Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
fragte ich. »Außer um festzustellen, ob ein Ring dran ist?«
    Mrs. Graham blickte verwundert drein. »Natürlich schaue ich auf die Hand. Es ist nur so, daß man im voraus weiß, was man sehen wird. Meistens jedenfalls.« Mrs. Graham deutete mit einer Kopfbewegung auf meine offene Hand. »Aber dieses Muster habe ich noch nie gesehen. Der große Daumen …« - sie beugte sich vor und berührte ihn leicht -, »das ist nicht so ungewöhnlich. Es bedeutet, daß Sie willensstark sind und sich so leicht nichts gefallen lassen.« Mrs. Graham zwinkerte mir zu. »Aber das hätte Ihnen auch Ihr Mann sagen können. Das hier auch.« Sie zeigte auf meinen fleischigen Daumenballen.
    »Was ist das?«
    »Der sogenannte Venushügel.« Mrs. Graham schürzte ein wenig spröde die dünnen Lippen, obwohl sich ihre Mundwinkel hoben. »Bei einem Mann hieße es, daß er den Mädels nachläuft. Bei einer Frau verhält es sich etwas anders. Um höflich zu bleiben, werde ich eine kleine Prophezeiung für Sie machen und sagen, daß sich Ihr Mann nie sehr weit von Ihrem Bett entfernen wird.« Mrs. Graham lachte überraschend tief, ja anzüglich, und ich errötete ein bißchen.
    Dann betrachtete sie wieder meine Hand, deutete hie und da mit dem Zeigefinger, um zu erklären, was sie meinte.
    »Klar ausgeprägte Lebenslinie; mit anderen Worten, Sie sind bei guter Gesundheit und werden es wahrscheinlich bleiben. Die Lebenslinie ist unterbrochen, das heißt, Ihr Leben hat sich merklich verändert - das gilt freilich für uns alle, nicht wahr? Aber Ihre ist stärker zerfasert als üblich, lauter Bruchstücke. Und Ihre Herzlinie …« Mrs. Graham schüttelte erneut den Kopf. »Ihre Herzlinie ist geteilt. Das ist nicht ungewöhnlich, bedeutet zwei Ehen …«
    Worauf ich doch reagierte, wenn ich es auch unterdrückte, aber Mrs. Graham hatte das leichte Zucken wahrgenommen und blickte auf. Sie schüttelte beruhigend den grauen Kopf.
    »Nein, nein, mein Kind. Das heißt nicht, daß Ihrem Mann etwas zustößt. Nur wenn «, sie betonte das »Wenn«, indem sie meine Hand ein wenig drückte, »dann wären Sie nicht die Frau, die vor Kummer vergehen und den Rest ihres Lebens mit Trauern vergeuden würde. Sie sind eine von denen, die wieder lieben können, wenn sie ihre erste Liebe verloren haben.«

    Mrs. Graham kniff die Augen zusammen und fuhr mit einem kurzgeschnittenen Nagel behutsam die Herzlinie entlang. »Aber geteilte Linien sind meistens unterbrochen - Ihre gabelt sich.« Sie blickte schelmisch lächelnd auf. »Sie sind doch nicht etwa eine heimliche Bigamistin, oder?«
    Ich schüttelte lachend den Kopf. »Nein. Wann sollte ich auch die Zeit dafür haben?« Dann zeigte ich Mrs. Graham meine Handkante.
    »Ich habe gehört, kleine Kerben hier zeigen, wie viele Kinder man bekommen wird.« Mein Ton war beiläufig, hoffte ich. Und meine Handkante war enttäuschend glatt.
    Mrs. Graham winkte verächtlich ab.
    »Pah! Wenn Sie ein, zwei Kinder haben, können Sie da Falten kriegen. Aber meistens kriegen Sie die im Gesicht. Im voraus beweist das gar nichts.«
    »Nein?« Ich war geradezu närrisch erleichtert, das zu hören. Ich wollte noch fragen, ob die tiefen Linien, die über dem Ansatz meines Handgelenks verliefen, etwas bedeuteten (Selbstmordgefährdung?), aber an diesem Punkt wurden wir von Reverend Wakefield gestört, der mit leeren Teetassen in die Küche kam. Er stellte sie auf die Abtropffläche und begann laut und ungeschickt im Schrank zu kramen, offenbar in der Hoffnung, daß ihm jemand zu Hilfe eilen würde.
    Mrs. Graham sprang auf, um ihre Küche zu verteidigen, schob den Pfarrer fort und ging daran, Teezutaten auf ein Tablett zu stellen. Reverend Wakefield nahm mich beiseite, damit wir ihr nicht im Weg wären.
    »Kommen Sie doch mit ins Arbeitszimmer und trinken Sie noch eine Tasse Tee mit Ihrem Mann und mir, Mrs. Randall. Wir haben eine wirklich aufregende Entdeckung gemacht.«
    Ich sah, daß der Pfarrer, wenn auch äußerlich gefaßt, kaum an sich halten konnte vor Freude - wie ein kleiner Junge mit einem Frosch in der Tasche. Ich würde ihn begleiten und Hauptmann Jonathan Randalls Wäscherechnungen, Quittungen für Stiefelreparaturen oder ähnlich faszinierende Dokumente lesen müssen.
    Frank war so versunken in die zerfledderten Papiere, daß er kaum aufblickte, als ich das Arbeitszimmer betrat. Widerwillig gab er sie in die feisten Hände des Pfarrers und lief um den Schreibtisch herum, stellte sich hinter Reverend Wakefield und

Weitere Kostenlose Bücher