Feuer und Glas - Der Pakt
Savinia musste dann erkennen, dass ihre letzte Zuflucht einzig und allein bei ihm lag. Hatte es noch einen Rest Skrupel in ihm gegeben – nach dieser Begegnung war er ausgeräumt. Er würde dafür sorgen, dass ihr nichts zustieß.
Alles Weitere lag in Gottes Hand.
Salvatore warf einen letzten Blick auf die beiden Männer, die so nah nebeneinander standen, als seien sie zusammengewachsen, dann drehte er sich um und stapfte wortlos davon.
Der Kater hatte es sich in einem Sonnenfleck im Hof gemütlich gemacht und blinzelte Milla schläfrig an, als sie die Hintertür zum ippocampo öffnen wollte.
»Bist du allein gekommen und wieder nur einmal die Vorhut?«, sagte sie und stieß gleich danach einen leisen Fluch aus, denn plötzlich schaute ihr blankes Eisen entgegen – und den Türknauf hielt sie in der Hand.
»Wie nachlässig ihr doch mit meinem kostbaren Eigentum umgeht«, sagte eine heisere Stimme neben ihr. »Das muss so schnell wie möglich aufhören!«
Ausgerechnet Cassiano!
Vergeblich mühte sich Milla damit ab, den Knauf wieder aufzustecken. Stattdessen fiel nun auch sein Gegenstück drinnen mit lautem Gepolter herunter. Als sie es erneut versuchte, stieß sie gegen ihre Einkaufskörbe. Sie fielen um, und das Wenige an Gemüse und Geflügel, das der Markt noch hergegeben hatte, ergoss sich auf den Boden. Hastig stopfte Milla es wieder zurück und schlug danach mit der flachen Hand an die Tür.
»Ich bin’s, Milla«, rief sie. »Lass mich rein!«
Savinia öffnete sofort. Als sie hinter ihrer Tochter den Vermieter erblickte, verfinsterte sich ihre Miene.
»Es wird nicht besser, wenn Ihr uns jagt, Messèr Cassiano«, sagte sie. »Wir tun ja schon, was wir können, um Euren Forderungen nachzukommen! Aber der Markt ist leer, das dürfte Euch ebenso bekannt sein wie mir. Ich weiß ja kaum noch, was ich in meine Töpfe stecken soll, und zu allem ist auch noch meine Schwägerin Ysa …«
Millas energisches Kopfschütteln brachte sie zum Verstummen.
»Dann geht betteln. Oder sucht Euch einen reichen Galan!«, rief Cassiano. »Es geht mich nichts an, wie Ihr es anstellt. Ich will mein Geld – oder ihr fliegt!«
Puntino sträubte die Schwanzhaare und stieß ein Grollen aus, was Cassiano nur noch mehr aufbrachte.
»Und solche Flohschleudern will ich hier künftig auch nicht mehr sehen! Ich hole Gift beim Apotheker. Dann ist diese Plage ein für alle Mal vorbei.«
Der Kater funkelte ihn aus schmalen Augen an. Sein Schwanz schlug hin und her, das Maul war leicht geöffnet.
»Verschwinde«, schrie Cassiano und fuchtelte vor ihm herum. »Mach, dass du weg kommst!« Er trat nach ihm.
»Das dürft ihr nicht!«, schrie Milla.
Da war der Kater schon losgesprungen und hatte seine Fänge in Cassianos Unterarm geschlagen. Der versuchte, sich zu befreien, doch das Tier ließ sich nicht abschütteln, sondern biss nur noch fester zu.
»So helft mir doch!«, schrie er. »Ich bin am Verbluten, seht ihr das nicht? Dieses gottverdammte Vieh beißt mir ja noch den Knochen durch …«
Beherzt machte Milla einen Schritt nach vorn, packte Puntino am Genick und zog seinen Kopf zurück. Er fauchte noch immer, hing aber auf einmal so starr in Millas Hand wie ein Junges im Maul der Mutter.
»Das werdet ihr büßen!« Von Cassianos Arm tropfte Blut. »Das Drecksvieh hat mir den Arm zerfetzt! Vielleicht kann der Barbier mich noch retten, die Kosten aber übernehmt natürlich Ihr, Monna Cessi, ebenso wie die Anschaffung einer neuen Schecke!«
»So lasst doch erst einmal sehen! Ich kann die Wunde auch säubern«, bot Savinia an, während Milla Puntino freigab, der wie ein Blitz in die Taverne schoss.
Cassiano wich vor ihr zurück, als käme sie direkt aus der Hölle.
»Untersteht Euch, mich anzufassen!«, rief er. »Ihr steckt doch alle miteinander unter einer Decke. Ausräuchern sollte man euch wie ein räudiges Rattennest – ja, ginge es nicht um meine Taverne, so wäre das sicherlich das Allerbeste!«
Schimpfend verließ er den Hof.
»Jetzt haben wir ihn auch noch gegen uns. Als ob alles nicht schon schlimm genug wäre!« Savinia zog die Körbe nach drinnen und begann auszuräumen. »Mehr hast du nicht bekommen? Zum Glück sind noch Reis und Zwiebeln da, sonst könnten wir gleich zusperren!«
Milla untersuchte die ramponierte Tür.
»Cassiano wird sich schon wieder beruhigen.« Sie steckte den Knauf auf den eisernen Vierkant und rüttelte daran. Es blieb eine wacklige Angelegenheit. Ein falscher Griff – und man
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