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Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Titel: Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Calahan
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sehr kleinen Anzahl von NMDA-Rezeptoren lernen nicht zu saugen und verhungern ganz einfach innerhalb ungefähr eines Tages. Mäuse mit wenigstens 5 Prozent intakten NMDA-Rezeptoren überleben, zeigen jedoch abnormes Verhalten und absonderliche soziale und sexuelle Interaktionen. Mäuse mit der Hälfte ihrer funktionsfähigen Rezeptoren überleben ebenfalls, zeigen jedoch Gedächtnisdefizite und abnorme soziale Beziehungen.
    Als Ergebnis dieser zusätzlichen Forschung legten Dr. Dalmau und seine Kollegen 2007 einen weiteren Artikel vor, indem sie der Welt eine neue Klasse von NMDA-Rezeptor-assoziierten Krankheiten vorstellten. In diesem zweiten Artikel identifizierte er zwölf Frauen mit demselben Profil neurologischer Symptome, die nun als Syndrom bezeichnet werden konnten. Sie hatten alle Teratome und die meisten Patientinnen waren junge Frauen. Innerhalb eines Jahres nach der Veröffentlichung hatte man weitere 100 Patientinnen diagnostiziert; nicht alle hatten Eierstock-Teratome und nicht alle waren jung (es waren auch Männer und Kinder darunter), sodass Dr. Dalmau eine noch gründlichere Studie über die neu entdeckte, aber namenlose Krankheit durchführen konnte.
    »Warum sollte man sie nicht Dalmau’sche Krankheit nennen?«, wurde er häufig gefragt. Aber er war nicht der Meinung, dass Dalmau’sche Krankheit die richtige Bezeichnung sei, und es war auch nicht mehr üblich, eine Krankheit nach ihrem Entdecker zu benennen. »Ich finde nicht, dass es klug wäre. Es ist nicht gerade bescheiden«, meinte er achselzuckend.
    Zu der Zeit, als ich Patientin in der NYU war, hatte Dr. Dalmau seine Vorgehensweise verfeinert, er hatte zwei Tests entwickelt, mit denen die Krankheit rasch und präzise diagnostiziert werden konnte. Sobald er meine Proben erhalten hatte, konnte er die Rückenmarksflüssigkeit testen. Sollte er feststellen, dass ich Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis hatte, würde ich die 217. Person weltweit sein, die seit 2007 diese Diagnose erhielt. Es warf nur die Frage auf: Wenn eines der besten Krankenhäuser der Welt so lange brauchte, um zu dieser Diagnose zu kommen, wie viele andere Menschen blieben dann ohne Behandlung, wurden als geisteskrank eingestuft oder waren zu einem Leben in einem Pflegeheim oder einer psychiatrischen Einrichtung verurteilt?

Kapitel 30
Rhabarber
    A n meinem 25. Tag im Krankenhaus, zwei Tage nach der Biopsie, mit einer vorläufigen Diagnose in Reichweite, dachten meine Ärzte, es sei ein guter Zeitpunkt, um meine kognitiven Fähigkeiten offiziell zu bewerten, um vor Beginn der neuen Behandlung die Ausgangswerte aufzuzeichnen. Dieser Test sollte ein Wendepunkt sein, von dem aus alle künftigen Fortschritte bewertet würden, die in den verschiedenen Behandlungsstadien zu erwarten waren. Ab dem 15. April nachmittags besuchten mich eine Logopädin und ein Neuropsychologe für zwei Tage in Folge, jeweils zu gesonderten Begutachtungen.
    Die Logopädin, Karen Gendal, führte die erste Begutachtung durch und begann mit einfachen Fragen: »Wie heißen Sie?« – »Wie alt sind Sie?« – »Sind Sie eine Frau?« – »Leben Sie in Kalifornien?« – »Leben Sie in New York?« – »Schälen Sie eine Banane, bevor Sie sie essen?« … Ich konnte alle Fragen beantworten, auch wenn es langsam ging. Als sie jedoch ergebnisoffenere Fragen stellte wie »Warum sind Sie im Krankenhaus?«, konnte ich das nicht erklären. (Fairerweise ist zu sagen, dass auch die Ärzte es nicht wussten, aber ich konnte nicht einmal die grundsätzlichen Dinge berichten.)
    Nach einigen schleppenden und sprunghaften Antworten sagte ich schließlich: »Ich kann die Gedanken in meinem Kopf nicht äußern.« Sie nickte: Es war eine typische Antwort für Leute, die unter Aphasie litten, einer Verschlechterung der Sprechfähigkeit aufgrund einer Hirnverletzung. Ich hatte auch eine sogenannte Dysarthrie, eine motorische Sprechverschlechterung, die durch eine Muskelschwäche im Gesicht, im Rachen oder den Stimmbändern verursacht wird.
    Frau Gendal bat mich, die Zunge herauszustrecken, die von dieser Anstrengung zu zittern begann. Die Zunge hatte auf beiden Seiten einen reduzierten Bewegungsspielraum, was zu meinen Artikulationsproblemen beitrug.
    »Würden Sie mich einmal anlächeln?«
    Ich versuchte es, meine Gesichtsmuskeln waren jedoch so schwach, dass ich kein Lächeln zustande brachte. Sie schrieb »wenig erregbar«, was so viel bedeutet wie »lethargisch«, und merkte auch an, dass ich nicht vollständig aufmerksam

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