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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gekommen war, war gewaltsam geschaffen worden; ein anderthalb Meter durchmessendes Loch, das mühelos durch drei Meter Erdreich, Gestein und massiven Fels gestanzt worden war. Wills Fantasie kapitulierte vor dem Versuch, sich die Gewalten vorzustellen, die notwendig waren, um so etwas zu tun.
    »Ich beneide Sie nicht um Ihre Aufgabe.«
    Will drehte sich herum. Sein Führer war ihm auf den Sims hinauf gefolgt und hatte den Helm abgenommen. »Ich möchte der Presse nicht erklären müssen, was hier passiert ist.«
    »Ich auch nicht«, sagte Will.
    Der andere lachte. »Waren Sie schon auf der Venloer Straße?«
    Es dauerte einen Moment, bis Will begriff, was der Mann meinte. Seine Wohnung hatte nicht direkt an der Venloer Straße gelegen, sondern einen Block dahinter – aber aus dem Fernsehen und von Georgs Videoband wusste er, dass die Polizei nicht nur die Straße vor dem niedergebrannten Wohnhaus, sondern mehrere Blocks in weitem Umkreis abgesperrt und damit eine der Hauptverkehrsadern Kölns lahm gelegt hatte. Er schüttelte den Kopf.
    »Sie sind noch dabei, die Trümmer wegzuräumen. Aber ich glaube, das hier reicht mir schon beinahe.«
    Ich zuckte zusammen, als ich erkannte, dass ich mich getäuscht hatte. Die Ausgusslöcher, durch die die Verteidiger siedendes Pech, kochendes Wasser und andere Ferkeleien auf die Angreifer gekippt hatten, hatten nicht vermocht, die Truppen des Erzbischofs aufzuhalten, und natürlich hatten die Spanier nach der gewonnenen Schlacht ihre eigenen Toten sofort in geweihter Erde begraben.
    Der Spanier, den ich für tot gehalten hatte, war in Wahrheit quicklebendig. Er hatte sich nach einem Schwert gebückt, und als er sich jetzt aufrichtete, fiel sein Blick direkt auf mich. Das helle Sonnenlicht ließ ihn blinzeln; und das allein war es vielleicht, was mich in diesem Moment vor ihm und seinen sicherlich nicht weit entfernten Kumpanen rettete. Ich hastete nach rechts, weg aus seinem Sichtbereich und auf das dreistöckige Haus zu, das sich dort ans Obertor schmiegte. Ich hatte mehrfach die Pferde des Hausherrn beschlagen, ich kannte die Familie, zumindest hatte ich sie gekannt, denn es bestand Anlass zu befürchten, dass keiner mehr von ihnen lebte …
    Aber ich musste raus aus dieser verfluchten, von Gott verlassenen Stadt, ich musste Maria hinterher, die schon in der von hellem Feuerschein zerrissenen Nacht entwichen war, ich musste mit ihr nach Süden, um den Orden zu warnen vor dem, was hier vorgegangen war …
    Will verscheuchte den fernen Traumfetzen, der sich ihm aufgedrängt hatte, als wäre er ein Bestandteil seiner ureigensten Erinnerungen, begann in den Jackentaschen zu graben und förderte Zigaretten und Feuerzeug zutage. Während er die Packung aufklappte, fragte er: »Darf man hier rauchen, oder fliegt einem dann der ganze Laden um die Ohren?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Klärgase und so 'n Zeugs meinen Sie? Nein. So schnell geht das nun auch wieder nicht. Außerdem – was immer hier brennen konnte, ist schon verbrannt.« Er machte eine entsprechende Geste hinter sich, und als Will der Geste folgte, registrierte er zum ersten Mal wirklich, wie sehr sich der Teil des Kanals, der hinter dem Loch im Boden lag, von dem hier unterschied. Der Teil des Kanals, der auf der anderen Seite des Schachtes lag, der in den Boden geschmolzen worden war, sah aus wie die Pforte zur Hölle.
    Der Stein war schwarz und schimmerte hier und da wie mit Glas überzogen, und es gab kein Wasser auf dem Boden. Die schwarzbraune Brühe verschwand in einer Miniatur-Ausgabe der Niagara-Fälle unter dem Gitterrost, mit dem die Männer den Schacht abgedeckt hatten.
    Und Will lief trotz der Hitze, die hier unten herrschte, ein eiskalter Schauer über den Rücken, als ihm klar wurde, dass er nicht den mindesten Laut hörte. Wo immer dieses Wasser auch aufschlug –der Schacht war so tief, dass das Geräusch keine Chance hatte, bis zu ihm heraufzudringen.
    Unsicherer, als er zugeben wollte, drehte er sich zu dem Mann um, der ihn hier heruntergeführt hatte, und sah ihn fragend an, bekam aber nur ein angedeutetes Achselzucken zur Antwort; und das Misstrauen in seinem Blick wurde noch ein bisschen stärker. Er schluckte die Frage herunter, die ihm auf der Zunge lag. Seine ohnehin dünne Tarnung begann noch weiter zu bröckeln, und er arbeitete heftig daran, sie endgültig zu zerstören.
    Als hätte er seine Gedanken gelesen, sagte der Mann in diesem Moment: »Was genau tun sie eigentlich in dieser

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