Feuer Und Stein
Selbstbeherrschung ringend. Sein Gesicht war fahl und zerfurcht und seine Lippen blutleer, als er sich umdrehte.
»Aye?«
»Es gibt noch etwas… ich muß dir noch etwas sagen, bevor… bevor ich gehe.«
Er schloß die Augen, und es schien mir, als schwankte er, aber vielleicht war es nur der Wind, der an seinem Kilt zerrte.
»Laß es gut sein, mein Mädchen. Geh lieber. Du solltest nicht zögern. Geh!« Er wollte sich umdrehen, aber ich faßte ihn am Ärmel.
»Jamie, hör zu! Du mußt mir zuhören!« Er schüttelte hilflos den Kopf und hob die Hand, als wollte er mich wegstoßen.
»Claire … nein. Ich kann nicht.« Der Wind trieb ihm die Tränen in die Augen.
»Es geht um den Aufstand«, sagte ich und schüttelte ihn am Arm. »Jamie, hör zu. Prinz Charlie - seine Armee. Colum hat recht! Hörst du mich, Jamie? Colum hat recht, nicht Dougal.«
»Wie? Was soll das heißen?« Endlich hörte er mir zu. Er fuhr sich mit dem Ärmel übers Gesicht, und sein Blick war scharf und klar.
»Prinz Charlie. Es wird eine Erhebung geben. Soweit hat Dougal recht, aber sie wird keinen Erfolg haben. Charlies Armee wird am Anfang Siege erringen, aber am Schluß werden alle abgeschlachtet. In Culloden, dort wird alles enden. Die - die Clans …« Im Geiste sah ich die großen grauen Grabsteine auf dem Schlachtfeld vor mir, und auf jedem Stein stand nur der Name des Clans, dem die Männer angehört hatten, die hier zu Tode gekommen waren. Ich atmete tief durch und mußte mich an seiner Hand festhalten. Sie war eiskalt. Mich schauerte, und ich schloß die Augen, um mich auf das zu konzentrieren, was ich sagen wollte.
»Die Highlanders - alle Clans, die sich Charlie anschließen, werden vernichtet. Hunderte und Aberhunderte der Clanmitglieder werden in Culloden umkommen; die, die überleben, werden gejagt
und getötet. Die Clans werden zerstört… und sie werden sich niemals wieder erheben. Nicht in deiner Zeit - und auch nicht in meiner.«
Ich öffnete die Augen und sah, daß er mich ausdruckslos anstarrte.
»Jamie, halte dich heraus!« flehte ich ihn an. »Halte deine Leute heraus, wenn du kannst. Aber du, Jamie, um Gottes willen, wenn du …« Ich unterbrach mich. Ich hatte sagen wollen, »wenn du mich liebst, Jamie«, aber ich konnte es nicht. Ich würde ihn für immer verlieren, und wenn ich bisher nicht von Liebe gesprochen hatte, so konnte ich das jetzt auch nicht tun.
»Geh nicht nach Frankreich«, sagte ich bittend. »Geh nach Amerika, oder nach Spanien. Aber um derer willen, die du liebst, Jamie, setz keinen Fuß auf das Feld von Culloden.«
Er starrte mich noch immer an. Ich fragte mich, ob er mich überhaupt verstanden hatte.
Nach einigen Augenblicken nickte er, den Blick weit in die Ferne gerichtet.
»Aye«, sagte er leise, so leise, daß ich ihn fast nicht verstand, »ja, ich habe dich verstanden.« Er ließ meine Hand fallen.
»Geh mit Gott … mo duinne .«
Er trat aus dem Steinkreis heraus und ging den steilen Hang hinunter, ohne zurückzublicken. Ich schaute ihm nach, bis er hinter den Eichen verschwunden war. Er ging langsam wie ein Verwundeter, der weiß, daß er sich bewegen muß, aber doch spürt, daß sein Leben langsam verebbt.
Mir zitterten die Knie. Langsam ließ ich mich auf dem Granitboden nieder und schaute den Schwalben nach. Unten sah ich das Dach der Kate, die jetzt meine Vergangenheit aufgenommen hatte. In meinem Rücken lauerte der gespaltene Stein - und meine Zukunft.
Ohne mich zu rühren, blieb ich den ganzen Nachmittag so sitzen. Ich versuchte, alle Gefühle zum Schweigen zu bringen und meinen Verstand zu benutzen. Jamie hatte die Vernunft zweifellos auf seiner Seite, wenn er mich dazu bringen wollte zurückzugehen: mein Zuhause. Sicherheit. Frank; sogar die kleinen Annehmlichkeiten des Lebens, die ich von Zeit zu Zeit doch schmerzhaft vermißte - ein heißes Bad, fließendes Wasser, von ärztlicher Versorgung und bequemen Verkehrsmitteln ganz zu schweigen.
So waren zwar die Unbilden und Gefahren dieses Lebens nicht von der Hand zu weisen, aber ich mußte auch zugeben, daß mir vieles sehr gut gefiel. Ja, das Reisen war beschwerlich, aber dafür war die Landschaft nicht zubetoniert, es gab keine lärmenden, stinkenden Automobile, die ja auch nicht ungefährlich waren. Das Leben war viel einfacher, und auch die Menschen. Nicht dümmer, aber viel direkter - abgesehen von ein paar Ausnahmen wie Colum ban Campbell MacKenzie, dachte ich grimmig.
Wegen Onkel Lambs Arbeit hatte ich an
Weitere Kostenlose Bücher