Feuer / Thriller
Bibliothekarin.«
Sie lachte, wie er es bezweckt hatte, und er grinste. Kanes Frau war pensionierte Bibliothekarin, und Kane liebte sie über alles. »Dafür kassierst du von Jennie einen Tritt in den Hintern.«
»Nicht, wenn ich ihr verrate, dass du gelacht hast. Jetzt beeil dich. Wir sind gleich da.«
Montag, 20. September, 9.45 Uhr
Eric fand die Bank und den gefütterten Umschlag, der darunter klebte. Er beugte sich vor, als wollte er seinen Schuh zubinden, nahm den Umschlag an sich und steckte ihn in die Innentasche seiner Jacke. Dabei berührte er den kalten Stahl seiner Pistole. Mit pochendem Herzen lehnte er sich zurück. Er hatte das Gefühl, als würde ihn alle Welt beobachten, als würde jeder wissen, dass er eine Waffe bei sich hatte.
Aber niemand sah zu ihm hinüber. Alle waren mit sich selbst beschäftigt, während er auf einer Bank saß, eine Pistole in der Tasche hatte und Päckchen abholte, als sei er irgendein James Bond für Arme.
Ich bin Student der Ingenieurswissenschaften, einer der besten auf diesem College. Ich bin einer der Guten. Das kann doch alles gar nicht wahr sein.
Aber doch war es so. Er ging die sechs Blocks zu seinem Wagen zurück und stieg ein.
Dort starrte er einen Moment lang den Umschlag an, dann riss er ihn auf und ließ ein Handy und einen MP3-Player mit einem Zwei-Inch-Display und zwei Ohrstöpsel in seinen Schoß fallen. Ein brüchiges Lachen entrang sich seiner Kehle. Wahrscheinlich ertönte gleich eine Stimme, die ihm sagte, dass sich das Band in zehn Sekunden selbst zerstörte.
Nur war es leider nicht lustig. Es war ein Alptraum. Wer immer der Kerl war, er hatte ein Video, das sie alle vernichten konnte. Nun sah Eric, dass auf der Rückseite des MP3-Players mit Nagellack eine rote Eins, auf dem Handy eine Zwei gemalt worden war.
Obwohl er sich unglaublich blöd vorkam, steckte er sich die Stöpsel in die Ohren und schaltete den Player ein. Augenblicklich plärrte die Titelmusik von
Mission Impossible
in seinen Ohren. Er presste die Zähne aufeinander, doch dann krampfte sich sein Magen zusammen, als das Video des Feuers erneut einsetzte. Wut quoll in ihm auf. Am liebsten hätte er den MP3-Player aus dem Fenster geworfen, aber natürlich tat er das nicht, und Sekunden später erklang eine elektronisch veränderte Stimme. Er hätte nicht sagen können, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte.
»Du hast meine Anweisungen befolgt. Sehr gut. Nun ist es an der Zeit für deinen ersten Test. Wenn du ihn bestehst, bleibst du weiterhin in meiner Gunst. Wenn du dich weigerst oder versagst, geht dieses Video an die Polizei und die Presse, und du wirst den Rest deines Lebens in einer kleinen Zelle verbringen. Freu dich auf die groben Kerle, die dich sehr sexy finden werden.«
Man sah ein Gefängnis, dann ein Foto eines Mannes, der vergewaltigt wurde. Ein scharfer Schmerz schoss Eric in den Nacken, und er bemerkte erst jetzt, dass er die Zähne so fest aufeinandergebissen hatte, dass er es in den Knochen spürte.
»Das ist dein Zielobjekt.« Ein weiteres Foto, und Eric stieß den Atem aus und schluckte die bittere Galle, die in seiner Kehle aufgestiegen war. Was er sah, schien eine Art Fabrik zu sein. »Die Adresse ist als SMS auf deinem Handy eingegangen. Du wirst deine drei Kumpane mitnehmen und diese Nacht dort Feuer legen. Sorg dafür, dass kein Stein mehr auf dem anderen steht.«
Und endlich verstand Eric. Der Erpresser wollte kein Geld. Das hier war schlimmer. Dumpf starrte er auf den Schirm, aber es kam nichts mehr.
»Der Besitzer hat einen Wachhund«, fuhr die Stimme fort. »Verfahr mit diesem Auftrag, wie du magst. Wenn du deinen Gefährten die Wahrheit sagen willst, dann tu es. Falls du fürchtest, dass sie deinen Anweisungen nicht folgen werden, erzähl ihnen, was immer du willst, aber wisse eins: Sollte einer sich nicht beteiligen, wird das Video veröffentlicht, und ihr alle geht ins Gefängnis.«
Die Stimme hatte kein einziges Mal geschwankt, kein Anzeichen von Gefühl.
»Falls sich euch jemand in den Weg stellt, tötet ihn. Falls es so scheint, als sei das Zielobjekt gewarnt worden, oder falls vor der Tat unerwartet etwas aus dem Inventar entwendet wird, wird das Video veröffentlicht. Sobald ihr fertig seid, macht ihr mit der Handykamera Fotos, um eure Arbeit zu dokumentieren. Schick mir die Bilder an die angegebene Nummer. Dann bekommst du weitere Anweisungen. Viel Glück, Eric, und wenn man euch erwischt« – nun erklang ein Lachen, ein
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