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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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verwirrt zusammengezogen.
    »Also«, sagte sie schließlich. »Das ist schon merkwürdig.«
    »Ach ja?« Ich war immer noch amüsiert, fing aber auch an, neugierig zu werden. »Begegne ich demnächst einem großen dunklen Fremden, oder reise ich übers Meer?«
    »Kann sein.« Mein ironischer Ton entging Mrs. Graham nicht, und sie übernahm ihn leise lächelnd. »Oder auch nicht. Genau das ist das Merkwürdige an Ihrer Tasse. Alles ist widersprüchlich. Wir haben das gekrümmte Blatt, das für Reisen steht, aber auch das geknickte, das Seßhaftigkeit bedeutet. Und Fremde gibt es ebenfalls, sogar mehrere. Und wenn ich den Satz richtig lese, ist einer von denen Ihr Mann.«
    Meine Erheiterung verflüchtigte sich ein wenig. Nach sechs Jahren Trennung und sechs Monaten erneuten Zusammenlebens war mein Mann tatsächlich noch so etwas wie ein Fremder. Wenn mir auch nicht einleuchtete, woher Teeblätter das wissen sollten.
    Mrs. Grahams Stirn war immer noch gerunzelt. »Zeigen Sie mir mal Ihre Hand, mein Kind«, sagte sie.
    Die Finger, mit denen sie meine Hand hielt, waren knochig, aber erstaunlich warm. Von ihrem ordentlich frisierten und gebeugten Graukopf stieg leichter Lavendelduft auf. Sie starrte meine Hand ziemlich lange an und zog dann und wann eine Linie mit dem Finger nach, als hätte sie eine Landkarte vor sich, auf der sich alle Straßen im Nichts verloren.
    »Nun, was ist?« fragte ich, um einen lockeren Gesprächston bemüht. »Oder ist mein Schicksal so furchtbar, daß Sie es mir nicht offenbaren mögen?«
    Mrs. Graham hob die Augen und betrachtete nachdenklich mein Gesicht, behielt meine Hand jedoch in ihrer. Sie schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, mein Kind. Ihr Schicksal steht nicht in Ihrer Hand geschrieben. Nur die Anlage dazu.« Der vogelähnliche Kopf neigte sich sinnend zur Seite. »Handlinien wandeln sich. Zu einer anderen Zeit Ihres Lebens können sie ganz anders aussehen als jetzt.«
    »Das wußte ich nicht. Ich dachte, man kommt mit fertigen Linien auf die Welt, und dabei bleibt es.« Ich unterdrückte den Drang, Mrs. Graham die Hand zu entziehen. »Welchen Sinn hat
die Handleserei dann?« Ich wollte nicht unhöflich klingen, aber ich fand diese Inspektion, vor allem nach der Teesatzdeuterei, ein bißchen beunruhigend. Mrs. Graham lächelte unerwartet und faltete meine Finger über meine Handfläche.
    »Die Handlinien zeigen, wer Sie sind. Deshalb verändern sie sich - oder sollten es zumindest. Bei manchen Leuten tun sie’s nicht - bei den wenigen, die das Pech haben, sich nie zu ändern.« Mrs. Graham tätschelte mir die Hand. »Ich bezweifle, daß Sie zu ihnen gehören. Ihre Hand zeigt bereits erhebliche Veränderungen für jemanden, der so jung ist. Liegt wohl am Krieg«, sagte sie wie im Selbstgespräch.
    Ich war wieder neugierig geworden und öffnete die Hand.
    »Wer bin ich denn, meiner Hand zufolge?«
    Mrs. Graham zog die Stirn kraus, nahm meine Hand jedoch nicht wieder in die ihre.
    »Das kann ich nicht sagen. Was merkwürdig genug ist, denn die meisten Hände sind sich ähnlich. Ich will nicht behaupten, daß eine aussieht wie die andere, aber es ist oft so - es gibt bestimmte Muster.« Mrs. Graham lächelte plötzlich. Es war ein seltsam gewinnendes Lächeln, bei dem sie sehr weiße und offenkundig falsche Zähne zeigte.
    »Auf dieser Grundlage arbeitet eine Wahrsagerin. Ich tu’s jedes Jahr beim Kirchenfest, das heißt, ich habe es vor dem Krieg getan und werde jetzt wohl wieder damit anfangen. Also, ein Mädchen kommt ins Zelt, und da sitze ich mit meinem Turban und einer Pfauenfeder, die ich mir von Mr. Donaldson geliehen habe, und ›in Gewändern von orientalischem Glanz‹ - ich meine, im Morgenrock des Pfarrers, der ist gelb wie die Sonne, und es sind überall Pfauen drauf -, und ich schaue mir das Mädchen an, während ich so tue, als läse ich ihr aus der Hand, und ich sehe, ihre Bluse ist bis zum Nabel ausgeschnitten, und sie trägt Ohrringe, die ihr bis zu den Schultern reichen, außerdem riecht sie nach billigem Parfüm. Da brauche ich keine Kristallkugel, um ihr zu prophezeien, daß sie noch vor dem Kirchenfest im nächsten Jahr ein Kind bekommen wird.« Mrs. Graham hielt inne, und in ihren grauen Augen blitzte der Schalk. »Wenn die Hand, die man hält, bloß ist, sollte man dem Mädchen allerdings erst mal sagen, daß sie bald heiraten wird - das ist taktvoller.«
    Ich lachte, und Mrs. Graham auch. »Sie schauen also gar nicht
auf die Hände?«

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