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Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Titel: Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Calahan
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Krankheitsschub oder einer gemischten Phase kommt«. Bevor das genauer diagnostiziert wird, muss ein Patient zwei oder mehr der folgenden Faktoren aufweisen: sogenannte Plussymptome wie Wahnvorstellungen, Halluzinationen und planloses Sprechen und Minussymptome wie Mutismus [Stummheit] oder allgemeine Apathie.
EEG-Videoaufzeichnung, 24. März, 23.06 Uhr, 11 Minuten
    »Patient in Zimmer 1279, drücken Sie auf den Knopf. Patient in Zimmer 1279, drücken Sie auf den Knopf«, sagt die aufgezeichnete Stimme. Mein Krankenhauskittel spitzt durch die Bettdecke, die ich bis zum Hals heraufgezogen habe, und ich halte ein Handy ans Ohr, spreche lebhaft in dessen Sprechkapsel. Es ist unklar, ob am anderen Ende jemand ist. Ich greife nach der vom Krankenhaus gestellten Fernbedienung für den Fernseher und spreche hinein. Hier ist es sicher, dass niemand am anderen Ende ist. Ich deute anklagend und wild gestikulierend auf die Kamera und lege meine Hände frustriert auf meinen Kopf.
    »Oh mein Gott«, weine ich und drücke auf den Klingelknopf, um eine Schwester zu rufen.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, sagt eine Schwester über die Gegensprechanlage.
    »Nein, nein, es ist alles okay.«
    »Ma’am? Lady? Miss? Ich komme«, schaltet sich eine andere Schwester ein.
    Nun murmle ich im Selbstgespräch. »Ich weiß nicht, was passiert. Ich werde mein Telefon abstellen.« Ich werfe mein Handy ans Fußende des Bettes. Eine Schwester kommt mit einigen Tabletten, die ich ohne zu zögern schlucke, als würde ich ein Gläschen Tequila zu mir nehmen. »Ich halte das nicht aus. Ich bin in den Nachrichten.«
    Die Schwester antwortet, aber zu sanft, als dass es auf der Videoaufzeichnung zu verstehen wäre.
    Ich fange an zu schreien und mit den Füßen zu treten und greife nach dem Klingelknopf. »Bitte, bitte, bitte. Ich flippe aus, ich flippe aus.«
    »Patient drückt den Knopf in Zimmer 1279. Patient drückt den Knopf in Zimmer 1279.«
    »Bitte schalten Sie den Fernseher wieder ein. BITTE SCHALTEN SIE DEN FERNSEHER WIEDER EIN!«
    Die Schwester, die meinen Ausbruch ignoriert, positioniert die Seitengitter, um zu überprüfen, dass sie fest platziert sind.
    »Sehen Sie das nicht? Ich bin im Fernsehen, ich bin in den Nachrichten«, jaule ich. Ich nehme die Fernbedienung und spreche wieder hinein. Anschließend lege ich den Kopf in die Hände und schaukle vor und zurück. »Bitte, bitte, bitte. Oh mein Gott, oh mein Gott. Bitte holen Sie einen Arzt. Bitte holen Sie einen Arzt. Bitte, bitte, bitte.«
    Die Schwester geht hinaus. Man hört eine Toilettenspülung. Ich starre gerade hinauf zur Decke, als würde ich beten.
    Ende der Videoaufzeichnung.
    »Wir werden nachforschen, was mit der Reporterin Susannah Cahalan passiert ist, die sich derzeit in der Klinik der New York University befindet«, verkündet eine frisch frisierte Moderatorin. Ich bin die Topmeldung der stündlichen Nachrichten.
    »Ich bin in den Nachrichten!«, rufe ich aus. Niemand antwortet.
    »Ihr Vater wurde kürzlich wegen der Ermordung seiner Frau verhaftet«, sagt die Moderatorin, während die Kamera auf meinen Vater schwenkt, der in Handschellen und in einem Blitzlichtgewitter durch ein ganzes Heer von Paparazzi und Reportern geführt wird, die mit gezücktem Bleistift nur darauf warten loszustürzen.
    Ich war so dumm. Ich hätte die Anrufe von Kollegen nicht annehmen sollen. Sie schreiben heimlich auf, was ich sage. Sie wissen, dass ich in der Redaktion geweint habe. Das werden sie in meiner Story erwähnen. »New York Post Reporterin bricht zusammen, nachdem Vater seine Frau umgebracht hat.«
    »Ich bin in den Nachrichten!« Ich drücke die Notrufklingel für die Krankenschwestern. Sie müssen über die Verschwörung informiert werden. Sie müssen wissen, dass sie niemanden hereinlassen dürfen.
    »Sie versuchen alle, mich zu interviewen«, kreische ich in mein Handy. Auf meiner Stirn bilden sich Schweißperlen. Ich wische sie weg.
    Ich höre das Geplapper der Patientin links von mir, einer Südamerikanerin, die den ganzen Tag auf Spanisch – oder war es Portugiesisch? – redet. Jetzt lacht sie mich aus. Vielleicht hat sie die ganze Zeit über gelacht. Ich höre ihre künstlichen Fingernägel auf den Tasten ihres Handys klappern. Sie spricht noch immer Spanisch oder welche Sprache auch immer, aber jetzt kann ich sie verstehen.
    »In dem Bett neben mir liegt ein Mädchen von der New York Post. Ich werde sie mit meinem Handy aufnehmen und dir alle Informationen geben und du kannst

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