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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Missverständnis.«
    »Nicht unbedingt, aber es geht in die Richtung«, antwortete Angela ausweichend. »Du willst wahrscheinlich wissen …«
    »Ich will vor allem wissen, was ihr diesem armen Mädchen angetan habt«, unterbrach sie Will.
    »Hat sie diesen Eindruck auf dich gemacht?«, fragte Angela und schüttelte zugleich den Kopf. »Ein armes Mädchen zu sein, das niemandem ein Haar krümmen kann? Glaub mir, das ist sie nicht.«
    Ganz so hätte Will es nicht ausgedrückt, nachdem er das zweifelhafte Vergnügen gehabt hatte, Duffy etwas näher kennen zu lernen, aber er nickte trotzdem.
    Wieder druckste Angela einen Moment herum, bevor sie antwortete. Wenn er bedachte, wie sorgfältig sie sich vorher jedes Wort zurechtgelegt hatte, dachte Will, war das schon erstaunlich. »Die ganze Sache ist leider sehr viel komplizierter, als du dir vorstellen kannst.«
    »Wahrscheinlich ist sie so eine Art Feuerkind, das nur mit den Augen zu blinzeln braucht, und ganze Straßenzüge gehen in Flammen auf«, sagte Will.
    »Wenn es so einfach wäre, säßen wir nicht hier«, antwortete Angela in einem Tonfall, der Will einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ. »Ich fürchte, es ist eher andersherum.«
    »Aha«, sagte Will. Er verstand kein Wort. Er war auch ganz und gar nicht sicher, ob es etwas zu verstehen gab. Dieses Haus, die bewaffneten Bodyguards, der schwarze Wagen und Angelas Kung-Fu-Kunststückchen erweckten zumindest auf den ersten Blick einen ziemlich professionellen Eindruck – aber er durfte auch die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass er es schlicht und einfach mit einer Bande von Verrückten zu tun hatte.
    Anscheinend war es nicht besonders schwer, seine Gedanken zu erraten, denn Angelas Lächeln wurde plötzlich ein bisschen gequält. Sie richtete sich mit einem resignierenden Seufzen wieder auf und legte die Hände flach auf die Sessellehnen. »Ich merke schon, ich sollte vielleicht anders anfangen.«
    »Das finde ich auch«, antwortete Will, und eine Stimme von der Tür her fügte hinzu:
    »Lass gut sein, Liebes. Vielleicht sollte ich versuchen, es ihm zu erklären.«
    Irgendwie kam ihm diese Stimme bekannt vor. Verwirrt und alarmiert zugleich richtete sich Will in seinem Sessel auf und drehte sich halb herum, und alles, was er sagen wollte oder konnte, blieb ihm buchstäblich im Hals stecken, als er die schlanke Frauengestalt erblickte, die unter der Tür erschienen war.
    »Hallo, Will«, sagte Martina. »Es ist schön, dich nach so langer Zeit wieder zu sehen.«
    »Ma…rtina?«, murmelte er. »Aber das … das kann doch nicht sein.«
    Es konnte nicht sein, nicht nur, weil es nicht sein durfte, sondern weil es tatsächlich und aus ganz praktischen Gründen nicht sein konnte. Es war mehr als zehn Jahre her, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten, aber die Frau, die jetzt nur ein paar Schritte entfernt in der offenen Tür stand, ihn aus Martinas Augen ansah und ihn mit Martinas Mund anlächelte, war nicht nur um keinen Tag älter geworden als das Bild, das er tief in seinem Herzen aufbewahrt hatte, sondern kam ihm ganz konkret jünger vor, als sie es damals gewesen war. Angela schätzte er auf Anfang bis Mitte zwanzig; wenn die dunkelhaarige Frau in der Tür wirklich Martina gewesen wäre, dann konnte sie – nicht ganz, aber doch beinahe –ihre Mutter sein. Nebeneinander gestellt hätten die beiden Frauen jedoch allerhöchstens Schwestern sein können; annähernd gleichaltrige Schwestern, um genau zu sein. Es war einfach nicht möglich.
    »Deine Wiedersehensfreude scheint sich ja in Grenzen zu halten«, sagte Martina. In ihren Augen funkelte derselbe schelmische Spott von damals, und auch der beinahe ebenso unhörbare wie unüberhörbare Unterton in ihrer Stimme war noch ganz derselbe. In dem knappen Dreivierteljahr, das sie zusammen gewesen waren, war es ihm niemals gelungen, wirklich mit letzter Sicherheit zu sagen, ob sie etwas ernst meinte oder ihn gerade auf den Arm nahm.
    Sie wartete einen weiteren Augenblick lang vergebens darauf, dass er irgendetwas sagte, dann deutete sie ein Achselzucken an und trat mit wenigen, geschmeidigen Schritten hinter Angelas Sessel. Hätte er noch irgendwelche Zweifel gehabt, hätte diese Bewegung sie vermutlich beseitigt, denn wenn es überhaupt etwas gegeben hatte, das er noch mehr bewunderte als ihre Schönheit, dann war es ihre geschmeidige Art gewesen, sich zu bewegen. Aber es war keine zehn Jahre her, dass er diese katzenhaften Schritte das

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