Feuer: Roman (German Edition)
verdenken, wenn sie sich so schnell wie möglich aus dem Staub machten. Aber er konnte ihnen nicht folgen, und das, obwohl seine Socken bereits im wahrsten Sinne des Wortes zu qualmen anfingen. Hektisch sah er sich nach einem Versteck um, in das Duffy vor den Flammen geflüchtet sein konnte …
Der Schrank. Konnte es sein, dass Duffy so blöd war, sich darin verstecken zu wollen? Und wie hatte sie unbemerkt dorthin, geschweige denn, dort hineingelangen können?
Die Zweifel konnten ihn nicht stoppen. Er stürmte auf den Schrank zu, der bislang noch von dem Feuer verschont geblieben war, und riss die Türen auf. Er hatte erwartet, einen Haufen teurer Kleider und anderer extravaganter Klamotten vorzufinden, aber der Schrank war bis auf sauber aufgereihte Bügel und ein paar Ersatzdecken auf seinem Boden genauso leer, als stünde er in einem x-beliebigen Hotel. Bevor Will auch nur dazu kam, den Gedanken weiterzuverfolgen und sich zu überlegen, wo sonst Duffy geblieben sein könnte, war plötzlich hinter ihm ein starkes Rauschen zu hören.
Er wirbelte herum, angetrieben von der Angst, eine Feuerwand auf sich zuschießen zu sehen, aber es war etwas ganz anderes, das da herangedonnert kam: Löschflüssigkeit. Die Sprinkleranlage, die es natürlich in dieser Villa gab, die eine kleine, hochtalentierte Pyromanin beherbergte, war endlich zum Leben erwacht. Obwohl Will bislang noch nie eine solche Anlage in Aktion erlebt hatte, war ihm doch sofort klar, dass das hier kein normales Modell sein konnte. Eine wahre Sturmflut prasselte auf ihn hinab, mit riesigen, wie aufgeschäumt wirkenden Tropfen, und augenblicklich hing ein zusätzlicher Geruch in der Luft, der sogar den beißenden Rauch, den Gestank brennenden Kunststoffs und versiegelten Parkettbodens überlagerte.
»Raus da!«, schrie Martina von der Tür her.
Will drehte sich zu ihr um. Also doch. Er hatte geglaubt, dass sich Martina ohne ihn hatte absetzen wollen. Er hatte sich getäuscht. Sie hielt ein monströses Ding in der Hand, das aussah, als hätte jemand einen Feuerlöscher für Riesen konstruieren wollen. Und sie war nicht alleine. Auch Angela kam jetzt mit einem solchen Teil angestürmt. Sie kam, unter dem Gewicht schwankend, neben Martina zum Stillstand, und im Gegensatz zu ihrer Stiefmutter riss sie gleich den Schlauch mit der beeindruckenden Düse nach oben und legte einen Hebel um.
Das, was mit roher Gewalt aus der Düse hervorschoss, hätte Will mit Sicherheit von den Füßen gerissen, wenn Angela nicht nach rechts und damit in die entgegengesetzte Richtung gezielt hätte. Aber der geballte Gegenangriff auf das Feuer reichte ihm auch so schon. Die aus der Sprinkleranlage mit unverminderter Wucht hervorschießende Löschflüssigkeit hämmerte wie mit Tausenden kleinen Kinderfäusten auf ihn ein.
»Raus jetzt!« Martina fuchtelte wie wild mit dem Schlauch des Feuerlöschers.
Will zögerte. Er konnte nicht hier raus, bevor er nicht wusste, was mit Duffy passiert war. Auf der anderen Seite: Wenn es ihnen mit vereinten Kräften gelang, das Feuer zu löschen, konnte er immer noch nach Duffy suchen. Dieser Gedanke gab den Ausschlag. Er stürmte auf Martina zu. In ihren weit aufgerissenen Augen erkannte er Sorge, aber keine Panik. Vielleicht war sie es gewohnt, dass ihre Tochter ein Feuerspektakel nach dem anderen verursachte, und ging damit so selbstverständlich um wie jeder Elternteil mit einem Kind, das eine besondere Verhaltensstörung aufwies.
»Duffy ist noch da drin«, brüllte er ihr zu. Im gleichen Moment riss er ihr den Feuerlöscher aus den Händen. Das Teil war tatsächlich ich so schwer, wie es aussah, und es war wohl nur seiner äußersten Anspannung zu verdanken, dass es ihm gelang, es trotzdem hochzureißen, den Hebel umzulegen und gleichzeitig vorzustürmen.
Er hatte noch nie gehört, dass ein Feuerlöscher einen Rückschlag hatte, aber dieses verdammte Ding zumindest hatte einen. Will kam ins Torkeln, doch dann hatte er sich darauf eingestellt und lief hinter dem dicken Strahl her, der mit ungestümer Gewalt unter die Flammen fuhr. Eben noch war er sicher gewesen, dass dem Feuer nicht mit Sprinkleranlage und Feuerlöscher beizukommen war, sondern höchstens von einer professionellen Löschmannschaft, wenn diese wider alle Erfahrungen in ein oder zwei Minuten anrückte, doch jetzt zumindest begann die Hoffnung in ihm hochzukeimen, dass sie tatsächlich eine Chance hatten.
Die Substanz, die die Sprinkleranlage auf ihn herabschleuderte,
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