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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nur aus diesen Gründen. Ein Teil von ihm, von dessen Existenz er bisher nicht einmal selbst etwas geahnt hatte, war wild entschlossen, Duffy zu finden und ganz egal vor welcher Gefahr zu beschützen. Und das nicht aus egoistischen Gründen, sondern einfach, weil er sich Sorgen um sie machte.
    Will war nicht einmal überrascht, als ihm nach einer Weile klar wurde, dass sein zielloses Umherfahren nicht annähernd so ziellos war, wie er bisher selbst angenommen hatte. Er hatte nicht den direkten Weg eingeschlagen, aber er befand sich jetzt nur noch zwei oder drei Blocks von der Ruine entfernt, vor der er auf Duffy gestoßen war. Er hatte nicht die mindeste Ahnung, was er dort eigentlich wollte, aber dieser Platz war so gut wie jeder andere und vielleicht sogar noch besser. Er bildete sich nicht wirklich ein, dort eine Spur zu finden oder gar so etwas wie eine Erklärung, aber irgendwo musste er ja schließlich anfangen. Er konnte das Gefühl nicht begründen, aber jedes Mal, wenn er an das düstere Kellergeschoss dachte, in dem er Duffy gefunden hatte, überlief ihn ein eisiges Frösteln; als wäre dort unten irgendetwas, das er vielleicht nicht mit seinem Verstand erfassen konnte, aber das ihm – vielleicht gerade deswegen – Angst machte.
    Er bog von der Hauptstraße ab und dann nach links, aber als er die nächste Kreuzung erreichte und erneut abbiegen wollte, war die Straße gesperrt. Eine rot-weiße Bande und ein Sperrschild blockierten beide Fahrspuren, und als wäre das nicht genug, parkte schräg dahinter ein Streifenwagen. Er war offensichtlich verlassen, aber allein die Autorität des grün-weiß lackierten Wagens reichte wohl aus, um den hartnäckigsten Anwohner abzuschrecken, der die Barrikade sonst vielleicht ignoriert hätte. Auch Will machte der Anblick nervös, aber er reagierte trotzdem kaltblütig genug, ganz ruhig den Blinker zu setzen und statt nach rechts in die entgegengesetzte Richtung abzubiegen. Erst als er wieder beschleunigte und fast automatisch noch einmal in den Rückspiegel blickte, begriff er, dass er dieses Bild schon einmal gesehen hatte, und es war noch keine sechsunddreißig Stunden her. Es gab einen Unterschied. Vorgestern Abend hatten zwei Streifenwagen mit rotierenden Blaulichtern die Straße blockiert, anstelle einer harmlosen, rotweiß gestreiften Absperrbarke, und an der Stelle des schmucklosen, khakifarbenen Zeltes, das sich nun mitten auf der Straße erhob, hatte ein lichterloh brennendes Auto gestanden, aber es war unzweifelhaft dieselbe Straße. Seit dem mysteriösen Unfall waren zwei Nächte und ein kompletter Tag vergangen, und die Straße war immer noch abgesperrt. Und das war höchst mysteriös.
    Will fuhr erschrocken zusammen, als die Bremslichter des vor ihm fahrenden Wagens plötzlich aufleuchteten, und trat seinerseits so hart auf die Bremse, dass er im Gurt nach vorne geworfen wurde und nicht einmal mehr überrascht gewesen wäre, hätten sich die Airbags ausgelöst. Im buchstäblich allerletzten Moment brachte er den Jaguar zum Stehen und hätte am liebsten mit einem erschöpften Seufzer die Stirn auf das Lenkrad sinken lassen; ein Auffahrunfall mit einem gestohlenen Wagen und noch dazu in Sichtweite der Polizei war im Moment so ungefähr das Letzte, was er gebrauchen konnte. Er wartete, bis der Wagen vor ihm weitergefahren war, bog bei der nächsten Gelegenheit ab und hielt unmittelbar hinter der Kurve an, damit sich sein hämmernder Puls wieder beruhigen konnte. Er klammerte die Finger so fest um das Lenkrad, dass das Leder hörbar knirschte, schloss die Augen und zählte in Gedanken ganz langsam bis fünfzig. Als er die Lider wieder hob, raste sein Puls noch immer, aber er hatte wenigstens nicht das Gefühl, sich mit Riesenschritten einem Herzinfarkt zu nähern, und seine Hände zitterten nicht mehr.
    Will wartete noch einmal gut zwei oder drei Minuten, bevor er den Wagen verließ. Als er die Tür abschloss, sah er, dass er den Jaguar unmittelbar unter einem Halteverbotsschild zum Stehen gebracht hatte, und absurderweise verspürte er ein heftiges schlechtes Gewissen, als er an den Besitzer der Nummernschilder dachte, die der Wagen jetzt trug. Doch er verscheuchte den Gedanken, wechselte auf die andere Straßenseite und ging den Weg zurück, den er gerade erst gekommen war.
    Die Straße war nicht sehr lang. Will brauchte keine zwei Minuten, um die nächste Kreuzung und damit die Absperrung zu erreichen. Der Streifenwagen dahinter war immer noch leer und von

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