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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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geschlagen, nicht gegen Glas. Der Schmerz raste bis in seine Schulter hinauf und trieb ihm die Tränen in die Augen. Stöhnend presste er die linke Hand gegen seinen pochenden Ellbogen, biss die Zähne zusammen und wartete, bis der Schmerz wenigstens so weit abgeklungen war, dass er nicht mehr das Bedürfnis verspürte, laut loszuschreien.
    Sein Ellbogen pochte immer noch wie verrückt, als er sich endlich herumdrehte und die so harmlos aussehende Fensterscheibe einer eingehenderen Inspektion unterzog, die sie wohl eher vorher verdient gehabt hätte.
    Sein Ärger auf sich selbst wuchs. Was wie ein ganz normales Fenster aussah, war eher das genaue Gegenteil. Jemand hatte sich große Mühe gemacht, diese vermeintliche Garage in eine Festung zu verwandeln. Die angeblichen Butzenscheiben waren nicht nur einseitig verspiegelt, sondern bestanden auch aus Panzerglas. Und der vermeintliche Holzrahmen entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als hauchdünne Kunststoffschicht, unter der sich stabiles Metall verbarg.
    Dennoch brauchte Will nur einen Moment, um die Schwachstelle der Konstruktion zu entdecken. Wer immer dieses Fenster eingebaut hatte, hätte sich vorher mit einem Vertreter seiner Zunft unterhalten sollen.
    Will grub einen Moment ergebnislos in den Jackentaschen und ging schließlich zur Ruine zurück. Er brauchte knappe zwei Minuten, um ein geeignetes Metallstück zu finden, das er für seine Zwecke missbrauchen konnte, und nicht einmal eine, um das Fenster aufzubekommen. Das Fenster war ungewöhnlich – eine Konstruktion nach amerikanischem Vorbild, deren Scheibe man nach oben schob, statt sie aufzuklappen, was es etwas einfacher machte, es gegen unbefugte Eindringlinge zu sichern, und viel leichter, es zu knacken, wenn man den Dreh erst einmal raushatte.
    Will schüttelte seufzend den Kopf über so viel Kurzsichtigkeit, steckte sein improvisiertes Stemmeisen ein und schob dann die Finger unter die Scheibe, um sie nach oben zu drücken.
    Er zögerte noch einen letzten Moment. Falls es nicht schon mit dem Aufbrechen des Fensters geschehen war, dann war seine Bewährung spätestens in dem Moment im Eimer, in dem er in die Garage einstieg.
    Andererseits: Wozu brauchte ein toter Mann Bewährung?
    Will schob das Fenster mit einem entschlossenen Ruck hoch und beugte sich weit genug vor, um einen Blick in den dahinter liegenden Raum zu werfen.
    Er war überrascht. Der Raum war vollkommen leer, wie er es erwartet hatte, aber taghell erleuchtet, und nicht besonders groß. Das von außen schwarze Spiegelglas sperrte zwar zuverlässig jeden neugierigen Blick aus, setzte dem Tageslicht aber nicht den geringsten Widerstand entgegen. Will war wirklich überrascht, und entsprechend beeindruckt. Er hatte bisher nicht einmal gewusst, dass es so etwas gab.
    Er schob das Fenster noch ein Stück weiter auf, schlängelte sich geschickt hindurch und setzte ganz automatisch dazu an, es hinter sich wieder zu schließen – das Handbuch des kleinen Einbrechers, erste Lektion. Keine offenen Fenster zurücklassen, denn neugierige Nachbarn gab es überall, und sie tauchten immer im allerungünstigsten aller Momente auf – , als ihm etwas auffiel. Das Fenster besaß einen zusätzlichen Schnappmechanismus auf der Innenseite, der automatisch einrastete, sobald man es schloss. Er sah ziemlich kompliziert aus und machte darüber hinaus einen äußerst stabilen Eindruck. Will war nicht einmal sicher, ob er ihn so ohne weiteres wieder aufbekommen würde, wenn er einmal eingerastet war. Oder ob überhaupt.
    Vorsichtshalber zog er das Metallstück wieder hervor und legte es so unter das Fenster, dass das Schloss nicht einschnappen konnte. Erst dann schob er die Scheibe wieder nach unten und drehte sich herum, um seine unterbrochene Inspektion des Zimmers fortzusetzen.
    Viel gab es nicht zu sehen. Das Zimmer war schmal, kaum mehr als ein Schlauch, der selbst in einer modernen Sozialbau-Wohnung nicht die Mindestgröße eines Kinderzimmers erfüllt hätte. Trotzdem zeigten die Abdrücke auf dem Boden deutlich, dass hier noch vor kurzem Möbel gestanden hatten. Davon abgesehen war dieser Raum genau so, wie er es erwartet hatte. Vollkommen leer. An der gegenüberliegenden Wand gab es eine weiß gestrichene Tür, die fast deren gesamte Breite einnahm; das war alles.
    Will ging hin. Sie hatte keinen Griff, sondern schien wie das Fenster direkt aus Amerika importiert zu sein, denn es gab einen messingfarbenen Drehkopf. Er öffnete sie und stellte ohne

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