Feuer Und Stein
du es nicht warst!« Das klang vielversprechend. Jamie nickte.
»Ja. Obwohl das Wort eines Deserteurs gewiß nicht viel zählen
würde. Aber es wäre ein Anfang. Wenigstens würde ich dann selber erfahren, wer es war. Und ich … nun, ich sehe keine Möglichkeit, nach Lallybroch zurückzukehren; aber immerhin wäre es angenehm, wenn ich mich wieder frei auf schottischem Boden bewegen könnte, ohne Gefahr zu laufen, aufgeknüpft zu werden.«
»Das scheint mir eine gute Idee zu sein«, sagte ich trocken. »Aber wo kommen die MacKenzies ins Spiel?«
Es folgte eine ziemlich umfangreiche und komplizierte Analyse von Familienbeziehungen und Clanbündnissen, doch als sich der Nebel lichtete, stellte sich heraus, daß Francis MacLean mit den MacKenzies in Verbindung stand und Colum über Horrocks unterrichtet hatte; Colum wiederum hatte Dougal ausgeschickt, um Jamie zu treffen.
»So kam es, daß er in der Nähe war, als ich verwundet wurde«, erklärte Jamie. Er unterbrach sich und blinzelte in die Sonne. »Später habe ich mir überlegt, ob er es vielleicht getan hat.«
»Dich mit der Axt umgemäht? Dein eigener Onkel? Aber warum, um alles in der Welt?«
Jamie zog die Stirn kraus, als überlegte er, was er mir verraten dürfe; dann zuckte er die Achseln.
»Ich habe keine Ahnung, wieviel du über den MacKenzie-Clan weißt«, sagte er, »aber sicher kann man nicht tagelang Seite an Seite mit dem alten Ned Gowan reiten, ohne etwas darüber zu erfahren. Auf dieses Thema kommt er immer zu sprechen, er kann gar nicht anders.«
Ich lächelte statt einer Antwort, und Jamie nickte. »Nun, du hast Colum mit eigenen Augen gesehen. Jedem Menschen ist klar, daß er nicht alt werden wird. Und Hamish zählt kaum acht Jahre; er wird frühestens mit achtzehn in der Lage sein, einen Clan zu führen. Was also geschieht, wenn Colum stirbt, ehe Hamish soweit ist?« Jamie schaute mich fragend an.
»Dann wird Dougal wohl Burgherr«, sagte ich langsam. »Zumindest, bis Hamish alt genug ist.«
»Aye.« Jamie nickte erneut. »Aber Dougal ist nicht aus demselben Holz geschnitzt wie Colum, und es gibt so manchen im Clan, der ihm die Gefolgschaft verweigern würde, wenn es eine andere Möglichkeit gäbe.«
»Ich verstehe«, sagte ich. »Und diese andere Möglichkeit bist du.«
Ich betrachtete Jamie und mußte zugeben, daß er wirklich eine Alternative darstellte. Er war der Enkel des alten Jacob; in seinen Adern floß, wenn auch nur von mütterlicher Seite, MacKenzie-Blut. Ein großer, gutaussehender und wohlgeformter junger Mann, der intelligent war und das familieneigene Geschick im Umgang mit Menschen geerbt hatte. Er hatte in Frankreich gekämpft und seine Fähigkeit bewiesen, Leute im Gefecht zu führen; ein wichtiger Gesichtspunkt. Selbst das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld brauchte kein unüberwindliches Hindernis zu sein - wenn er Burgherr war.
Die Engländer hatten schon genug Probleme in den Highlands: ständige Unruhen, Raubzüge im Grenzland, miteinander verfeindete Clans. Sie würden schwerlich einen großen Aufstand risikieren wollen, indem sie das Oberhaupt eines bedeutenden Clans eines Mordes bezichtigten, den die Clanangehörigen nicht einmal für einen Mord halten würden.
Irgendeinen obskuren Fraser aufzuhängen, ging ja noch an, Burg Leoch zu stürmen und das Oberhaupt des MacKenzie-Clans mitzuschleifen, um ihn der englischen Justiz auszuliefern - das war undenkbar.
»Willst du denn Burgherr werden, wenn Colum stirbt?« fragte ich. Das war schließlich ein Ausweg für Jamie, obwohl ich argwöhnte, daß dieser Weg seine eigenen, nicht unbeträchtlichen Hindernisse barg.
Jamie lächelte. »Nein. Selbst wenn ich mich dazu berechtigt fühlte - was ich nicht tue -, würde es den Clan spalten und Dougals Leute gegen die aufbringen, die mir Gefolgschaft leisten wollen. Ich bin nicht versessen auf Macht, wenn dafür Blut vergossen werden muß. Nur können Dougal und Colum das nicht mit Sicherheit wissen, oder? Und so könnten sie es vorziehen, mich zu töten, als diese Gefahr auf sich zu nehmen.«
Stirnrunzelnd dachte ich darüber nach. »Aber du könntest Dougal und Colum doch sagen, daß du nicht die Absicht hast… oh.« Ich blickte voll Respekt zu Jamie auf. »Das hast du ja bereits getan. Beim Eid.«
Ich hatte damals schon gedacht, wie gut er eine gefährliche Situation meisterte; jetzt erkannte ich erst, wie gefährlich sie gewesen war. Die Clanangehörigen hatten sicher gewollt, daß er seinen Eid leistete, und Colum
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