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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hatte es ebenso sicher nicht gewollt. Mit diesem Eid erklärte Jamie sich zum Mitglied des MacKenzie-Clans
und damit auch zu einem potentiellen Anwärter auf die Rolle des Burgherrn. Weigerte er sich, so riskierte er Gewalttätigkeiten oder den Tod; fügte er sich, so riskierte er, wenn auch nicht so augenfällig, dasselbe.
    Da er die Gefahr erkannte, hatte er sich klugerweise dafür entschieden, der Zeremonie fernzubleiben. Und als ich ihn mit meinem gescheiterten Fluchtversuch an den Rand des Abgrunds zurückholte, hatte er seinen Fuß entschlossen auf ein sehr schmales Seil gesetzt und war hinübergegangen. Je suis prest , in der Tat.
    Jamie nickte. »Ja. Hätte ich an diesem Abend meinen Eid geschworen, dann hätte ich den Morgen wohl nicht mehr erlebt.«
    Mir wurde schwach bei dieser Vorstellung, und bei dem Wissen, daß ich Jamie nichtsahnend in eine solche Gefahr gebracht hatte. Das Messer über dem Bett schien mir plötzlich eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme. Ich fragte mich, wie viele Nächte er auf Burg Leoch bewaffnet geschlafen haben mochte.
    »Ich schlafe immer bewaffnet, Sassenach«, erklärte Jamie, obwohl ich kein Wort gesagt hatte. »Von der Zeit im Kloster einmal abgesehen, war die vergangene Nacht die erste seit Monaten, wo ich nicht mit dem Dolch in der Hand geschlafen habe.« Er grinste; offenbar erinnerte er sich daran, was er statt dessen in der Hand gehabt hatte.
    »Woher weißt du, was ich denke, verdammt?« fragte ich, Jamies Grinsen ignorierend. Er schüttelte gutmütig den Kopf.
    »Du wärst eine sehr schlechte Spionin, Sassenach. Alles, was du denkst, zeigt sich deutlich in deinem Gesicht. Du hast meinen Dolch angeschaut, und dann bist du errötet.« Jamie betrachtete mich prüfend. »Ich habe dich gestern um Ehrlichkeit gebeten, aber es war eigentlich nicht nötig; du kannst gar nicht lügen.«
    »Da bin ich aber froh«, bemerkte ich ein wenig indigniert. »Darf ich daraus schließen, daß wenigstens du mich für keine Spionin hältst?«
    Jamie gab keine Antwort. Er spähte über meine Schulter hinweg zum Gasthof, sein Körper war plötzlich so straff wie eine Bogensehne. Ich war einen Moment lang verwirrt, doch dann hörte ich die Geräusche, die Jamies Aufmerksamkeit erregt hatten, Hufschlag und das Klimpern von Geschirr: Eine große Gruppe Berittener näherte sich dem Gasthof.
    Jamie kroch vorsichtig hinter ein Gebüsch; von dort aus hatte
er einen guten Ausblick auf die Straße. Ich raffte die Röcke und folgte ihm so leise, wie ich nur konnte.
    Die Straße machte eine scharfe Biegung um eine Felsnase und führte dann in sanfteren Kurven zu der Senke, in der der Gasthof lag. Der Morgenwind wehte die Geräusche der Reiter in unsere Richtung, aber es dauerte ein, zwei Minuten, bis das erste Pferd in Sicht kam.
    Die Gruppe bestand aus zwanzig bis dreißig Männern, von denen die meisten Lederhosen und die verschiedensten Tartans trugen. Alle waren gut bewaffnet. An den Sattel eines jeden Pferdes war mindestens eine Muskete geschnallt, und man sah reichlich Pistolen, Dolche und Degen; darüber hinaus mochten auch noch Waffen in den großen Satteltaschen der vier Packpferde verborgen sein. Sechs Männer führten weitere Pferde mit, ungesattelt und ohne Last.
    Trotz ihrer kriegerischen Ausrüstung wirkten die Leute entspannt; sie plauderten und lachten, obwohl sich dann und wann ein Kopf hob und wachsam in die Umgebung spähte. Ich kämpfte den Drang nieder, mich zu ducken, als der Blick eines Mannes über die Stelle wanderte, an der wir uns versteckt hatten; es schien, daß er den Glanz der Sonne auf Jamies Haaren sehen mußte.
    Ich schaute auf und entdeckte, daß auch Jamie darauf gekommen war.; er hatte sein Plaid über Kopf und Schultern gezogen. Unter dem unauffälligen Jagdmuster wirkte er nun wie ein Teil des Gesträuchs. Als der letzte Mann auf den Hof vor dem Gasthaus geritten war, zog Jamie das Plaid fort und kehrte auf den Weg zurück, der bergan führte.
    »Weißt du, was das für Leute sind?« keuchte ich, während ich Jamie durchs Heidekraut nachstapfte.
    »O ja.« Jamie nahm den steilen Pfad wie eine Bergziege. Er blickte zurück, merkte, wie mühsam ich vorankam und streckte die Hand aus, um mir zu helfen.
    »Das ist die Wache«, sagte er. »Wir haben nichts zu befürchten, aber wir sollten uns lieber ein Stück von ihr absetzen.«
    Ich hatte schon von der berühmten Schwarzen Wache gehört, jener inoffiziellen Polizeitruppe, die im schottischen Hochland Ordnung hielt,

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