Feuer und Glas - Der Pakt
würde?
»Was willst du?«, fragte sie missmutig.
»Schau doch nur, was ich für deine Mutter habe – wie die Königin der Nacht wird sie darin aussehen!« Seine klobigen Hände zerrten einen Ballen auf den Tisch. Es war leuchtend blaue Seide, so zart und fein gesponnen wie Alisars kostbare Gewänder.
»Woher hast du das?«, entfuhr es Milla.
»Gekauft, was sonst?« Sein Lachen hatte plötzlich etwas Unsicheres. »Für deine Mutter ist mir nichts aufwändig und teuer genug, das weißt du doch!«
Für einen Augenblick bekam sie Lust, ihm mitten ins Gesicht zu schleudern, dass die scuola längst eine andere Familie in ihrem ehemaligen Haus auf Murano einquartiert hatte und er seine Hoffnungen auf schnelles Geld besser begraben sollte. Dann aber entschied sie sich, den Mund zu halten. Besser, ihn noch weiter schmoren zu lassen, damit die Enttäuschung später umso schmerzlicher ausfiel!
»Wir haben heute Distelrisotto«, sagte sie, ohne eine Miene zu verziehen. »Soll ich dir das bringen?«
Salvatore musterte sie, als könnte er sich keinen rechten Reim darauf machen, dann zeigte er ein schiefes Grinsen.
»Warum nicht?«, rief er. »Was aus den Töpfen deiner Mutter kam, hat meinen Magen bislang stets nur aufs Angenehmste gekitzelt …« Plötzlich brach er ab und wurde ganz fahl.
»Was ist los?«, fragte Milla. »Hast du einen Geist gesehen?«
»Hab ich«, murmelte Salvatore. »Dieser Mann dort drüben – er arbeitet im Arsenal, ganz, ganz oben!« Sein Kinn wies zu Marco, der an einem der vorderen Tische saß.
»Du kennst ihn?« Unwillkürlich hatte auch Milla die Stimme gesenkt.
Salvatore wirkte plötzlich ganz alt, sein Gesicht wie eingefallen.
»Der Handlanger des Alten«, zischte er. »Einer, der dir im Handumdrehen die größten Unannehmlichkeiten bereiten kann!«
Sie verstand kein Wort, inzwischen jedoch schien auch Marco auf Salvatore aufmerksam geworden zu sein.
»Dann arbeitest du unter ihm?«, fragte sie.
»Weiß der Himmel, wie es ihm gelungen sein mag, die Leiter in dieser Windeseile hinaufzuklettern! Seit ein paar Monaten gibt er die Befehle des Admirals weiter – und wir haben zu gehorchen.«
»Querini?«, rief Marco, der plötzlich neben ihnen stand. »Was machst du denn hier? Willst du deinen Ärger hinunterspülen?«
Blitzschnell schob Salvatore die Seide unter den Tisch.
»Essen, was sonst, Messèr Bellino«, sagte er unterwürfig. »Ich bin ein alter Freund des Hauses.«
Milla gab ein kurzes Knurren von sich, das Marco nicht entging.
»Ist er oft hier?«, fragte er an sie gewandt.
Sie nickte.
»Täglich?«
»In letzter Zeit – leider ja.« Milla verzog das Gesicht.
»Die Kleine übertreibt«, rief Salvatore eifrig. »Bei den paar Kröten, die unsereins mühsam verdient …«
Er erstarrte, als Marco unter den Tisch griff und die Seide hervorzog.
Prüfend griff Marco hinein.
»Welch erlesener Geschmack! Wie stellst du das nur an, Querini, bei deinen paar Kröten? Du musst ein wahrer Meister der Finanzen sein!« Sein Gesicht wirkte plötzlich angespannt. »Ein Geschenk für die Kleine? Willst du sie damit vielleicht becircen?«
Er war eifersüchtig! Milla hätte fast lauthals herausgelacht.
»Doch nicht für mich! Meiner Mutter macht er den Hof.« Sie genoss jedes Wort. »Dabei hat sie bereits einen Ehemann. Doch Salvatore gibt die Hoffnung trotzdem nicht auf, nicht wahr?«
Mit strahlendem Lächeln wandte sie sich Marco zu.
»Was kann ich dir bringen?«, fragte sie. »Unser köstliches Risotto mit frischen Artischocken?«
Marco nickte, und obwohl Salvatores Augen Blitze sprühten, raffte er schweigend die Seide zusammen und verließ die Taverne.
Milla seufzte erleichtert.
»Du magst ihn nicht«, sagte Marco. »Das trifft sich gut. Ich schaue ihm auch genau auf die Finger. Offenbar aber noch nicht genau genug.« Jetzt klang er so überheblich, dass Millas zart keimende Sympathie rasch wieder vertrocknete.
»Ach, merkt man das?«, fragte sie und drehte ihm den Rücken zu.
Inzwischen waren alle Plätze besetzt, und Milla musste sich beeilen, damit keiner der Gäste Grund zur Beschwerde hatte. Schweigend stellte sie das Risotto zwischendrin vor Marco ab, ebenso seinen Krug Weißwein, den er bedächtig leerte, als zögere er den Aufbruch hinaus. Sie rannte und schleppte, und Ysa kam aus der Küche geeilt, um sie zu unterstützen.
Als sie endlich Zeit zum Verschnaufen fand, läuteten die Kirchenglocken bereits die fünfte Stunde ein.
Luca!
Am liebsten wäre sie
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