachung zurückbrachte, während ich wie wild kämpfte, um mich trat und schrie. Es war mein erster, aber nicht mein letzter Fluchtversuch.

Kapitel 16
Die Wut nach dem Anfall
    D eborah Russo, die diensthabende Neurologin der Epilepsie-Station, besuchte mich am zweiten Tag, um eine weitere Untersuchung durchzuführen. Sie kam während des Frühdienstes in Begleitung von Ärzten, Schwestern und einigen Medizinstudenten. Sie waren »das Team«. Frau Dr. Russo, die von meinem nächtlichen Fluchtversuch wusste, taxierte das Zimmer und bestätigte, dass alle Vorsichtsmaßnahmen für einen Anfall getroffen waren, bevor sie mit der neurologischen Grunduntersuchung begann: »Berühren Sie Ihre Nase, strecken Sie die Zunge heraus« und so weiter. Ich unterbrach sie mittendrin.
    »Sie müssen mich hier rauslassen. Ich gehöre nicht hierher«, vertraute ich ihr mit nervösem Blick an. »Alle sagen Schlechtes über mich.«
    »Wer spricht mit Ihnen?«
    »Die Leute im Fernsehen.«
    Frau Dr. Russo ließ mich ein paar Minuten weiterfaseln, bevor sie mit ihrer Untersuchung fortfuhr. »Können Sie mir etwas darüber erzählen, wie Sie sich fühlten, bevor Sie ins Krankenhaus kamen?«
    »Ich fühlte mich, als würde ich verschwinden.«
    »Können Sie erklären, was Sie damit meinen?«
    »Ich fühlte mich müde. Bis heute war ich müde.«
    Frau Russo notierte: »Zu sprunghaft und durcheinander, um uns ausführlich zu berichten«, und fuhr mit ihrer Untersuchung fort. »Ich werde Ihnen einige einfache Fragen stellen und Sie geben Ihr Bestes, um sie zu beantworten, okay? Wie heißen Sie?«
    »Susannah«, sagte ich, während ich meinen Hals Richtung Fernseher reckte.
    »Welches Jahr haben wir?«
    »Hören Sie das nicht? Sie reden über mich. Schauen Sie, schauen Sie, die reden gerade über mich.«
    »Susannah, würden Sie bitte versuchen, meine Fragen zu beantworten?«, sagte Frau Dr. Russo, während sie einer Schwester bedeutete, den Fernseher abzustellen. »Welches Jahr haben wir?«
    »2009.«
    »Wer ist Präsident?«
    »Obama.«
    »Wo sind Sie?«
    »Ich muss hier raus. Ich muss weg hier. Ich muss gehen.«
    »Verstehe. Aber wo sind Sie gerade?«
    »Im Krankenhaus«, antwortete ich bissig. Frau Dr. Russo fuhr fort, leuchtete mit einer kleinen Diagnostikleuchte in meine Pupillen, um eine Verengung und die Augenbewegung zu überprüfen. Alles normal.
    »Susannah, lächeln Sie mich bitte an.«
    »Schluss. Ich will das nicht mehr«, sagte ich.
    »Es dauert nicht lange.«
    »Ich will sofort raus!«, kreischte ich und stürzte aus dem Bett. Das Team wartete meinen Ausbruch ab, aber sogar nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, lief ich weiter auf und ab, zerrte an meinen EEG-Kabeln und stürzte auf die Tür zu. »Lasst mich hier raus!«, knurrte ich das Team an, während ich versuchte, mir einen Weg aus dem Zimmer zu bahnen. »Lasst mich nach Hause gehen!«
    Frau Dr. Russo führte mich mehrmals zum Bett zurück, wobei sie eine Schwesternhelferin um Unterstützung bat. Sie gab grünes Licht für die Verabreichung einer Dosis des Antipsychotikums Haldol. Als sie später ihre Eindrücke auf der Schwesternstation eintippte, schrieb sie: »Die Patientin scheint manisch und psychotisch zu sein.« Sie nannte zwei mögliche Diagnosen: »Erstes Auftreten einer bipolaren Psychose oder eine postiktale Psychose.« »Iktal« bedeutet »während eines Anfalls«, eine postiktale Psychose ist also ein psychotisches Verhalten nach einer Serie von Anfällen. Diese sogenannte PIP kann zwölf Stunden, aber auch bis zu drei Monate anhalten, durchschnittlich dauert sie zehn Tage. 1838 beschrieb ein französischer Psychiater das Leiden als »postiktale Raserei«. Ein Viertel der psychotischen Patienten auf Epilepsie-Stationen leidet unter PIP.
    Später an diesem Vormittag kam der dritte Arzt, William Siegel, alleine. Er stellte sich zuerst mir, dann meiner Mutter vor, die bereits über seinen herausragenden Ruf informiert war. Einen Tag zuvor hatte sie seinen Namen bei ihrem Allgemeinarzt erwähnt, der daraufhin gesagt hatte: »Sie haben Siegel

Weitere Kostenlose Bücher