Feuer Und Stein
Bett. Dann verharrte er geduckt bei der Tür, kaum sichtbar im matten Licht.
Er lauschte, inspizierte rasch die Kammer, schlich lautlos von der Tür zum Fenster und vom Fenster wieder zum Bett. Sein Arm war so angewinkelt, daß ich eine Waffe in seiner Hand vermutete, obwohl ich im Halbdunkel nicht sah, was es war. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß keine Gefahr drohte, setzte er sich neben mich und legte die Waffe in ihr Versteck über dem Kopfteil des Bettes zurück.
»Geht es dir gut?« flüsterte er. Mit den Fingern strich er mir über die feuchte Wange.
»Ja. Es tut mir leid, daß ich dich geweckt habe. Ich hatte einen Alptraum. Was, um alles in der Welt -« Ich wollte ihn fragen, warum er so plötzlich aus dem Bett gesprungen war.
Doch eine große, warme Hand fuhr mir über den bloßen Arm und ließ mich nicht dazu kommen. »Kein Wunder, du bist ja ganz kalt.« Die Hand schob mich unter den Deckenstapel und an den warmen Platz, den Jamie vorhin geräumt hatte. »Meine Schuld«, murmelte er. »Ich habe alle Decken genommen. Bin es, fürchte ich, noch nicht gewohnt, mit jemandem das Bett zu teilen.« Er schlug uns behaglich in die Decken ein und legte sich zurück. Einen Moment später streckte er erneut die Hand aus, um mich zu berühren.
»Liegt es an mir?« fragte er. »Kannst du mich nicht leiden?«
Ich lachte kurz, nicht ganz ein Schluchzen. »Nein, es liegt nicht an dir.« Ich tastete im Dunkeln nach einer Hand, die ich drücken konnte. Meine Finger begegneten Decken und warmem Fleisch, aber schließlich hatte ich die Hand gefunden, die ich suchte. Wir lagen Seite an Seite und blickten zu der niedrigen Balkendecke auf.
»Und was wäre, wenn ich sagen würde, daß ich dich nicht leiden kann?« fragte ich unvermittelt. »Was könntest du da tun?« Das Bett knarrte, als Jamie die Achseln zuckte.
»Dougal sagt, daß du die Ehe für ungültig erklären lassen willst, weil sie nicht vollzogen wurde.«
Diesmal lachte ich richtig. »Nicht vollzogen! Angesichts all der Zeugen?«
In der Kammer war es jetzt hell genug, daß ich das Lächeln auf Jamies Gesicht sehen konnte. »Ob Zeugen oder nicht, mit Sicherheit sagen können das nur du und ich. Und ich wäre lieber verlegen als mit jemandem verheiratet, der mich haßt.«
Ich drehte mich zu Jamie. »Ich hasse dich nicht.«
»Ich dich auch nicht. Und es gibt viele gute Ehen, die mit weniger begonnen haben.« Behutsam rollte Jamie mich auf die Seite und schmiegte sich an meinen Rücken. Seine Hand schloß sich um meine Brust; nicht bittend oder fordernd, sondern weil sie dorthin zu gehören schien.
»Fürchte dich nicht«, flüsterte er. »Wir sind jetzt zu zweit.« Mir war warm, ich empfand eine große innere Ruhe und fühlte mich zum ersten Mal seit Wochen geborgen. Erst als ich einschlummerte, erinnerte ich mich an das Messer über meinem Kopf und fragte mich wieder, warum ein Mann bewaffnet im Brautgemach schlief.
16
Ein schöner Tag
Die in der Nacht mühsam gewonnene Vertrautheit war, so schien es, mit dem Tau verflogen, und am Morgen waren wir beide sehr befangen. Nach dem Frühstück, das wir fast schweigend eingenommen hatten, stiegen wir den Hügel hinter dem Gasthof hinauf, wobei wir dann und wann ziemlich gezwungene Artigkeiten austauschten.
Oben ließ ich mich auf einem Baumstamm nieder; Jamie setzte sich ein, zwei Meter weiter auf die Erde. In dem Busch neben mir rührte sich ein Vogel - ein Zeisig, vermutete ich, oder eine Drossel. Ich lauschte dem Geraschel, beobachtete die kleinen flaumigen Wolken am Himmel und sann darüber nach, was sich in einer solchen Situation am ehesten schickte.
Als das Schweigen wirklich unerträglich wurde, sagte Jamie plötzlich: »Ich hoffe -«, dann unterbrach er sich und errötete.
»Ja?« fragte ich so ermutigend wie möglich.
Jamie schüttelte den Kopf. »Es ist nicht wichtig.«
»Sprich weiter.« Ich streckte einen Fuß aus und stupste zögernd Jamies Bein an. »Ehrlichkeit, du erinnerst dich?« Das war unfair, aber ich hielt sein nervöses Räuspern und seinen abgewandten Blick nicht mehr aus.
Jamie schloß die gefalteten Hände fester um die Knie und lehnte sich ein wenig nach hinten, doch er sah mich an.
»Ich wollte sagen«, fuhr er leise fort, »ich hoffe, daß der Mann, der die Ehre hatte, als erster bei dir zu liegen, so großzügig war wie du zu mir.« Jamie lächelte scheu. »Aber wenn ich’s mir recht überlege, klingt das falsch. Ich meine … nun, ich wollte im Grunde nur sagen,
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