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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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auch die gleiche Überzeugungsgabe. Worauf wartest du noch, Milla? Leg endlich deinen Umhang ab! Mit so viel unnützem Stoff arbeitet es sich schlecht an der Glaspfeife.«
    Marco hatte sich umständlich durchfragen müssen, und selbst als er endlich vor dem Haus in Canareggio stand, war er noch immer nicht sicher, ob er tatsächlich an der richtigen Adresse war. Es schien sich eng an den Kanal zu ducken, eines jener Gebäude, an denen Regen und Gezeitenwechsel so lange gefressen hatten, bis sie nach und nach verfielen. Dann jedoch entdeckte er in einem provisorischen Unterstand den Karren, halbherzig mit einem Stück zerschlissener Plane zugedeckt.
    Er hob die Hand und klopfte.
    Zunächst blieb alles still, doch als er abermals und kräftiger gegen die Tür schlug, meinte er von drinnen Scharren und Hüsteln zu hören.
    »Ich muss Euch sprechen, Monna Bartoldi«, rief er. »Es ist wichtig. Öffnet bitte!«
    Die Tür öffnete sich einen Spalt. Hinter einer Ölfunzel lugte ein verwittertes Frauengesicht misstrauisch hervor.
    »Ich lasse niemanden herein, wenn es dunkel ist. Wer ehrliche Absichten hat, kann seine Besuche tagsüber abstatten.«
    »Aber da seid Ihr doch mit Eurem Karren unterwegs«, erwiderte Marco. »Wenn es stimmt, was die Leute sagen, gibt es kaum eine fleißigere Frau in ganz Venedig!«
    »Hab mich nie groß darum gekümmert, was die Leute sagen.« Der Spalt wurde breiter. Seine Schmeichelei schien auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. »Außerdem ist das so gut wie vorbei. Die besten Tavernen liegen nun mal in San Polo. Und dorthin kann ich nicht mehr, jetzt, wo die Brücke abgebrannt ist.«
    »Ich fühle mit Euch.« Marco legte die Hand auf sein Herz. »Und ich bin unter anderem hier, um Euch diesen Ausfall zu versüßen.« In seiner anderen Hand blitzte eine Silbermünze.
    Gichtige Finger schnellten gierig nach vorn, Marco jedoch war flinker gewesen. Die Silbermünze war wieder verschwunden.
    »Ich kenne solche wie Euch«, sagte sie klagend. »Ihr wollt eine arme alte Frau narren! Ich bin enttäuscht von Euch, Messèr …«
    »Bellino«, ergänzte Marco rasch. »Und meine Absichten könnten ehrlicher nicht sein. Der Admiral schickt mich, und ich darf mich mit Fug und Recht als seine rechte Hand bezeichnen. Lasst Ihr mich nun eintreten?«
    Ihre Miene war noch immer voller Argwohn, als sie ihn hereinließ, doch dieses Argument schien seine Wirkung zu tun.
    Es war ein Raum, wie er kärglicher kaum hätte sein können. Eine ramponierte Truhe, ein wackliger Tisch, auf dem sie die Funzel abstellte, zwei uralte Hocker. In der Ecke war ein Lager aus dünnem Stroh aufgehäuft, das schmutzig wirkte. Es war keine Armut, die rührte und zur Mildtätigkeit aufrief. Marco hatte plötzlich das schlechte Aroma von Faulheit und Verschlagenheit in der Nase.
    »Nehmt Platz«, sagte sie. »Im Sitzen redet es sich besser.«
    Vorsichtig ließ er sich auf einem der Hocker nieder.
    »Ich werde Eure kostbare Zeit nicht lange beanspruchen«, begann er und bereute im gleichen Augenblick, dass er nichts mitgebracht hatte, um ihre Zunge zu lockern. Sie musste Trinkerin sein, das verriet der säuerliche Geruch, den sie bei jeder Bewegung verströmte.
    »Ich bin allein«, sagte sie. »Und bekomme nur selten Besuch. Zeit habe ich also in Hülle und Fülle.« Ihr Blick glitt über seine helle Schecke, die gut sitzenden Hosen, die hohen, rötlichen Stiefel. »Ihr passt nicht in unsere ärmliche Gegend. Weshalb sei Ihr hier?«
    »Wo wart Ihr am Tag des großen Brands?« Marco beugte sich leicht nach vorn und fixierte sie.
    »Hie und da.« Sie schniefte. »Ich dachte, am Feiertag könnte ich besonders gute Geschäfte machen, wenn ich meine übliche Runde drehe. Aber so war es anfangs leider ganz und gar nicht: Alle sind sie zur Piazza gerannt, um den Dogen reden zu hören. Kaum einer wollte mein Wasser kaufen.«
    »Wart Ihr auch bei der Taverne ippocampo?«, fragte Marco weiter.
    Sie zögerte.
    »Ja«, sagte sie schließlich.
    »War sonst noch jemand da?«
    »Milla, dieses dreiste Gör, das nicht weiß, was sich gehört. Weggeschickt hat sie mich wie eine Bettlerin. Dabei schleppe ich Woche für Woche mein Wasser zu ihnen!«
    »Und dann seid Ihr auch gegangen?«
    »Aber nur ein kleines Stück. Mein Karren war schwer wie Blei, weil noch so wenig verkauft war, dass ich es äußerst mühsam fand, ihn weit zu schieben. Irgendwie habe ich auf ein besseres Geschäft gehofft. Deshalb hab ich mich auf einen Stein in den Schatten gesetzt

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