Feuer Und Stein
daß ich dir danke.«
»Das hatte doch nichts mit Großzügigkeit zu tun!« entgegnete ich, schlug die Augen nieder und rieb energisch an einem nicht vorhandenen
Fleck auf meinem Kleid. Ein Stiefel schob sich in mein verengtes Gesichtsfeld und berührte meinen Knöchel.
»Wie war das mit der Ehrlichkeit?« fragte Jamie, und ich schaute auf und sah zwei spöttisch gewölbte Brauen und einen breit grinsenden Mund.
»Nun ja«, sagte ich abwehrend, »jedenfalls nicht nach dem ersten Mal.« Jamie lachte, und ich entdeckte zu meiner Bestürzung, wie tief ich erröten konnte.
Ein kühler Schatten fiel auf mein flammendes Gesicht, und ein großes Paar Hände ergriff die meinen und zog mich auf die Beine. Jamie nahm meinen Platz auf dem Baumstamm ein und klopfte einladend auf sein Knie.
»Setz dich«, sagte er.
Ich tat es zögernd. Jamie drückte mich an die Brust und schlang mir die Arme um die Taille. Ich spürte das beständige Pochen seines Herzens an meinem Rücken.
»Nun denn«, fuhr er fort. »Wenn wir noch nicht mühelos miteinander reden können, ohne uns zu berühren, dann müssen wir uns eben berühren. Sag mir, wenn du dich wieder an mich gewöhnt hast.« Er lehnte sich zurück und hielt mich fest, ohne zu sprechen. Er atmete ruhig, und ich spürte das Auf und Ab seiner Brust und den leichten Wind seines Atems in meinen Haaren.
»Jetzt«, sagte ich einen Moment später.
»Gut.« Jamie lockerte seinen Griff und drehte mich um, damit ich ihn anschaute. Aus der Nähe konnte ich die rostroten Bartstoppeln auf seinen Wangen und an seinem Kinn sehen. Ich fuhr mit den Fingerspitzen darüber; es fühlte sich an wie der Plüsch eines altmodischen Sofas, weich und zugleich borstig.
»Verzeihung«, sagte Jamie. »Ich konnte mich heute morgen nicht rasieren. Dougal hat mir gestern, vor der Hochzeit, ein Rasiermesser gegeben, es mir aber wieder weggenommen - wahrscheinlich, damit ich mir nach der Hochzeitsnacht nicht die Kehle durchschneiden konnte.« Jamie grinste, und ich erwiderte sein Lächeln.
Als er Dougals Namen erwähnte, erinnerte ich mich an unser Gespräch am Abend zuvor.
»Ich frage mich eines«, sagte ich. »Gestern hast du erzählt, Dougal und seine Leute hätten dich bei deiner Rückkehr aus Frankreich an der Küste abgeholt. Warum bist du mit ihm gekommen,
statt nach Hause zu gehen? Ich meine, so wie Dougal dich behandelt hat…« Ich zögerte, verstummte.
»Oh«, sagte Jamie. Ich konnte fast hören, wie er nachdachte. Er wurde sich ziemlich rasch schlüssig.
»Nun, das solltest du, glaube ich, erfahren.« Jamie runzelte die Stirn. »Ich habe dir erzählt, warum ich geächtet bin. Als ich das Fort verlassen hatte, habe ich mich eine Weile um fast nichts gekümmert. Mein Vater starb, und meine Schwester…« Jamie legte eine Pause ein, und ich spürte, wie er mit sich kämpfte. Ich drehte mich um und schaute ihn an. Sein meist heiteres Gesicht war umwölkt.
»Dougal hat mir gesagt«, fuhr er langsam fort, »meine Schwester - meine Schwester sei schwanger. Von Randall.«
»O Gott.«
Jamie betrachtete mich flüchtig und sah dann weg. Seine Augen waren so hell wie Saphire, und er blinzelte einige Male.
»Ich… ich konnte mich nicht überwinden zurückzugehen«, sagte er mit gedämpfter Stimme. »Sie wiederzusehen, nach allem, was geschehen war. Und Dougal -« Jamie seufzte, und sein Mund wurde schmal, »Dougal hat mir auch gesagt, als sie das Kind geboren hatte, hätte sie sich… na ja, sie konnte ja nicht anders, sie war allein - verflucht, ich habe sie allein gelassen! Dougal sagte also, sie hätte sich mit einem anderen englischen Soldaten zusammengetan, jemandem von der Garnison; er wüßte nicht genau, mit wem.«
Jamie schluckte; dann sprach er entschlossener weiter. »Ich habe ihr natürlich soviel Geld geschickt, wie ich entbehren konnte, aber… aber ich konnte mich nicht überwinden, ihr zu schreiben. Was sollte ich sagen?« Er zuckte hilflos die Achseln.
»Wie auch immer, nach einer Weile wurde ich des Soldatenlebens in Frankreich überdrüssig. Und ich erfuhr durch meinen Onkel Alex, er habe Kunde von einem englischen Deserteur namens Horrocks. Der Mann hatte das Heer verlassen und war in die Dienste von Francis MacLean o’Dunweary getreten. Eines Tages war er recht bezecht und hat verraten, daß er zur Garnison von Fort William gehört hatte, als ich geflohen war. Und er hätte den Mann gesehen, der damals den Unteroffizier totgeschossen habe.«
»Er könnte also beweisen, daß
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