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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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gefaltete Pergament ruhte.
    Die Wahrheit, Milla, sagte sie sich. Endlich die Wahrheit!
    Doch kaum hatte sie die Haustür aufgestoßen, um hinaufzulaufen, kam ihr bereits ihre Mutter entgegen. Savinias Gesicht war verweint, und der sonst stets ordentlich geflochtene Zopf baumelte halb aufgelöst über der linken Schulter.
    »Du hast sie gefunden?« Das Öllicht schwankte leicht in ihrer Hand.
    »Wovon sprichst du?«, fragte Milla verdutzt.
    »Ysa. Du weißt nicht, wo sie ist?«
    »Nein«, sagte Milla, während ein schrecklicher Gedanke in ihr aufstieg. »Sie war nicht im ippocampo ? «
    »Natürlich!« Savinias helle Augen weiteten sich. »Sie hat mir geholfen, wie jeden Abend. Von ihr wusste ich auch, dass du dich nicht gut gefühlt hast und dich ein wenig zu Hause ausruhen wolltest. Doch dann hat jemand sie gerufen. Ysa ist hinausgegangen – und kam nicht mehr zurück. Ich hab schon überall nach ihr gesucht. Aber sie ist wie vom Erdboden verschluckt. Wo kann sie nur sein? Ich habe solche Angst, Milla!«
    Sie hatten Ysa!
    Milla senkte den Kopf, die Hände zu Fäusten geballt, um nicht laut aufzuschreien. Waren es die Wasserleute gewesen, um Leandros einzige Schwester zum Reden zu bringen?
    Ein Gedanke, für den zunächst vieles sprach.
    Schnell jedoch zogen Zweifel in ihr auf. Die Feuerleute, die sie seit ihrer Verschleppung ins Arsenal in ganz neuem Licht sah, konnten ebenso zu diesem drastischen Mittel gegriffen haben. Bis zum Fest von San Marco blieb Milla nur noch eine kurze Frist.
    Was aber, wenn der Alte niemals daran gedacht hatte, sich an die Abmachungen zu halten?
    Selbst wenn Milla dem Admiral die Gondel verschaffte, konnte er tun, was immer ihm beliebte, und dazu gehörte auch, sich unliebsamer Mitwisser zu entledigen. Jeder, von dem er etwas in dieser Richtung zu befürchten hatte, war am sichersten auf dem Grund eines stillen Kanals aufgehoben – das galt erst recht für sie.
    Zuerst überlief sie eine Gänsehaut – doch dann fühlte sie plötzlich eine große innere Ruhe. Das Schlimmste bis in alle Einzelheiten durchzudenken, hatte ihr Vater einmal gesagt, kann eine große Hilfe sein. Denn auf diese Weise bist du in der Lage, im Augenblick der Gefahr ohne Angst zu handeln.
    »Ysa wird zurückkommen.« Sanft berührte Milla die zitternde Hand ihrer Mutter. »Du musst dich nicht aufregen.«
    »Du redest, als hättest du ein Herz aus Stein!«
    »Nein«, widersprach Milla. »Mein Herz ist aus Feuer. Und wer ihm unerlaubt zu nah kommt, wird sich jämmerlich daran verbrennen!«
    Kaum hatte Salvatore das Tor zu Donatos Werkstatt aufgestoßen, hätte er am liebsten auf der Stelle wieder kehrtgemacht. Vor vielen Jahren, als pickliger Halbwüchsiger, hatte er schon einmal hier vorgesprochen, um sich eine Abfuhr abzuholen, an der er lange zu kauen gehabt hatte.
    »Gondelbau ist eine Kunst«, hatte Donato ihm damals geantwortet. »Diese Fähigkeit vererbt sich von Generation zu Generation und muss daher in der Familie bleiben.«
    »Aber Ihr habt keinen eigenen Sohn, maestro «, hatte er damals zu entgegnen gewagt. »Das weiß ganz Dorsoduro. Deshalb dachte ich, ich könne vielleicht …«
    Bis heute hatte Salvatore das Licht nicht vergessen, das plötzlich in giftigem Gewitterblau um Marin aufgeleuchtet hatte, als wollte er ihm damit den eigenen Mangel noch deutlicher bewusst machen.
    »Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten, Junge!« Die Antwort war wie ein Schlag in die Magengrube gewesen. »Einen wie dich, der nicht einmal weiß, wer sein Vater ist, kann ich unmöglich als Lehrling annehmen. Das hab ich schon deiner Mutter gesagt, als sie vor ein paar Tagen zu mir betteln kam. Hat sie dir nicht die Geldkatze gezeigt, die ich ihr mitgegeben habe? Mehr kann ich für euch nicht tun. Und jetzt lass mich weiterarbeiten!«
    Kurz blitzte in Salvatore ein hohlwangiges Gesicht mit übergroßen schwarzen Augen auf. Rosanna Querini war schön gewesen, als er ein kleiner Junge war. Bald jedoch wurden ihre Haare dünn, sie bekam nässende Stellen auf der Haut und verlor immer mehr Zähne. Die Freier blieben aus, die allabendlich zu ihr ins Zimmer geschlichen waren – und mit ihnen das Geld. Auch Marin Donato, der sie früher regelmäßig besucht hatte, zeigte sich nie mehr wieder. Sie musste sich als Wäscherin verdingen, bekam einen krummen Rücken, gichtige Hände, wurde müde und immer schwächer.
    Als man Rosanna in ein Armengrab legte, war er gerade fünfzehn.
    Die Zeiten haben sich geändert, sagte sich

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