Feuer in eisblauen Augen
erklären, dass sie bald auf eine große Reise gehen und Bea ihre Arbeit hier wieder aufnehmen würde. Annie musste sich auch bemühen, Emily nicht zu sehr ins Herz zu schließen. Aber vielleicht hatte sie das schon getan? Der Gedanke, Emily bald zu verlassen, tat ihr jetzt schon weh. Es hatte ihr noch nie etwas ausgemacht, sich von einem Mann zu verabschieden, aber Emily zurückzulassen war etwas ganz anderes. Annie wusste nicht, ob sie das jetzt überhaupt noch konnte. Sie war sicher, dass sie Emily sehr vermissen würde.
Und was ist mit Mark, fragte ihre innere Stimme. Kann ich ihn so einfach zurücklassen?
In ihr tobte ein Gefühlschaos. Dabei hatte sie von Anfang an klar gesagt, dass sie bald nach Asien fliegen würde und dass dies nur ein vorübergehender Job sein konnte. Aber es war viel mehr daraus geworden. Mark hatte sie so leidenschaftlich geküsst, dass ihr jedes Mal, wenn sie daran dachte, ein Schauer durch den Körper lief. Und nachts konnte sie kaum schlafen, so sehr sehnte sie sich nach ihm.
Emily wünschte sich, von ihr als Ersatzmom zur Schule begleitet zu werden. Himmel, dachten diese Menschen denn nur an sich? Schließlich hatte sie auch Gefühle, die leicht verletzt werden konnten.
Sie musste standhaft bleiben und durfte keine weiteren emotionalen Verwicklungen mehr zulassen. Deshalb würde sie Emilys Bitte ablehnen. “Ja, also …” stotterte Annie. Ihr Blick fiel auf Emilys Gesicht. Die Kleine schaute sie so vertrauensvoll an, dass es Annie ganz warm ums Herz wurde. “Wann findet der Projekttag denn statt?”
“In zwei Wochen. Direkt vor den Ferien.
“Also gut, ich komme gern.”
“Wirst du denn auch dein Clownskostüm anziehen?”, fragte das Kind hoffnungsvoll.
Annie musste lachen. Emily wollte Gertrude mit zur Schule nehmen und keine Ersatzmom. “Also gut, wenn du das möchtest”, antwortete sie.
Emily nickte begeistert.
“Warum ziehen wir nicht beide das Kostüm an und führen ein paar Tricks vor, die wir geübt haben?”
“Das wäre super.”
Annie bückte sich spontan und nahm Emily in die Arme. Sie hatte sich vorgenommen, ganz aufrichtig zu ihr zu sein. “Du weißt doch, dass Bea bald zurückkommt und ich gehen werde?”
Sie wunderte sich über Emilys pfiffigen Gesichtsausdruck. Aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein.
“Was ist, wenn Bea nicht zurückkommt? Dann könntest du doch hier bei uns bleiben.”
“Das geht doch nicht, Emily. Ich bin doch gar kein richtiges Kindermädchen, sondern ein Clown und unterhalte Kinder auf Partys.”
“Du kannst doch beides machen, wie jetzt auch.”
“Aber ich habe doch eine Reise nach Asien gebucht.”
“Die hättest du schon viel früher machen können. Magst du mich denn nicht?”
“Natürlich mag ich dich.”
“Und Onkel Mark, magst du den auch?”
Annie spürte, dass sie rot wurde. Sie musste hier ganz schnell verschwinden und sich in Sicherheit bringen. Wer weiß, was sonst noch alles passieren würde? Wahrscheinlich mehr als nur heiße Küsse auf der Couch. “Ich mag deinen Onkel, natürlich.”
“Er mag dich auch, das weiß ich.”
Woher wollte das Kind das denn wissen? “Komm, Emily, lass uns die Pizza fertig machen und dann mit Kitsu spazieren gehen.”
“Wir haben seine Lieblingsbonbons nicht mehr. Wir müssen zuerst zum Geschäft fahren und welche kaufen.”
“Okay.” Annie hatte das unangenehme Gefühl, dass sie etwas vergessen hatte. Ihr Blick fiel auf die Wanduhr. Oh je! Der obligatorische Anruf war fällig. Und wieder war sie eine halbe Stunde zu spät! Aber das war ja fast noch pünktlich.
“Emily, ruf du doch deinen Onkel an und erzähl ihm, was wir heute gemacht haben, in der Zeit räume ich hier auf.”
“Also gut.”
Emily unterhielt sich fröhlich mit ihrem Onkel. Dann klang sie resigniert. “Du kommst jeden Abend so spät, Onkel Mark. Komm doch heute einmal früher. Ich möchte dir zeigen, was Kitsu gelernt hat. Annie hat ihm ein Eichhörnchen aus Gummi gekauft, und das jagt er.” Emily schwieg und hörte aufmerksam zu, dann stöhnte sie laut und sagte kleinlaut: “Okay, da ist ja wohl nichts zu machen. Bye-bye.”
Emily sah ziemlich enttäuscht aus. Annie grübelte. Hatte Mark wirklich so viel zu tun, oder war das nur eine willkommene Ausrede, um ihr auszuweichen? Seitdem sie sich geküsst hatten, sahen sie sich kaum noch. Aber wenn er da war, hatte Annie oft seine verlangenden Blicke gespürt. Sie ahnte, dass er sie leidenschaftlich begehrte. Manchmal war sie
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