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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Der Ausdruck von schlechtem Gewissen in ihrem Blick verstärkte sich noch, als sie den Kopf wandte und eine Sekunde lang auf Reimann hinabsah, der sich ebenfalls wieder zu regen begonnen hatte. »Es … es tut mir wirklich Leid. Aber ich hatte keine andere Wahl.«
    »Ja, ich verstehe«, presste Reimann zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er versuchte sich auf den rechten Ellbogen hochzustemmen und fiel mit einem schmerzerfüllten Keuchen zurück, fuhr aber trotzdem fort: »Und ich fürchte, Sie haben auch leider keine Zeit, um uns all das hier zu erklären – sonst würden wir bestimmt verstehen, warum Sie so handeln mussten.«
    »Ich bete darum, dass Sie das niemals werden«, antwortete die junge Frau. Sie sprach ganz leise, flüsterte beinahe, aber in ihrer Stimme war irgendetwas, das Will einen eisigen Schauer über den Kücken laufen ließ. Sie schien noch mehr sagen zu wollen, aber dann beließ sie es bei einem angedeuteten Kopfschütteln, warf Will einen letzten bedauernden Blick zu und setzte ihren Weg zur Tür fort. Als sie die Hand nach der Klinke ausstreckte, zitterte der Fußboden.

Kapitel 9
    Die Erschütterung war so sacht, dass Will sie unter den –schwächer werdenden, aber immer noch schlimmen –Krämpfen, die seinen Körper schüttelten, nicht einmal bemerkt hätte, wäre die Blonde nicht so heftig zusammengefahren, als hätte sie unversehens selbst Bekanntschaft mit ihrem Elektroschocker gemacht. Sie erstarrte für eine geschlagene Sekunde mitten in der Bewegung, und in dieser Zeitspanne verwandelte sich ihr Gesichtsausdruck von Bedauern und Scham zu etwas, das Will nur als nackte Panik bezeichnen konnte. Sie fuhr so heftig herum, dass Duffy um ein Haar von ihrer Schulter gerutscht wäre, ihr Kopf bewegte sich mit einem Ruck nach rechts, links und wieder zurück, und in ihrem Blick war plötzlich das verzweifelte Flehen eines Menschen, der sich mit einer schon lange befürchteten Wahrheit konfrontiert sieht und sie verzweifelt zu leugnen versucht, ohne es wirklich zu können.
    Dann zitterte der Boden erneut, und diesmal so heftig, dass Will die Erschütterung nicht nur deutlich spürte, sondern auch die Gläser und Tassen auf der Anrichte in der Küche zu klirren begannen. Irgendwo weiter oben im Haus erschallte der erschrockene Ruf einer Frau, und das Gesicht der Blonden verlor auch noch das letzte bisschen Farbe. Für eine Sekunde waren ihre Augen von nichts anderem als blanker Panik erfüllt.
    »Oh mein Gott!«, flüsterte sie. »Es … es hat schon begonnen!«
    Reimann sagte irgendetwas, das Will nicht verstand, und versuchte abermals, jedoch wieder vergebens, sich in die Höhe zu stemmen, und auch Will biss die Zähne zusammen und drehte sich wenigstens so weit auf die Seite, dass er den ausgekugelten Arm unter seinem Körper hervorziehen konnte. Die junge Frau starrte ihn eine halbe Sekunde lang – nicht fast, sondern ganz eindeutig hilflos – an, dann ließ sie sich in die Hocke sinken, nahm das bewusstlose Mädchen von ihrer Schulter und legte es fast behutsam vor sich auf den Boden. Und dann tat sie etwas ganz und gar Unvorstellbares: Sie zog den Elektroschocker unter dem Gürtel hervor, setzte die Elektroden an Duffys Hals und drückte den Auslöser. Will konnte den hellblauen Lichtfaden aus beißendem Schmerz nicht sehen, aber er hörte das widerwärtige Zischen, und er glaubte den Schmerz wie seinen eigenen zu spüren, als Duffy sich in Krämpfen wand.
    Der Fußboden erzitterte zum dritten Mal, und diesmal glaubte Will etwas wie ein dumpfes Grollen zu hören, das irgendwo tief unter der Erde erklang, und die Blonde drückte erneut auf den Auslöser ihrer zum Folterinstrument umfunktionierten Waffe. Wieder bäumte sich Duffy auf, aber es war nur noch ein bloßer Reflex ihrer Muskeln und Nerven auf den Stromstoß. Sie hatte längst das Bewusstsein verloren, und wenn die junge Frau den Elektroschocker noch zwei oder drei Mal betätigte, dann würde das Mädchen wahrscheinlich nie wieder erwachen.
    »Hören Sie … auf«, keuchte Will. »Wollen Sie sie … umbringen?« Er stemmte seinen unverletzten Arm gegen den Boden und versuchte sich hochzuarbeiten, und auch Reimann mobilisierte alle seine Kräfte, um ungeschickt unter seinen Mantel zu greifen. Will nahm an, dass er seine Waffe zu ziehen versuchte.
    Die Blonde schlug seinen Arm zur Seite, schob praktisch in der gleichen Bewegung den Elektroschocker wieder unter ihren Gürtel und warf sich das bewusstlose (hoffentlich nur

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