Feuer Und Stein
die Pferde schienen
die Dringlichkeit zu spüren; als wir die Hauptstraße erreichten, galoppierten wir beinahe.
In der Nähe eines Kreuzwegs, an dem ein Piktenstein stand, zügelte Dougal die Pferde. Er stieg ab, faßte die Zügel und band sie locker an einen jungen Baum. Dann half er mir aus dem Sattel und verschwand im Gebüsch, wobei er mir bedeutete, ihm zu folgen.
Ich ging hinter ihm bergan, duckte mich, als die Zweige, die er aus dem Weg schob, zurückschnellten. Der Hang war dicht mit Eichen und Kiefern bewachsen. In dem Wäldchen zur Linken hörte ich Meisen und weiter entfernt keckernde Eichelhäher. Das Gras war von saftigem Frühsommergrün.
Der intensive Duft verursachte mir fast Halsschmerzen. Natürlich war mir der Geruch des Frühlings nicht neu. Aber damals war das Aroma von Kiefern und Gras abgeschwächt durch die Abgase von der Straße, und statt Eichelhähern hatten Tagesausflügler gerufen; statt Malvenblüten und Veilchen hatten Butterbrotpapier und Zigarettenkippen den Boden übersät. Butterbrotpapier - das schien mir ein reeller Preis für die Segnungen der Zivilisation, doch im Moment war ich bereit, mich mit Veilchen zu begnügen. Ich brauchte dringend ein bißchen Frieden, und hier konnte ich ihn finden.
Knapp unterhalb der Kuppe des Berges wandte sich Dougal plötzlich zur Seite und verschwand in einem Ginsterdickicht. Ich zwängte mich hinterher. Als ich Dougal erreichte, saß er auf der flachen steinernen Einfassung eines kleinen Teiches. Ein verwitterter Steinblock, in dessen Oberfläche eine menschliche Gestalt geritzt war, ragte schief hinter ihm auf. Dies mußte eine Stätte der Heiligenverehrung sein. Solche Schreine waren über das ganze Hochland verstreut, und sie lagen oft an abgeschiedenen Orten. Aber selbst hier oben sah ich Überbleibsel der Votivgaben von Besuchern, die um Gesundheit oder eine sichere Reise gebeten haben mochten.
Dougal nickte, als ich auftauchte. Er bekreuzigte sich und schöpfte etwas Wasser aus dem Teich. Das Wasser hatte eine merkwürdig dunkle Farbe und einen üblen Geruch - wahrscheinlich handelte es sich um eine Schwefelquelle. Ich hatte Durst, und so folgte ich Dougals Beispiel. Das Wasser schmeckte ein wenig bitter, aber es war angenehm kühl und durchaus nicht ungenießbar. Ich trank davon und besprengte mir dann das Gesicht. Die Straße war staubig gewesen.
Ich blickte auf und stellte fest, daß Dougal mich mit einem seltsamen
Ausdruck musterte. Irgend etwas zwischen Neugier und Berechnung, dachte ich.
»Ziemlich weiter Aufstieg für einen Schluck Wasser, wie?« fragte ich leichthin. Wir hatten Feldflaschen am Sattel, und ich bezweifelte, daß Dougal vom Schutzheiligen der Quelle unsere wohlbehaltene Rückkehr erflehen wollte. Er schien mehr an weltlichere Methoden zu glauben.
»Wie gut kennen Sie den Hauptmann?« fragte er abrupt.
»Nicht so gut wie Sie«, antwortete ich barsch. »Außer heute bin ihm nur einmal begegnet, und das rein zufällig. Wir sind nicht gerade prächtig miteinander ausgekommen.«
Überraschenderweise hellte sich Dougals strenge Miene ein bißchen auf.
»Ich kann auch nicht behaupten, daß ich den Mann sonderlich schätze«, sagte er, während er mit den Fingern auf die Einfassung der Quelle trommelte. »Manche halten jedoch große Stücke auf ihn«, fuhr er fort. »Nach allem, was man dort hört, soll er ein tapferer Soldat und guter Kämpfer sein.«
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Da ich kein englischer General bin, beeindruckt mich das wenig.« Dougal lachte. Das Geräusch störte drei Krähen auf, und sie flatterten protestierend davon.
»Spionieren Sie für die Engländer oder für die Franzosen?« fragte Dougal, erneut das Thema wechselnd. Immerhin war er zur Abwechlung einmal direkt.
»Natürlich nicht«, sagte ich ungehalten. Ich tauchte mein Taschentuch ins Wasser und wischte mir den Hals ab. Kleine erfrischende Rinnsale rannen mir unter dem grauen Serge meines Reisegewands den Rücken hinunter.
Dougal schwieg mehrere Minuten.
»Sie haben Jamies Rücken gesehen«, sagte er plötzlich.
»Das ließ sich kaum vermeiden«, erwiderte ich frostig. Ich hatte es aufgegeben, mir zu überlegen, was Dougal mit diesen zusammemhanglosen Fragen bezweckte. Vermutlich würde er es mir zu gegebener Zeit selbst verraten. »Sie meinen wohl, ob ich wußte, daß es Randall war? Sie wußten das ja sicher schon.«
»Richtig«, antwortete Dougal und betrachtete mich gelassen, »aber daß Sie es wußten, ist mir
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