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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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blaugrüne Wasser der Lagune, wie sie aus eigener Erfahrung wusste, hatte er eine stattliche Insel platziert.
    Milla beugte sich tiefer über die Karte, um jeden Irrtum auszuschließen, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte.
    Erschrocken fuhr sie herum.
    Lucas Augen waren dunkler als sonst, die Lippen hatte er zusammengepresst.
    »Was machst du da?«, fragte er.
    »Nichts!«, erwiderte sie verlegen. »Ich bin hier nur, weil dein Onkel plötzlich wegmusste. Einer der Arbeiter hat sich verletzt.«
    »Raimondo hat noch einmal Glück gehabt.« In seiner Stimme lag Schärfe. »Kommst du?«
    »Warte!«, sagte Milla. »Du darfst nicht glauben, dass ich …«
    Er drehte sich um, als sei er an ihren Ausführungen nicht weiter interessiert. Doch als sie ihm wie benommen ins Helle folgte, erkannte Milla an seiner verkrampften Haltung, wie sehr es in ihm arbeitete.
    »Mein Onkel wollte unbedingt, dass du dabei bist«, sagte Luca, als sie am Kanal angelangt waren.
    »Und du?«, fragte Milla.
    Er zuckte die Achseln, als würde er es inzwischen bedauern.
    »Du kommst genau richtig«, rief Alisar. »Es geht gleich los!«
    Der Blick, mit dem sie Milla musterte, war allerdings eher prüfend als freundlich. Sogar der Kater war wieder aufgetaucht, blieb jedoch auf Distanz zu Milla und lief stattdessen zu Luca.
    Zwei Männer schickten sich an, die grüne Gondel vom Stapel zu lassen. Bevor ihr Bug das Nass berührte, ließ ein Handzeichen Marins sie innehalten.
    »Wir danken dem Wasser«, sagte er. »Unsere Mutter, die uns schützt und nährt. Die uns trägt, auch wenn sie die Macht zur Vernichtung besitzt.«
    Geschmeidig glitt die Gondel in den Kanal.
    »Ein Gefäß, geschaffen von Menschenhand, trifft auf das älteste und edelste der Elemente. Ein Wunder, wenn du so willst!«, fuhr Marin fort.
    Milla sah nicht zum ersten Mal, wie ein Boot zur Jungfernfahrt ins Wasser gelassen wurde. Die feierlichen Worte jedoch ließen sie nachdenklich werden. Hatte ihr Vater nicht ganz Ähnliches über das Feuer gesagt, das die Macht besaß zu transformieren und damit das edelste aller Elemente sei?
    Luca und Marin standen so nah nebeneinander, dass sich ihre Schultern fast berührten. Wenn man sich anstrengte, konnte man sogar eine gewisse Ähnlichkeit entdecken. Sicherlich brannte er darauf, seinem Großonkel zu erzählen, dass er sie vor der Karte ertappt hatte, während er sie seitdem wie Luft behandelte.
    Millas Ärger wuchs.
    Was konnte sie schon dafür?
    Eine Milla Cessi schnüffelte nicht. Aber sie schaute auch nicht weg, wenn ihr etwas geradezu vor die Füße purzelte. Am liebsten hätte sie ihm das und noch viel mehr an den Kopf geworfen, doch Marins und besonders Alisars Gegenwart hielt sie davon ab.
    Mit einem Mal fühlte sich Milla unbehaglich und fremd unter diesen Leuten.
    »Ich muss los«, murmelte sie.
    »Luca wird dich zurückrudern«, sagte Marin.
    »Nicht nötig«, rief Milla, die sich im Augenblick nichts mehr wünschte, als festen Boden unter den Füßen zu haben – falls in einer Stadt, die auf unzähligen, tief ins Meer gerammten Pfählen erbaut war, überhaupt die Rede davon sein konnte. »Bemüht euch nicht. Ich bin schon weg!«
    Keuchend hielt sie später vor einem kleinen Stichkanal inne. An ein Weiterkommen war nicht zu denken, es sei denn, sie wäre ans gegenüberliegende Ufer geschwommen. Anstatt sich auf den unbekannten Weg zu konzentrieren, hatte sie immer wieder an Lucas Gesicht denken müssen, verändert vom Zorn. Und so hatte sie sich prompt verlaufen.
    Wo war sie hier gelandet?
    Glucksend schlug das dunkle Wasser gegen die Fundamente der Häuser. Von den ersten Fensterreihen trennte es nicht mehr als ein paar Ellen. Wie beharrlich es doch ist, dachte Milla. Ohne feste Form und dennoch unerbittlich.
    Was, wenn es weiter steigen würde?
    Die Sonne war fast versunken, vorabendliche Kühle breitete sich rasch aus. Milla sah sich nach allen Seiten um, doch keines der umliegenden Gebäude erschien ihr vertraut.
    Unschlüssig ging sie die schmale Calle zurück, bog dann in die nächste ein und reckte den Kopf.
    Irgendwo, gerade noch in Sichtweite, glaubte sie den Canal Grande glitzern zu sehen. Von dort aus müsste es einfacher sein, sich wieder zurechtzufinden. Obwohl Milla müde war, nahm sie alle Kraft für einen Spurt zusammen, um endlich diesen Luca aus dem Kopf zu bekommen.
    Auf der breiten Wasserstraße, die sie schließlich erreichte, schimmerten letzte Goldflecken. Der Gondelverkehr war

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