Feuer Und Stein
neu.«
Ich zuckte die Achseln, und das sollte heißen, daß es Dougal herzlich wenig anging, was ich wußte und was nicht.
»Ich war dabei«, sagte er beiläufig.
»Wo?«
»In Fort William. Ich hatte in der Garnison zu tun. Der Schreiber dort wußte, daß Jamie mit mir verwandt ist, und benachrichtigte mich, als er in Gewahrsam genommen wurde. Und so ging ich hin, um zu sehen, was ich für ihn tun konnte.«
»Offenbar hatten Sie keinen großen Erfolg«, sagte ich sarkastisch.
Dougal zuckte die Achseln. »Nein, leider nicht. Randall war damals gerade zum Kommandanten ernannt worden. Er kannte mich nicht und war nicht sehr geneigt, auf mich zu hören. Ich dachte mir, er wollte ein Exempel an Jamie statuieren, um allen von Anfang an zu zeigen, daß von ihm keine Milde zu erwarten sei. Das ist ein durchaus vernünftiger Grundsatz, wenn du Männer zu befehligen hast. Verschaffe dir Respekt. Und wenn du das nicht zuwege bringst, dann lehre sie das Fürchten.«
Ich erinnerte mich an den Gesichtsausdruck von Randalls Korporal und glaubte zu wissen, welche Methode der Hauptmann gewählt hatte.
Dougals tiefliegende Augen waren interessiert auf mich gerichtet.
»Sie wußten also, daß es Randall war. Hat Ihnen Jamie davon erzählt?«
»Ein bißchen«, antwortete ich vorsichtig.
»Er muß eine hohe Meinung von Ihnen haben«, sagte Dougal versonnen. »Im allgemeinen spricht er mit niemandem darüber.« »Ich habe keine Ahnung, warum nicht«, erwiderte ich gereizt. Ich hielt immer noch jedesmal den Atem an, wenn wir in einen neuen Gasthof kamen, bis feststand, daß außer Trinken und Reden nichts auf dem Programm stand. Dougal grinste zynisch - er ahnte wohl, was ich dachte.
»Nun, es war ja nicht nötig, es mir zu erzählen, oder? Ich wußte es ja bereits.« Dougal zog die Hand lässig durch das dunkle Wasser. »Im allgemeinen erspart man den Damen den Anblick von Auspeitschungen. Haben Sie jemals eine gesehen?«
»Nein, und ich möchte es auch nicht«, erwiderte ich schroff. »Ich kann mir durchaus vorstellen, welche Gewalt nötig ist, um solche Spuren zu hinterlassen, wie sie Jamie auf dem Rücken trägt.«
Dougal schüttelte den Kopf und bespritzte einen neugierigen Eichelhäher, der sich in die Nähe gewagt hatte, mit Wasser aus dem Teich.
»Da irren Sie sich, Mädchen, Ihre Vorstellungskraft in Ehren, aber der Anblick eines Mannes, dem die Haut vom Rücken gefetzt wird, ist doch noch etwas anderes. Eine äußerst garstige Sache - es soll den Betroffenen innerlich brechen, und meistens gelingt es.«
»Bei Jamie nicht.« Ich sagte das in schärferem Ton, als ich vorgehabt hatte. Jamie war mein Patient und bis zu einem gewissen Grad auch mein Freund. Ich wollte seine Biographie nicht mit Dougal erörtern, obwohl ich eine gewisse makabre Neugier empfand. Noch nie war ich jemandem begegnet, der offener und gleichzeitig geheimnisvoller war als der junge MacTavish.
Dougal lachte und fuhr sich mit der nassen Hand durch die Haare.
»Nun, Jamie ist so dickköpfig wie der Rest seiner Familie - die sind alle störrisch wie die Maulesel, und er ist der schlimmste.«
In Dougals Stimme lag widerwilliger Respekt. »Hat Jamie Ihnen erzählt, daß er ausgepeitscht wurde, weil er versucht hat zu fliehen?«
»Ja.«
»Er ist über die Mauer des Forts geklettert, kurz nach Einbruch der Dunkelheit. Das kam ziemlich häufig vor; die Gefängniszellen waren nicht so sicher, wie die Engländer es gerne gehabt hätten, und so ließen sie jeden Abend nahe der Mauer Soldaten patroullieren. Der Schreiber der Garnison sagte, Jamie habe sich wacker geschlagen, aber es waren sechs gegen einen, und die Soldaten hatten Musketen, darum dauerte es nicht lange. Jamie verbrachte die Nacht in Ketten und kam am nächsten Morgen sofort an die Staupsäule.« Dougal unterbrach sich und blickte mich prüfend an, wahrscheinlich, um festzustellen, ob ich gleich in Ohnmacht fallen würde.
»Auspeitschungen erfolgten unmittelbar nach dem Appell. An diesem Tag traf es drei, und Jamie war der letzte.«
»Sie haben es gesehen ?«
Dougal nickte. »Jamie sah ziemlich furchtbar aus, aber er zuckte mit keiner Wimper, lauschte sogar den Schreien und sonstigen Geräuschen - wußten Sie, daß man hören kann, wie es Haut und Fleisch zerreißt?«
»Um Gottes willen!«
»Das habe ich mir auch gedacht, Mädel«, sagte Dougal und verzog das Gesicht. »Vom Blut und den Striemen ganz zu schweigen. Pfui Teufel!« Er spuckte aus.
»Dann war Jamie an der Reihe,
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