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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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darauf gewartet hätte, dass sich das Feuer weiter ausbreitete und aus einem normalen Wohnhaus-Brand eine richtige Katastrophe wurde. Etwas, das nicht nur vom überregionalen Fernsehen gezeigt wurde, sondern wovon man auch noch wochenlang zehren, was man entsprechend ausschmücken und seinen Freunden und Arbeitskollegen erzählen konnte. Ein bisschen von dieser Sensationslust war auch jetzt noch in ihm, aber da war plötzlich auch noch mehr; ein Teil von ihm, der erst Gestalt angenommen hatte, seit er selbst durch diese Hölle da drüben gegangen war und vor seinen Augen zwei Menschen gestorben waren. Seltsam – er hatte die beiden kaum gekannt, und zumindest was Falkenberg anging, hätte er selbst auf dieses Kaum gerne verzichtet, aber ihr Tod machte ihm zu schaffen. Es war eben doch ein Unterschied, ob man davon las oder darüber hörte – oder ob man es mit eigenen Augen sah. Ganz davon abgesehen, dass der Tod der beiden Polizeibeamten möglicherweise ein Problem noch nicht abschätzbarer Größenordnung für ihn darstellte. All diese Überlegungen hinderten Will nicht daran, seinen Weg fortzusetzen, so schnell es gerade noch ging, ohne aufzufallen. Nach wenigen Augenblicken hatte er die Kreuzung erreicht und bog wahllos nach rechts ab, ohne noch einen Blick zurückgeworfen zu haben.
    Auch hier war der Verkehr bereits zusammengebrochen, und die Anzahl der Menschen, die ihm entgegenkamen, übertraf die derjenigen, die sich in seine Richtung bewegten, um ein Mehrfaches, aber niemand nahm von ihm Notiz, und das war im Moment alles, was zählte. Will ging wieder ein wenig langsamer, behielt aber ein scharfes Tempo bei und entfernte sich weiter von der Kreuzung. Das Sirenengeheul wurde noch einmal lauter und brach dann schlagartig ab, als der Feuerwehrwagen offensichtlich sein Ziel erreicht hatte. Der bloße Gedanke an das, was sich jetzt hinter ihm abspielte, kam Will geradezu grotesk vor. Alle Löschzüge dieses Viertels zusammengenommen hatten vermutlich keine Chance, das Feuer auch nur nennenswert einzudämmen. Oder gar, es zu löschen. Die Stadt stand am Rande einer Katastrophe, und möglicherweise war er der einzige lebende Mensch, der auch nur eine Ahnung hatte, wie groß die Gefahr tatsächlich war.
    Will beschleunigte seine Schritte trotzdem noch weiter und war schon wieder kurz davor, wirklich zu rennen, als er die nächste Kreuzung erreichte und um die Ecke bog. Hier machte er jedoch nur noch einen einzigen Schritt und blieb dann so abrupt stehen, als wäre er gegen ein unsichtbares Drahtseil geprallt, das jemand heimtückisch quer über die Straße gespannt hatte.
    Der Anblick, der sich ihm bot, unterschied sich nicht grundlegend von dem zwei Straßen zurück. Es gab keine brennende Häuserzeile, aber auch hier war der Verkehr zusammengebrochen. Der Grund dafür war ein geradezu monströs großer Feuerwehrwagen, der aussah, als stamme er direkt aus einem Science-Fiction-Film, und der seine Fahrt zu dem brennenden Häuserblock notgedrungen unterbrochen hatte, um einen hell in Flammen stehenden Kombi zu löschen, der quer auf der Straße stand und beide Fahrspuren blockierte. Wills Herz begann zu rasen. Für einen winzigen, aber durch und durch entsetzlichen Moment geriet er so vollkommen in Panik, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte. Sein bewusstes Denken setzte einfach aus, und für eine Sekunde oder weniger bestand er nur noch aus Instinkten, dem übermächtigen Impuls, einfach auf der Stelle herumzufahren und davonzurennen, so schnell und so weit er nur konnte. Und zugleich war er einfach paralysiert; im wahrsten Sinn des Wortes gelähmt vor Schrecken, so dass er einfach dastand und das lodernde Autowrack aus weit aufgerissenen Augen anstarrte, obwohl die Flammen so grell waren, dass ihr Licht ihm die Tränen in die Augen schießen ließ.
    Dann verging der Moment, und etwas fast noch Erschreckenderes, auf jeden Fall aber Unheimlicheres geschah: Im gleichen Moment, in dem die Lähmung von Will abfiel, verschwand auch die Panik, und eine fast ebenso große Ruhe ergriff von ihm Besitz. Plötzlich schienen seine Sinne mit schon fast übernatürlicher Klarheit zu arbeiten. Er sah, hörte und roch alles mit einer Schärfe, die er zuvor ebenso wenig gekannt hatte wie das Gefühl allumfassender Panik. Statt herumzufahren und wegzulaufen, ging er mit schnellen, aber ruhigen Schritten weiter und näherte sich dem brennenden Wagen. Obwohl die äußeren Umstände vollkommen anders waren, erinnerte ihn der Anblick

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