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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hatte auch gehört, daß es noch mehr Wachen gab - jede patrouillierte auf ihrem eigenen Gebiet und sammelte für den Schutz von Herden und Ländereien »Beiträge« ein. Klienten, die im
Rückstand waren, konnten durchaus eines Morgens aufwachen und feststellen, daß ihr Vieh über Nacht verschwunden war, und niemand wußte, wo es geblieben war - jedenfalls nicht die Männer der Wache. Plötzlich ergriff mich eine irrationale Panik.
    »Die suchen doch nicht dich, oder?«
    Jamie blickte verwirrt zurück, als erwartete er, Leute den Berg hinaufklettern zu sehen, doch da war kein Mensch, und er sah mich wieder an, lächelte erleichtert und legte mir den Arm um die Taille.
    »Kaum. Zehn Pfund Sterling sind nicht genug, um eine solche Schar auf den Weg zu bringen. Und wenn sie wüßten, daß ich im Gasthof bin, wären sie nicht alle zusammen bis vor die Tür geritten.« Jamie schüttelte mit großer Entschiedenheit den Kopf. »Nein, wenn sie jemanden verfolgten, würden sie die Hinterseite des Hauses und die Fenster von ein paar Leuten bewachen lassen, ehe sie eintreten. Wahrscheinlich haben sie hier nur haltgemacht, um sich zu stärken.«
    Wir stiegen weiter, bis sich der Pfad zwischen Ginsterbüschen und Heide verlor. Schließlich erreichten wir den Gipfel eines kleinen Berges. Ringsum fielen die felsigen Hänge atemberaubend steil ab. Die meisten Orte im Hochland vermittelten mir das Gefühl, eingeschlossen zu sein, doch hier wehte unbehindert der Wind und schien die Sonne, die durch die Wolken gekommen war, wie um unsere unkonventionelle Hochzeit zu feiern.
    Ich kam mir berauschend frei vor - Dougal und der beengenden Gesellschaft seiner Leute entronnen! Ich war in Versuchung, Jamie zum Durchbrennen zu überreden, aber mein gesunder Menschenverstand siegte. Wir hatten kein Geld und keinen Proviant außer dem kleinen Imbiß, den Jamie in seiner Felltasche bei sich trug. Wenn wir bis Sonnenuntergang nicht in den Gasthof zurückkehrten, würde man uns sicher verfolgen. Und Jamie konnte zwar den ganzen Tag klettern, ohne daß ihm der Schweiß ausbrach, doch ich war nicht so gut in Form. Als er mein rotes Gesicht bemerkte, führte er mich zu einem Felsblock und setzte sich neben mich. Er blickte zufrieden über die Berge, während er darauf wartete, daß ich wieder zu Atem kam.
    Ich dachte noch einmal an die Wache und legte impulsiv die Hand auf Jamies Arm.
    »Ich bin froh, daß du nicht sehr viel wert bist«, sagte ich.

    Er betrachtete mich einen Moment und rieb sich die Nase, die rot zu werden begann.
    »Das ließe sich auf mancherlei Weise auffassen, Sassenach«, erwiderte er, »aber unter den gegebenen Umständen danke ich dir.«
    »Ich muß dir danken«, sagte ich, »weil du mich geheiratet hast. Ich bin wirklich lieber hier als in Fort William.«
    »Besten Dank für das Kompliment, edle Dame«, antwortete Jamie mit einer leichten Verbeugung. »Mir geht es ebenso. Und da wir schon dabei sind, einander zu danken«, fügte er hinzu, »möchte auch ich dir dafür danken, daß du mich geheiratet hast.«
    »Äh…« Ich errötete wieder.
    »Und nicht nur dafür, Sassenach«, fuhr Jamie fort, während sein Grinsen noch breiter wurde. »Ich bin der Ansicht, daß du mir - wenigstens, was die MacKenzies angeht - das Leben gerettet hast.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ein halber MacKenzie zu sein, ist eine Sache«, erklärte Jamie. »Ein halber MacKenzie mit einer englischen Frau - das ist etwas völlig anderes. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß eine Engländerin jemals Herrin von Leoch wird, gleichgültig, was die Clanmitglieder von mir halten mögen. Und aus diesem Grund hat Dougal beschlossen, mich mit dir zu verheiraten.«
    Jamie hob eine Augenbraue. »Ich hoffe, du hättest nicht doch lieber Rupert geheiratet?«
    »O nein«, antwortete ich mit Nachdruck.
    Jamie lachte und stand auf und bürstete die Kiefernnadeln von seinem Kilt.
    »Nun, meine Mutter hat mir gesagt, eines schönen Tages würde die Wahl eines Mädchens auf mich fallen.« Er streckte die Hand aus, um mir aufzuhelfen.
    »Ich habe gesagt«, fuhr er fort, »daß ich denke, es sei Sache des Mannes, die Wahl zu treffen.«
    »Und was hat deine Mutter dazu gesagt?« erkundigte ich mich.
    »Sie hat die Augen ein wenig verdreht und gemeint: ›Du wirst schon sehen, mein stolzer Knabe, du wirst schon sehen.‹« Jamie lachte. »Und so war es.«
    Er blickte zu den Kiefern auf, durch die goldgelber Sonnenschein fiel.
    »Und schön ist der Tag auch. Komm, Sassenach.

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