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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sonderliche Überraschung fest, dass ihre sorgsam lackierte Oberfläche nur Kunststoff oder Holz vortäuschte; ihr enormes Gewicht verriet das Metall, das sich darunter verbarg.
    Will gelangte in einen schmalen, nur von einem einzigen Fenster erhellten Korridor, der sich über die gesamte Länge des Gebäudes zu ziehen schien. Von den beiden übergroßen Garagentoren, die er draußen gesehen hatte, war hier nichts mehr zu entdecken. Entweder man hatte sie nachträglich von innen zugemauert und die Wand dann sorgfältig verputzt, oder sie waren von vornherein nur ein Fake gewesen. Ach – und noch etwas. Die Tür, die nach draußen führte, hatte keinen Griff, nicht einmal ein Schloss.
    Es gab drei weitere Türen, eine auf der linken und zwei auf der rechten Seite, und Will untersuchte die dahinter liegenden Räume nacheinander und sehr gründlich, was sich allerdings als nicht besonders schwierig erwies. Die linke Tür führte in ein kleines, aber mit allem Notwendigen ausgestattetes Bad, die beiden anderen Zimmer waren zwar größer, aber genauso leer wie das, durch das er hereingekommen war. Die typischen Abdrücke und Schmutzränder auf Boden und Wänden bewiesen das frühere Vorhandensein von Möbeln und Bildern, aber von der ehemaligen Einrichtung war nicht einmal mehr eine Schraube zurückgeblieben. Selbst die Lampen waren verschwunden.
    Trotzdem verrieten die Zimmer Will eine Menge über ihren ehemaligen Bewohner. Die Wände waren in hellen Pastelltönen gestrichen, und in dem kleineren der beiden Zimmer gab es eine Bordüre, die dicht unter der Decke um den gesamten Raum herumlief und auf der sich bienengroße Elefanten, elefantengroße Schmetterlinge und flügelschlagende Drachen eine kunterbunte Verfolgungsjagd lieferten, ohne dass sie jemals eine Chance bekommen würden, einander einzuholen. In einer der Wände befanden sich unzählige Einstiche, wo ebenso viele Poster immer wieder auf- und abgehängt worden waren, und die Schmutzflecken unter dem Lichtschalter verrieten die geringe Größe des ehemaligen Bewohners dieses Raumes. Es war ein Kinderzimmer gewesen. Ein Kinderzimmer ohne Türklinke und mit einem Fenster, das sich von innen nicht öffnen ließ.
    Will entdeckte noch mehr Ungewöhnliches, jetzt, wo er einmal darauf aufmerksam geworden war und wusste, wonach er zu suchen hatte. Es gab zahlreiche Anschlüsse in den Wänden, wo anscheinend irgendwelche elektrischen Apparaturen gesessen hatten, möglicherweise nichts Dramatischeres als eine Lautsprecherbox oder ein Telefon. Manche sahen aber auch sehr ungewöhnlich aus und schienen ihm eher in ein Krankenhaus zu gehören als in ein Kinderzimmer, und ein paar Anschlüsse saßen auch hoch oben in den Wänden, fast unter der Decke. Genauer gesagt: in jeder Ecke des Zimmers eine. Die perfekte Anordnung für eine Videoanlage, mit der man jeden Quadratzentimeter des Zimmers überwachen konnte.
    Das alles ergab nur einen einzigen Sinn: Diese angebliche Doppelgarage war keine Garage, sondern ein Gefängnis gewesen. Für jemanden mit einem Kind, oder für ein Kind. Vielleicht für ein zwölfjähriges Mädchen, das gerne in einem barbierosa Nachthemd herumlief und von Rechts wegen sowieso eingesperrt gehörte, schon, weil sie eine geradezu kriminelle Nervensäge war?
    Der Gedanke war genauso lächerlich wie alles andere, was ihm bisher durch den Kopf geschossen war, seit er diese unheimliche Ruine wieder betreten hatte; aber er jagte ihm trotzdem einen eisigen Schauer über den Rücken.
    Vielleicht, weil er trotz allem noch die logischste Erklärung war. Das hier war ganz eindeutig so etwas wie ein Gefängnis gewesen, und daran, dass er Duffy rein zufällig ausgerechnet hier getroffen hatte, glaubte er ebenso wenig wie an den Zufall, dass der Kanalisationsschacht, durch den er hierher gekommen war, vollkommen grundlos genau im richtigen Moment in die Luft geflogen sein sollte. Der einzige wirkliche Zufall in dieser ganzen Geschichte war allerhöchstens der, dass er genau im unpassendsten aller nur denkbaren Augenblicke vorbeigekommen war und das Mädchen über den Haufen gefahren hatte.
    Die ganze Geschichte war mehr als nur mysteriös.
    Einen Moment lang spielte er ernsthaft mit dem Gedanken, schnurstracks in die Parallelstraße zu marschieren und mit einem der beiden Polizisten zurückzukommen, und je länger er darüber nachdachte, desto verlockender erschien ihm die Vorstellung.
    Der Gedanke war auf jeden Fall vernünftig – und vermutlich stellte er

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