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Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Titel: Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Calahan
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Najjar gebraucht: Ich hatte eine Autoimmunerkrankung.
    Nachdem die Ärzte nun eine vage Diagnose hatten, konnten sie zur ersten Behandlungsphase übergehen, mit intravenös verabreichten Steroiden, einer Form der Immuntherapie, die eine vom Immunsystem des Körpers ausgelöste Entzündung unterdrückt. Ein Plastikbeutel mit klarer Solu-Medrol-Lösung, einem Steroid zur intravenösen Infusion, hing für eine dreitägige Intensivbehandlung neben meinem Bett. Alle sechs Stunden wurde es über eine In-vitro-Pumpe verabreicht. Diese Steroide, sogenannte Kortikosteroide, unterdrücken die Entzündung und beruhigen das Immunsystem, das wiederum eine künftige Entzündung unterdrückt. Während die Steroide in meinen Organismus tropften, unterdrückten sie die Produktion der entzündlichen chemischen Substanzen, die Zytokine genannt werden. Dr. Najjar entschied sich für drei Tage in der höchstmöglichen Dosis. Anschließend sollte ich 60 Milligramm des oral verabreichten Steroids Prednison erhalten, das die Entzündung auf sanftere Weise weiter bezwingen sollte.
    Da Kortikosteroide unter anderem den Blutzuckerspiegel beeinflussen, entwickelte ich eine vorübergehende Form von Typ-II-Diabetes. Obwohl die Ärzte meine Ernährung umstellten, wobei ich an Süßigkeiten nur zuckerfreie Gelatine-Produkte verzehren durfte, war meinen Eltern die Gefahr, die von den österlichen Geleeeiern ausging, die ich weiterhin futterte, nicht bewusst. Da man mir nach der Operation Bettruhe verordnet hatte, zogen mir die Schwestern oberschenkellange Kompressionsstrümpfe an, die sich aufpumpen und die Luft wieder ablassen und dadurch Blut durch meine Beine pumpten, was die Kontraktion und Expansion während körperlicher Aktivität nachahmt. Dadurch fingen meine Beine jedoch an zu jucken und zu schwitzen, wie ich jedem erklärte, der es hören wollte, und ich zog sie jede Nacht aus.
    Trotz der neuen intensiven Steroidbehandlung schien sich mein Zustand nicht so recht zu bessern. Tatsächlich verschlechterte er sich sogar. Die abnormen nächtlichen Bewegungen und meine undefinierbaren Panikattacken nahmen zu. Mein Vater schrieb über meine anhaltenden Probleme in das Tagebuch, das er und meine Mutter gemeinsam führten: »Sie hatte einen eigenartig grinsenden Gesichtsausdruck. Sie war angespannt. Die Arme gerade ausgestreckt, Grimasse, Anspannung, Zittern.«
    Vor Besuchern konnte ich mich jedoch weiterhin zusammennehmen. Hannah kam bald nach der Operation und unterdrückte ein Lachen, als sie meinen seltsamen weißen Turban aus Verbandsmaterial sah.
    Ich war kein Spielverderber. »Ich werde kahl sein!,« sagte ich lächelnd und stopfte mir eine Geleeei in den Mund.
    »Wie meinst du das? Haben sie dir den Kopf rasiert?«
    »Kahl!«
    »Vielleicht brauchst du Propecia 8 .« Wir lachten beide.
EEG-Videoaufzeichnung, 12. April, 8.12 Uhr, 7 Minuten
    Ich trage eine weiße OP-Haube, habe mich mit übergeschlagenen Beinen zurückgelehnt, als würde ich ein Sonnenbad nehmen. Mein rosa Rucksack, der die EEG-Box enthält, liegt auf meinem Unterbauch. Ich stehe auf und gehe zur Tür. Meine Bewegungen sind stockend und quälend langsam. Mein linker Arm ist ausgestreckt.
    »Wäre das der kleine grüne Knopf?«, fragt meine Mutter aus dem Off eine Schwester und bezieht sich dabei auf den Knopf am Bettgitter, den ich bei einem Anfall drücken soll. Sie betritt das Kamerablickfeld und setzt sich ans Fenster.
    Ich gehe wieder ins Bett. Meine Mutter erhebt sich und steht über mir, dann drückt sie auf den Knopf, um eine Schwester zu rufen. Pfleger Edward kommt kurz darauf und beginnt eine neurologische Untersuchung, dabei macht er mir vor, was ich nachahmen soll. Er streckt seine Arme aus. Allmählich folge ich seiner Führung. Er tippt auf meinen linken Zeigefinger und sagt, ich solle die Augen schließen und mit dem Finger mein Gesicht berühren. Nach einem kurzen Moment tue ich das. Er wiederholt den Vorgang auf der anderen Seite.
    Als Edward gegangen ist, greife ich nach dem Bettzeug. Es dauert volle zehn Sekunden, bis ich mich hingelegt habe. Inzwischen sieht meine Mutter nervös aus. Sie schaut in ihre Handtasche, schlägt die Beine übereinander und stellt sie dann wieder nebeneinander, während sie ständig ein Auge auf mich hat.
    Ende der Videoaufzeichnung.
    In der dritten Nacht in unserem gemeinsamen Zimmer hat die Frau neben mir einen Krampfanfall. Irgendwie hatte sie das Personal davon überzeugt, ihr Wein zu trinken zu geben. Nachdem die Ärzte nun

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